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Jasmin - Roman

Titel: Jasmin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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machen. Ich habe schon nachgeforscht. Seine Gebäude befinden sich an strategisch wichtigen Orten, die die Armee benötigt. Man wird ihm eine schöne Entschädigung geben.«
    »Er will keine Entschädigung, man soll ihm nur das lassen, was ihm gehört.«
    »Nuri, wir befinden uns in einem permanenten Überlebenskampf, und es ist für alle schwierig.«
    Mit schwerem Herzen legte ich den Hörer auf und fing an, den Bericht von Charisch aus dem Religionsministerium in Hinblick auf das Treffen mit Bischof Karatschi zu lesen. Mitten in der Lektüre hörte ich auf und rief den amtierenden Minister an. Ich schlug ihm vor, Abu George zu sich zu rufen oder sich mit ihm in seinem Restaurant zu treffen. Ich wusste, dass er sich nicht gerne mit Personen aus dem Ostteil Jerusalems traf, er war nicht neugierig darauf, sie kennenzulernen, lernte natürlich auch ihre Sprache nicht und fand keinen Gefallen daran, ihre Städte und Dörfer zu bereisen. Ich versuchte dennoch, ihn tiefer in ihr Leben zu involvieren, ihn mit Leuten in Schlüsselstellungen bekannt zu machen, um ihnen das Gefühl zu geben, dass ihre Angelegenheiten die Führungsschicht erreichten.
    »Solche Essen haben einen Preis«, stellte er fest und lehnte das Treffen ab.
    Eine Woche später betrat ich wieder das al-Hurrije. Zu meiner Freude fand ich Jasmin dort an der Kasse sitzen. Nach ein paar Höflichkeitsfloskeln fuhr sie mich an: »Sie sagen doch immer, Sie seien eigentlich ein Araber, oder nicht? Warum haben Sie dann Papas Einladung zu einem Essen bei uns zu Hause mit solcher Entschlossenheit abgelehnt?«
    »Jetzt kann ich mich wohl nicht mehr weigern«, besänftigte ich sie.

     
    Zur Feier des Tages ließ ich mir von Michelles französischem Friseur die Haare schneiden, rasierte mich ordentlich und zog meinen einzigen Anzug über einem weißen gestärkten Hemd an, mit neuer Krawatte und passendem Einstecktuch. Ich fühlte mich, als ginge ich zu einer dieser Zeremonien, bei der der Heiratsvermittler den Bräutigam der Braut und ihrer Familie vorführt. Im letzten Moment zog ich das Einstecktuch aus der Jacketttasche, damit mich keiner der Nachbarn so sähe, und beschloss, es erst wieder hineinzustecken, wenn ich bei Abu George ankäme. Ich nahm mein Geschenk, eine Reproduktion von Ludwig Blum, dem liebenswerten Jerusalemer Maler, und machte mich auf den Weg, um Professor Schadmi und seine Frau Pe’era abzuholen. Er trug einen grauen Anzug mit Fliege, und zu meiner Erleichterung hatte auch er sich mit einem Tüchlein in der Brusttasche des Jacketts ausstaffiert. Pe’era kam im Abendkleid und wirkte prächtig und freudig erregt.
    Das Eingangstor von Abu Georges Haus stand weit offen. Pe’era bewunderte den Garten und besonders den uralten Olivenbaum, der in diesem Herbst in voller Blüte stand. Der Gastgeber empfing das Ehepaar Schadmi mit großer Liebenswürdigkeit. »Wir können beginnen«, sagte er, »alle Gäste sind eingetroffen, außer dem Senator, nichts zu machen, er ist einfach ein Dickschädel.«
    An dem gedeckten Tisch saßen bereits Abu Nabil und einige seiner Gefährten aus dem Touristikverein sowie auch Muhammad Abu Schilbaje, Lehrer und Journalist aus dem Ostteil der Stadt. Mein Freund Amitai, Dr. Dovrat, ein Diplomat im Außenministerium und Experte in Religionsgeschichte, und Soli Levi von der Grundstücksverwaltung, der mich überredet hatte, mein Büro im Haus Ahmed Schukeiris einzurichten, hatten sich in eine Ecke zurückgezogen. Am Fenster diskutierten hitzig zwei bekannte Restaurantbesitzer aus Westjerusalem. Abu George platzierte mich ans Kopfende des Tisches, wie es einem Ehrengast gebührte, und setzte sich mir gegenüber. Ich hoffte, dass man Jasmin neben mich setzen würde.

    Sie trat als Letzte ein, in einer fliederfarbenen, zart wehenden Bluse, und ließ sich neben Professor Schadmi und seiner Frau nieder. Wenn schon nicht neben mir, so zumindest neben mir Nahestehenden, billigte ich im Stillen ihre Wahl. Unsere Blicke kreuzten sich einen Augenblick. Abu George begrüßte die Anwesenden, dankte Umm George und Jasmin und schloss mit »tafaddalu«, dem Zeichen zur Eröffnung der Mahlzeit.
    Zuerst kamen die Vorspeisen und die Salate: Tabule, Baba Ghanudsch, gebackene Auberginen in Tehina, Humus mit Pinienkernen, Tehina mit Limonen und gehackter Petersilie, Gemüsesalat mit verdünntem Tehina beträufelt, braunes Ful, Kube Nije, halbgegartes Hackfleisch mit Burgul, mit Reis gefüllte Weinblätter, gefülltes Gemüse, kleine Pitaringe

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