Jay: Explosive Wahrheit (German Edition)
unerwünschten Begegnung gute Chancen aus, aber das war nicht sein Ziel und würde ihm den Weg zurück zu Elizabeth vermutlich versperren. Als er unbemerkt erst den Flur und dann die Tür zu Alvarez’ Arbeitszimmer erreicht hatte, atmete er auf. Erstmals gestattete er sich zuzugeben, dass er neben Dankbarkeit auch eine gewisse Bitterkeit empfand, dass er wieder einmal auf seinen Bruder angewiesen war.
Verdammt, er fühlte sich wie ein kleines Kind, das Mist gebaut hatte, und nun vor den drohenden Folgen Schutz bei seinen Eltern suchte. So hatte er sich die Jagd nach dem Drogenbaron nicht vorgestellt. Natürlich war er froh über die unerwartete Hilfe, aber es blieb ein Beigeschmack, den er nicht richtig einordnen konnte und der ihm nicht gefiel. ›Undankbar‹ wäre vermutlich noch reichlich untertrieben, um seine gegenwärtige Gemütsverfassung zu beschreiben.
Problemlos erreichte er den Raum, in dem er und Elizabeth festgehalten wurden. Mit einem leisen Pfiff kündigte er seine Rückkehr an. Er hatte die Tür noch nicht hinter sich zugezogen, als Elizabeth ihn so heftig umarmte, dass er beinahe das Gleichgewicht verlor.
Beruhigend strich er ihr über den Rücken. »Es ist alles in Ordnung.«
»Wie sieht’s draußen aus? Hast du einen Weg raus gefunden?«
»Ja, aber völlig anders als geplant.« Jay atmete tief durch, um seine Stimme normal klingen zu lassen, gleichzeitig überlegte er fieberhaft, wie viel er Elizabeth überhaupt verraten konnte. Sie würde ihn zu Recht für verrückt halten, wenn er ihr erklärte, dass er einem Mann vertraute, der als Anführer der Taliban vom FBI gesucht wurde. Die Beteiligung der SEALs und vor allem Lucs und Hamids Freundschaft konnte und durfte er ebenfalls nicht erwähnen. Die Gefahr war einfach zu groß, dass noch etwas schiefging und Alvarez Elizabeth zum Reden brachte. Außerdem konnte er einfach nicht einschätzen, wie sie auf Hamid reagieren würde. Die Gedanken wirbelten in seinem Kopf durcheinander, und er registrierte verärgert, dass er dringend eine Pause brauchte.
»Jay? Was ist mit dir?«
»Entschuldige, Beth. Es ist alles höllisch kompliziert.«
»Wie wäre es, wenn du einfach anfängst, zu reden? Was ist da draußen passiert? Du wirkst völlig durcheinander.«
Ihm war rätselhaft, wie sie in dem dämmerigen Licht darauf kam, aber er war ehrlich genug zuzugeben, dass sie richtig lag. Er zog sie mit sich zum Bett und ließ sich darauf fallen, ohne den engen Körperkontakt zu ihr aufzugeben. »Die Fahrzeuge sind im Moment zu gut gesichert, außerdem hat der Stromausfall die Zufahrt zum Parkplatz blockiert. Die wird irgendwie elektronisch gesteuert. Schranke oder versenkbare Mauer oder sonst was. Soweit bin ich gar nicht gekommen.«
Als er wieder schwieg, weil er nach den richtigen Worten suchte, rutschte Elizabeth unruhig hin und her. »Was ist denn passiert?«
»Ich kann dir die Details nicht nennen, nur so viel: Man arbeitet bereits an unserer Rettung, und wir sind sozusagen übereinander gestolpert. Wenn Alvarez glaubt, dass sein neuer Geschäftspartner vorhat, mich umzubringen, steht ihm eine üble Überraschung bevor. Aber viel mehr kann ich dir nicht sagen, Beth. Es tut mir leid, und ich kann mir vorstellen, wie es auf dich wirkt, aber je weniger du im Moment weißt, desto besser ist das für alle Beteiligten. Ich weiß, dass du freiwillig nie etwas sagen würdest, aber ich weiß jetzt, wie einfach man zum Reden gebracht werden kann. Du musst dem Mann, dem es morgen angeblich darum geht, sich mit einer FBI-Agentin zu vergnügen, vertrauen. Bitte, Beth. Egal, was du glaubst, wer die beiden sind, vertraue ihnen. Ich tue es jedenfalls und zwar absolut bedingungslos. Das solltest du auch tun.«
»Ist dir eigentlich klar, wie vage das alles klingt? Wer ist der Mann, dem ich vertrauen soll?«
»Das wird er dir selbst sagen, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist.« Er löste sich aus ihrer festen Umklammerung und zog die Pistole aus dem Bund seiner Hose. »Das ist für den absoluten Notfall. Aber hör auf ihn, tu nichts auf eigene Faust, egal, was du glaubst, zu wissen, sondern tu, was immer er von dir verlangt, ansonsten bringst du mehr Leute in Gefahr, als du ahnst, und zwar die Guten.«
Sanft legte er ihr die Waffe in die Hand, aber sie schob die Pistole zur Seite und fuhr tastend über seinen Hals und seine Taille. »Du blutest.«
»Nur ein Kratzer. In der Dunkelheit draußen haben wir zu spät erkannt, wer der jeweils andere
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