Jay: Explosive Wahrheit (German Edition)
hatten aber kein Ziel und drehten sich hilflos um die eigene Achse.
Der Anführer zog sich das Kopftuch vom Gesicht. »Das war überflüssig, Hamid. Wo steckt ihr?«
Kalil. Luc atmete tief durch. Das würde interessant werden. Zeitgleich mit Hamid gab er seine Deckung auf. Auf dem Untergrund, der aus Geröll und losem Sand bestand, hatte er kaum festen Halt, sodass er mehr rutschend als gehend den Pfad erreichte. Hamid ging es ebenso, aber er bremste nicht, sondern stürmte in einem derartigen Tempo auf seinen Bruder zu, dass Kalil instinktiv zurückwich.
»Du hast genau dreißig Sekunden, um mir zu erklären, was du hier tust.«
Kalil gab seinen Männern ein Zeichen, sich zum zweiten Wagen zurückzuziehen. »Im Moment überlege ich gerade, wie ich meinen aufgebrachten Bruder überzeugen kann, dass er mich und unsere Männer braucht.« Er schien selbst zu bemerken, dass seine flapsige Art fehl am Platz war. Beschwichtigend hob er die Hände. »Es gibt neue Informationen, die die Situation in einem völlig anderen Licht erscheinen lassen. Gib mir die Chance zu einer Erklärung, und ihr werdet sehen, dass es gut ist, dass wir hier sind.« Kalil drehte sich zu dem anderen Wagen um, der immer noch von einer Staubwolke eingehüllt wurde. »Gute Taktik, damit hätte ich nicht gerechnet. Das war bestimmt Lucs Idee.«
»Darum geht es nicht. Erklär mir deine Gründe und bete, dass sie gut sind und mich überzeugen.«
»Auf dem Flugfeld, das Luc sich ansehen will, landet einmal im Monat ein verdammt großer Vogel. Eine Boeing 747, um genau zu sein. Morgen ist es wieder so weit.«
Damit hatte Kalil zumindest Lucs ungeteilte Aufmerksamkeit, und auch Hamid wirkte nachdenklich. Da Hamid schwieg, übernahm Luc das Gespräch: »Damit weißt du mehr als die DEA, und die kann immerhin auf die Luftüberwachung zurückgreifen.«
Kalil schnaubte verächtlich. »Das kann ich auch, aber das Flugzeug nähert sich im Tiefflug, knapp über den Berggipfeln, das könnt ihr gar nicht entdecken. Ich habe die offiziellen Flugdaten bei den pakistanischen Behörden gefunden. Angeblich ist es ein Firmenflieger, der nach Mexiko unterwegs ist. Von diesem kleinen Abstecher hier ist nirgends etwas zu lesen.«
Kalil war zwar ein begnadeter Hacker, aber damit konnte er sich die Informationen nicht beschafft haben. »Ich kann mir ja vorstellen, dass du dich in die pakistanische Luftraumüberwachung eingehackt hast, aber wie willst du darauf gekommen sein, dass eine Boeing einmal im Monat im Tiefflug unterwegs ist?«
»Das habe ich von einem Sechzehnjährigen, der in dem Dorf wohnt, das weniger als eine Meile von dem Flugfeld entfernt ist. Er hat leider kaum Strom für sein Notebook, aber seine kurze Mail reichte, um mir klarzumachen, dass die Mexikaner und einige ihrer Gefolgsleute ein wahres Schreckensregime führen. Die Dorfbewohner werden wie Sklaven gehalten. Der Junge hatte Todesangst. Der Besitz von Handys oder Internet wird sofort mit dem Tod bestraft. Der Letzte, den sie erwischt haben und der was an den Verhältnissen ändern wollte, hat drei Tage zum Sterben gebraucht.«
Hamid zeigte sein Entsetzen über die Entwicklung offen und fluchte leise vor sich hin. »Das ändert in der Tat einiges, aber wir können mit den paar Männern keine Befreiungsaktion starten. Das wäre Selbstmord.«
»Nicht unbedingt. Wenn die Informationen des Jungen stimmen, geht es nur um zwei Mexikaner und zwei Handvoll Bewaffnete. Das könnte machbar sein, und es spricht einiges dafür, dass er recht hat. Wir wissen doch selbst, dass Grausamkeit eine Übermacht ersetzen kann.« Hamid wollte etwas sagen, aber Kalil hob entschieden eine Hand. »Wir könnten mit einer reinen Aufklärungsmission beginnen und dann die Lage beurteilen. Das war doch eh das, was ihr vorhattet.«
Luc nickte, ehe Hamid antworten konnte, aber ein entscheidender Punkt war noch offen. »Ich wäre so weit durchaus bereit, dir zu folgen, aber es gibt da noch eine Frage, die du nicht beantwortet hast. Hältst du deinen Bruder und mich eigentlich für schwachsinnig?«
Kalil interessierte sich plötzlich auffallend für den steinigen Boden. Erst als Hamid drohend einen Schritt auf ihn zumachte, wich er zurück und hob erneut die Hände. »Vermutlich wollt ihr auf eine gewisse zeitliche Diskrepanz hinaus?«
Luc verkniff sich bei der Formulierung ein Lächeln, aber Hamids Knurren bewegte Kalil zum sofortigen Einlenken. »Also gut, wir sind euch erst gefolgt und dann habe ich meine
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