Jasmin - Roman
»Ihr Besuch hat mich sehr gefreut.« Und er fügte auf Arabisch hinzu: »Mein Haus ist Ihr Haus.«
Von Professor Schadmi eilte ich zum Rechtsanwalt des Unternehmers Alfasi, um den Kaufvertrag der Wohnung für meine Eltern zu unterschreiben. Ich hatte für sie eine schöne Dreizimmerwohnung in der Emek-Refaim-Straße, in der deutschen Kolonie, gefunden, die einen Balkon hatte, der auf die Straße hinausging. Im Geiste sah ich meine Mutter schon dort sitzen, die Passanten beobachten und eine Beruhigungszigarette rauchen. Mein Bruder Kabi hatte eine ansehnliche Anzahlung geschickt, ich hatte einen Kredit bei der Bank für Staatsbedienstete aufgenommen und noch einen weiteren zu höheren Zinsen von einer anderen Bank, und das ergab eine Wohnung. Nach der Vertragsunterzeichnung fuhr ich zu meinen Eltern.
Meine Mutter umarmte und küsste mich, und einen Augenblick darauf brach sie in Tränen aus: »Warum habt ihr euch wegen uns in Schulden gestürzt?«
»Ich habe gewusst, dass du das sagen wirst. Deshalb habe ich euch nichts erzählt und euch nicht mitgenommen, um die Wohnung anzuschauen, sonst hättet ihr sie uns nicht kaufen lassen.«
Mein Vater war verlegen. Er umarmte mich dankbar, doch ihm war der Kummer darüber anzusehen, dass er der Hilfe seiner Söhne bedurfte. »Ihr habt sicher eine Menge Kredite aufgenommen«, sagte er, »wir werden jetzt unsere Unterkunft in den Katamons verkaufen, und ihr zahlt so viel wie möglich sofort zurück.«
»Kabi wird in Kürze aus London kommen. Warten wir, bis er hier ist, und dann machen wir eine Hauseinweihung mit der ganzen Familie«, sagte meine Mutter.
Chizkel bereitete sich fieberhaft auf seinen Vortrag vor. Er sah inzwischen nicht mehr wie der Schatten seiner selbst aus, wie nach seiner Befreiung aus dem Gefängnis. Seine Selbstsicherheit wuchs. Er fuhr allein nach Nablus, Hebron, Tulkarm und in abgelegene Dörfer, brachte seine Eindrücke und Gespräche mit den Leuten, die er traf, zu Papier, las Artikel und Bücher, fragte jüdische und arabische Kommentatoren nach ihrer Meinung, schrieb und strich wieder, bis er mir schließlich das Konzept seines Vortrags übergab, damit ich ihn ins Hebräische übersetzte. Die Übersetzung, die mit Klärungen und Umformulierungen des Vortrags verbunden war, raubte mir so viel Zeit, dass ich einmal gezwungen war, eine Verabredung mit Jasmin abzusagen.
»Du hast mich schon vergessen«, sagte sie halb zornig, halb scherzhaft.
»Wenn ich dich je vergesse, soll mir die Zunge am Gaumen kleben bleiben! Bist du morgen frei?«
»Nein.«
»Und übermorgen?«
»Nein.«
»Jasmin, bitte, was ist los? Du weißt, was Chizkel durchgemacht hat. Der Vortrag ist seine Rückkehr zu sich selbst, es war mir wichtig, ihm zu helfen. Meine wunderbare Blume, wende dein Antlitz nicht von mir. Ich habe schreckliche Sehnsucht nach dir. Wenn das Telefon einen Bildschirm hätte, würdest du jetzt einen unglücklichen Mann auf Knien sehen, der um sein Leben fleht.«
»Heuchler, du mit deinen Schmeicheleien!«
Die Einladungen zum Kongress der jungen Parteigarde trafen ein. Chizkel begann, in der Altstadt nach einem Anzug zu suchen, doch wegen seiner Magerkeit sagte der Verkäufer zu ihm, er solle sich besser einen nach Maß schneidern lassen. Am Ende wählte er von all den Modellen und Farben, die ihm präsentiert wurden, einen schwarzen Nadelstreifanzug nach der Mode der Vierzigerjahre in Bagdad.
Kabi traf zwei Tage vor dem Ereignis ein und brachte Chizkel gestreifte Krawatten und eines jener »Hero«-Hemden mit, die er schon in Bagdad geliebt hatte. »Sag mal«, fragte er, »ist es passend, Sandra zu Chizkels Vortrag einzuladen?«
»Was für eine Frage!«, erwiderte ich, und es versetzte mir einen Stich ins Herz, dass ich Jasmin nicht mitbringen konnte.
Bei der Rückkehr in mein Appartement schmollte Gruschka, stellte sich vor mich und reckte den Schwanz wie ein Schwert in die Höhe. Ich ließ die Wohnungstür offen, vielleicht würde sie hineinschlüpfen, doch sie ließ sich nicht beschwichtigen und kam nicht. Vielleicht war auch sie böse, weil sie mich schon seit Tagen nicht mehr gesehen hatte.
Mir wurde kühl in dem öden Zimmer, und ich trat auf den Balkon hinaus. Der Himmel war klar, der Mond glänzte in hellem Schein, und es herrschte eine Art spannungsgeladene, beklemmende Ruhe. So waren die langen Nächte des Wartens zu Kriegsbeginn an den Toren Gazas gewesen, schön und schauerlich. Ich hatte immer in den klaren Himmel
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