Jay: Explosive Wahrheit (German Edition)
wurde, befürchtete er, dass er Alvarez nicht mehr ausreichend unterstützen könnte und seine Pläne in Gefahr geraten würden. O’Leary ist durch Zufall darauf gestoßen, dass Jay in einem Haus wohnt, das er sich mit seinem normalen Gehalt nicht leisten kann. Deshalb wollte er Jay entweder ausschalten oder dazu bringen, für ihn oder genauer gesagt für Alvarez zu arbeiten. Und als Frank begriffen hat, dass Elizabeth in ihrem Job verdammt gut ist, hatte er Angst, dass sie ihm auf die Schliche kommen würde.« Luc überflog die nächsten Absätze und fluchte erneut. Hamid setzte sich gerade hin und schien kurz davor zu sein, ihm das Handy zu entreißen.
»Sekunde, das ist keine Mail mehr, sondern ein Roman. Also, kurz vor der Aktion mit dem Restaurant, bei dem Jay und Beth beinahe in die Luft geflogen wären, hat Frank sich zusammen mit einem anderen Mann, der angeblich aus Washington kam, Clive geschnappt und ihm Beweise vorgelegt, dass Jay bestechlich wäre. Clive wusste zwar als einziger im Team, wer unsere Eltern sind, aber es gab da Fotos, die Jay mit Leuten zeigten, die eindeutig zu Alvarez gehören, und ein paar Bankbelege. Natürlich alles Fälschungen. Clive hat so getan, als ob er von Jays Schuld überzeugt wäre, wollte aber eigentlich seine Unschuld beweisen und nach dieser Aktion im Restaurant mit Jay darüber reden. Dazu ist es dann nicht mehr gekommen. Wenn ich das richtig verstehe, bekam Frank zunehmend Probleme, an Informationen heranzukommen. Es stand eben nicht alles in den Computern, schließlich war Jay schon misstrauisch geworden.« Die letzten Sätze brachten Luc zum Schmunzeln. Ehe Hamid wieder ungeduldig wurde, gab er freiwillig nach. »Jay und Elizabeth haben sich heute eine Auszeit vom Büro gegönnt.«
»Zwischen ihnen gibt’s auch noch einiges zu klären. Darum beneide ich Jay nicht.«
»Das bekommen sie schon hin. Er wäre ein Idiot, wenn er sich die Frau entgehen lässt, und Jay ist zwar alles Mögliche, aber nicht dämlich.«
Luc blickte auf die Uhr. Die Mail hatte zwar für etwas Ablenkung gesorgt, aber bei Weitem nicht genug.
»Luc?«
Der warnende Unterton war nicht zu überhören. Alarmiert folgte Luc dem Blick seines Freundes. Im Eingangsbereich standen zwei Männer, die mit einem der Soldaten redeten, die dort als Wachposten postiert waren. Luc konnte keine Einzelheiten erkennen, aber die Diskussion schien es in sich zu haben. Einer der beiden trat nun etwas zur Seite und sah direkt zu ihnen hinüber. Der Mann winkte ihnen eindeutig zu, dabei kannte Luc ihn nicht. Sein Begleiter wurde nach wie vor von dem Wachposten verdeckt. Das Ganze gefiel Luc überhaupt nicht.
Hamid verzog den Mund. »Die meinen uns. Kennst du den?«
»Nein. Aber ich verstehe das ehrlich gesagt nicht. Deine Papiere sind in Ordnung, und wenn einer was von dir will, muss er an mir vorbei.«
»Vergiss es, Luc. Du wirst nicht deinen Job für …« Hamid brach ab, als sich die Lage im Eingangsbereich zuspitzte. Der Mann, der zuvor zu ihnen hinübergeblickt hatte, verlor die Geduld, hielt dem Wachposten einen Ausweis nun so dicht vor das Gesicht, dass der zurückwich. Der Unbekannte nutzte den freien Raum, tippte sich in einer spöttischen Geste an die Stirn und kam direkt auf sie zu. Luc erhaschte einen flüchtigen Blick auf den zweiten Mann, der ihm kurz zuwinkte und dann den Soldaten davon abhielt, seinem Begleiter zu folgen.
»Den kenne ich, ich weiß nur nicht mehr, woher«, erklärte Luc seinem Freund leise.
Hamid zog eine Augenbraue hoch. »Irgendeine Chance, dass es dir noch einfällt?«
Luc schüttelte den Kopf. Hamid seufzte und beobachtete den Mann, der sich an Rucksäcken und ausgestreckten Beinen vorbei einen Weg zu ihnen suchte.
Als der Unbekannte sie erreichte hatte, gähnte er. Besonders bedrohlich wirkte er nicht, eher als ob er sich amüsieren würde. »So langsam kann ich die Namen ›DeGrasse‹ und ›Kazim‹ nicht mehr hören. Trotzdem nett, euch persönlich zu treffen.« Lässig hielt er einen Ausweis hoch und steckte ihn wieder weg, ehe Luc den Namen erkennen konnte. »Landeskriminalamt.«
Ein deutscher Polizist, der ihre Namen kannte? Luc verstand überhaupt nichts mehr, aber seine Befürchtungen erreichten ein neues Ausmaß. Hamid verbarg seine Gefühle hinter einer ausdruckslosen Miene, aber Luc kannte ihn gut genug, um seine Resignation zu spüren. Es wäre ein Alptraum, wenn Hamid mit den deutschen Behörden in Konflikt geriet und im schlimmsten Fall Wochen oder Monate
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