Jasmin - Roman
Dennoch eilte er auf mich zu und umarmte mich, und diesmal so heftig, dass ich fast errötete.
»Mabruk! Glückwunsch, mein Bruder«, sagte er glücklich, »es ist Ihnen gelungen, Jasmin zu überzeugen. Sie wird kommende Woche im Jugenddorf zu arbeiten anfangen, inschallah wird sie für immer bei uns bleiben. Umm George weint vor Freude. Wir laden Sie ins Intercontinental oder ins al-Watani zum Essen ein, ganz nach Belieben. Was ziehen Sie vor?«
»Vielen Dank, weder das eine noch das andere.«
»Warum?«
»Eine Einladung muss man erwidern, nicht wahr? Und ich bin ein Angestellter mit einem bescheidenen Lohn, ich kann mir keine solche Bewirtung leisten.«
Er blickte mich an, als verstünde er nicht: »Ja’ani, das heißt, Sie betrachten das als Bestechung, wenn Sie es nicht erwidern? So sind die Höflichkeitsgepflogenheiten des Orients, wer wüsste das besser als Sie.«
Ich schüttelte ablehnend den Kopf.
»Gut, gut. Dann kommen Sie zu uns nach Hause.«
»Eine Einladung muss man erwidern, nicht wahr?«, wiederholte ich das ungeschriebene Gesetz, »und ich bin ein Junggeselle, der in einem kleinen Appartement wohnt und niemanden bewirten kann.«
Er verzweifelte an mir und schwieg.
»Und was ist mit Ihnen, was macht die Gesundheit?«, fragte ich.
»Ein Glück, dass mir Jasmin momentan Kraft gibt bei all den Problemen. Die israelische Fahne weht über meinem Kopf, die Fatah bei uns denkt, dass ich kooperiere, euer Geheimdienst glaubt, dass ich ein Agent der Fatah sei, die Armee, mit der nicht zu reden ist, hält seit kurzem meine Gebäude in Ramallah und Nablus besetzt … und jetzt, zusätzlich zu all dem, lehnt mein Freund Nuri, der mir mit Jasmin, meinem Augapfel, geholfen hat, aus übertriebener Unbestechlichkeit meine Einladung ab, bei mir zu Hause zu speisen. Was ist an meiner Einladung auszusetzen?« Hier überfiel ihn sein wahnsinniger Husten. »Vielleicht sollte ich nach Paris fahren, es gibt dort einen armenischen Arzt, einen Mann von Weltruf.«
»Was ist los, mein Bruder! Wir haben alle Welt in Bewegung gesetzt, damit Jasmin dableibt, und jetzt wollen Sie dorthin reisen?«, erlaubte ich mir, mich in seine Angelegenheiten einzumischen. »Stört es Sie denn so sehr, wenn Sie ein jüdischer Arzt behandeln würde? Das würde eher zu Abu Nabil passen.«
»Sie wissen gar nicht, wie recht Sie haben. Momentan ist Abu
Nabil nicht bereit, Anzeigen von Juden in der Zeitung abzudrucken! Ich sage zu ihm: ›Das ist Business, keine Politik.‹ Aber es hilft nichts, nichts kann ihn von seiner Meinung abbringen.«
»Haben Sie mit dem Colonel wegen der Häuser in Nablus und Ramallah gesprochen?«
»Er ist beschäftigt. Seitdem er angefangen hat, beim Sicherheitsminister zu arbeiten, kann man ihn kaum noch erreichen. Er kommt auch nicht mehr ins Restaurant wie früher.«
Ich fragte, ob er dazu bereit wäre, meinen Minister zu treffen, so würde auch dieser direkt von den Problemen im Kreise der Bevölkerung und ihren Nöten hören. »Könnte das vielleicht Ihrer Stellung schaden oder als Kollaboration mit dem Feind interpretiert werden? Antworten Sie mir bitte aufrichtig. Wir sind doch wie Brüder.«
»Man sagt bei uns: ›Wer nass ist, hat keine Angst vor dem Regen.‹ Man beschuldigt mich ohnehin aller möglichen Sachen.«
Wie es von Zeit zu Zeit meine Art war, brach ich zu einer Runde zu den Ablegern der Regierungsbüros im Ostteil der Stadt auf. Die langen Schlangen vor der Bezirksstelle des Innenministeriums, der nationalen Versicherung und sogar vor der Post bekümmerten mich. Die Menschen, die anstanden, warteten ergeben, murrten nicht, wahrscheinlich wagten sie es nicht, Protest zu äußern. Eine Verstärkung des Personals hätte es den Hilfesuchenden leichter machen können, weshalb geschah das nicht? Man muss das Thema ansprechen, dachte ich, aber vorsichtig, um nicht Amitais Stolz zu verletzen.
Ein heißer Ostwind aus der Wüste peitschte meinen Rücken, als ich schwitzend im Büro eintraf. Alisa erwartete mich schon ungeduldig. »Die Telefon- und Postliste liegt auf Ihrem Tisch«, informierte sie mich knapp und ging. Alisa war eine Gewerkschaftspflanze - sie öffnete um acht und schloß um drei. Manchmal bedauerte ich, dass ich mir keine etwas flexiblere Sekretärin ausgesucht hatte.
Ich wählte Amitais Geheimnummer: »Abu George ist in Bedrängnis, es gibt da ein Problem, vielleicht könntest du es dir mal anhören.«
»Ich weiß, Nuri, aber leider kann man in dieser Sache nichts
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