Jay: Explosive Wahrheit (German Edition)
Man könnte es auch anders ausdrücken. Du hast Alvarez’ neuen Geschäftspartner vor dir, dem morgen die ehrenvolle Aufgabe zukommt, dich umzubringen.«
Das unterdrückte Lachen war dem Afghanen anzuhören. Kein Wunder, dass Luc und Hamid befreundet waren. Der Afghane hatte den gleichen abartigen Humor, der auch die SEALs auszeichnete. »Dann viel Spaß dabei. Du hast hoffentlich gemerkt, dass das nicht so einfach wird.«
»Jetzt schon, wo wir die Chance haben, uns abzustimmen. Besonders fit wirkst du nicht. Bekommst du es hin, sagen wir zehn, fünfzehn Minuten gegen mich durchzuhalten und Alvarez’ Männern eine überzeugende Show zu bieten?«
»Wenn du willst, beweise ich es dir gleich, indem ich dir …«
Hamid unterbrach ihn, indem er ihm eine Hand auf den Arm legte. »Schon klar, Jay. Wir müssen leider auf Zeit spielen. Es gibt keine Möglichkeit, unbemerkt an die Fahrzeuge heranzukommen. Durch den Stromausfall lässt sich darüber hinaus die Zufahrt nicht öffnen. Aber es wäre sowieso Wahnsinn gewesen, nachts in die Wüste hinauszufahren, weil der Hubschrauber frühestens gegen Mittag eintrifft. Morgen Vormittag beenden wir dann unseren Aufenthalt hier, fahren zum Treffpunkt und warten darauf, dass unser Hubschrauber uns abholt.«
»Bist du alleine hier?«
»Nein, mein neuer Stellvertreter begleitet mich. Der sieht sich im westlichen Teil des Geländes um. Er wird sich allerdings morgen von dir fernhalten, weil wir es nicht riskieren können, dass Alvarez die Ähnlichkeit zwischen euch auffällt. Er wird sich um deine Freundin kümmern. Komm uns oder ihm dabei bloß nicht in die Quere. Es ist eh alles verdammt knapp.«
»Das habe ich nicht vor. Aber wie wollt ihr zwei …«
»Ich habe nicht gesagt, dass wir alleine sind. Lucs Team ist zwar schon in der Nähe, aber noch nicht in Position, um uns Deckung zu geben. Das sieht in ein paar Stunden anders aus. Wenn du auf die Fahrzeuge zugelaufen wärst, hätten Alvarez’ Scharfschützen dich im Visier gehabt, und das wäre es dann gewesen. Morgen früh werden unsere eigenen Leute auf den Dächern Stellung bezogen haben.«
Ein vom FBI gesuchter Anführer der Taliban sprach von einem amerikanischen SEAL-Team als eigene Leute. Die Welt wurde immer verrückter. »Hört sich an, als ob ihr an alles gedacht hättet. Nett, dich kennenzulernen, auch wenn ich mir andere Umstände gewünscht hätte.«
»Geht mir auch so. Allerdings dachte ich, du wärst verpflichtet, mich festzunehmen.«
Jay entging der spöttische Unterton nicht. Absichtlich sprach er auf Paschtu weiter. »Familie geht vor Job. Das solltest du als Paschtune wissen. Außerdem wäre das ein mieser Dank für deinen Einsatz hier.«
Hamid legte ihm eine Hand auf die Schulter, und Jay ahnte, dass der Afghane ihn schief angrinste. »Ach, weißt du, Alvarez hat für den Mist, den wir mitgebracht haben, verdammt gut gezahlt.«
Jays Mund klappte auf, aber er bekam keinen vernünftigen Satz formuliert. Die Vorstellung, dass Luc und Hamid als Drogenhändler auftraten, konnte er akzeptieren, aber dass sie tonnenweise Drogen ins Land gebracht und dabei mindestens eine Million Dollar für das Zeug kassiert hatten, störte ihn, und zwar gewaltig.
Hamid schien seine Überlegungen zu erraten. »Reg dich ab, wir wollen deinen Gewissenskonflikt nicht noch weiter verstärken. Die gefüllten Lagerräume geben in ein paar Stunden die ideale Basis für ein nettes Feuerwerk ab.«
Das Lachen war ihm wieder anzuhören, aber Jay würde die Diskussion nicht fortsetzen. »Was hast du jetzt vor?«
»Meine Aufklärungsmission ist abgeschlossen. Wir wissen jetzt ziemlich genau, wie es ablaufen wird. Ich kehre zurück in unsere Unterkunft, und das würde ich dir auch empfehlen.«
»Klar, da kann ich mir dann wenigstens in Ruhe überlegen, ob ich meinem Bruder und dir nicht doch ein Paar Handschellen spendiere.«
»Mach nur so weiter, und ich behalte mein Abschiedsgeschenk.« Hamid hielt ihm eine Pistole und das Messer hin. »Nimm. Wir sind gut genug ausgestattet, und falls etwas schiefgeht, brauchst du die vielleicht.«
»Danke. Nicht nur für die Waffen, sondern …«
Hamid legte ihm wieder einen Hand auf den Arm. »Es ist in Ordnung, Jay.«
Der Stromausfall dauerte noch an, und obwohl die Dunkelheit Jay bei der Rückkehr half, war er angespannter als zuvor. Die Wachposten waren in höchster Alarmbereitschaft, aber Jay gelang es, ihnen rechtzeitig auszuweichen. Dank der Waffen rechnete er sich bei einer
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