Jay: Explosive Wahrheit (German Edition)
Job.
Schon nach dem ersten Klingeln nahm er ab. Elizabeth hielt sich nicht mit einer Begrüßung auf.
»Bekomme ich endlich eine Erklärung, warum Jay DeGrasse über jeden Verdacht erhaben ist?«
Mist, das kam viel zu aggressiv rüber, sodass sie nicht mit einer normalen Antwort rechnen konnte.
Statt der erwarteten irritierten Nachfrage drang ein leises Lachen an ihr Ohr.
»Was hat er gemacht, um dich so in Rage zu bringen?«
»Wie kommst du darauf, dass er etwas Derartiges getan haben könnte?«
»Weil ich dich kenne, Beth. Wieso könnt ihr nicht vernünftig zusammenarbeiten? Ihr ergänzt euch perfekt.«
Stimmt, ihr Kopf würde genau in seine Schulterbeuge passen, wenn sie … Es musste die ständige Hitze in Kalifornien sein, die ihre Gedanken schon wieder auf Abwege geraten ließ. Wenn sie mit einem Mann Sex hatte, dann musste sie ihn zumindest mögen, und Jay mochte sie so gerne wie einen Besuch beim Zahnarzt.
»Wer sagt denn, dass wir nicht zusammenarbeiten? Es gibt da nur gewisse Verdachtsmomente, die darauf hindeuten, dass er die Ursache der Probleme sein könnte.«
Das war eine glatte Lüge. Jay wäre zwar ihr Wunschkandidat für einen langjährigen Aufenthalt im Gefängnis gewesen, aber es gab nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, dass er mit der Gegenseite zusammenarbeitete. Sie wollte lediglich endlich erfahren, was Jerry ihr über Jay verschwieg. Es musste einen Grund für dieses Blankovertrauen geben, und den wollte sie endlich wissen.
»Das kannst du mir nicht erzählen. Wenn du wirklich etwas ausgegraben hast, schick es rüber, und ich garantiere dir, dass es eine vernünftige Erklärung dafür geben wird. Nun komm schon, Beth. Warum rufst du wirklich an?«
Jerry war der einzige, der ihren Namen abkürzte – außer Jay, der sich auch durch ihre ständigen Beschwerden nicht davon abhalten ließ.
»Er macht mich wahnsinnig«, platzte sie heraus. »Eben stand er in Shorts und T-Shirt vor mir und …« Bestürzt brach sie ab. Das klang so kindisch und unreif, dass sie selbst erschrak.
Jerrys Antwort bestand aus einem lauten Lachen. »Ich gäbe sonst was dafür, euch beide zu beobachten. Es ist natürlich ein ernsthaftes Verbrechen, am Sonntagnachmittag in einem solchen Outfit zum Dienst zu erscheinen. Hör zu, Kleines, Jay mag manchmal übers Ziel hinausschießen, aber wenn es drauf ankommt, ist er der geborene Südstaaten-Gentleman. Du kannst dich wirklich auf ihn verlassen, Beth. Mehr wirst du im Moment nicht von mir erfahren.«
Sein unterdrücktes Lachen war ihm anzuhören, als er sich verabschiedete. Das Telefonat konnte sie als ihr gutes Werk für diesen Tag verbuchen, denn dass Jerry sich köstlich über ihren Anruf amüsiert hatte, lag auf der Hand.
Seufzend beendete sie den Bildschirmschoner ihres Notebooks. Es würde sie noch Stunden kosten, jede missglückte Ermittlung nachzuverfolgen, aber am Ende hatte sie hoffentlich die Antwort darauf, ob es einen gemeinsamen Nenner gab.
Drei Stunden später war Elizabeth noch keinen Schritt weiter. Nachdem sämtliche anderen Ansätze versagt hatten, war sie sicher gewesen, über die finanziellen Transaktionen der Verdächtigen weiterzukommen. Aber sie konnte lediglich Jays bisherige Untersuchungen bestätigen: Es gab keinen gemeinsamen Nenner. Aber er musste da sein, sie war nur zu blind, ihn zu sehen.
Ein leises Klopfen an ihrer Tür riss sie aus ihren Gedanken. Mit zwei Kaffeebechern in der Hand betrat Jay das Büro. Seine Shorts hatte er gegen eine Jeans getauscht und sein Lächeln war vorsichtig abwartend.
»Ich habe hier ein Friedensangebot, wenn du magst.«
Auf einen Kaffee aus dem überforderten und veralteten Automaten hatte sie zwar keine Lust, aber das Angebot abzulehnen, hätte die Situation nur noch weiter verschärft.
Sie zwang sich zu einem Lächeln und nickte. Im nächsten Moment riss sie überrascht die Augen auf. Mit dem köstlichen Duft, der aus dem Becher aufstieg, hatte sie nicht gerechnet. Vorsichtig nippte sie an dem heißen Getränk und hätte beinahe behaglich aufgestöhnt. Das war zwar Kaffee, aber auf keinen Fall stammte er aus einem der Automaten im Gebäude.
Jays Miene entspannte sich. »Ich mag die Plastikbecher nicht, aber den Inhalt schon. Ich war schnell bei Starbucks, drüben im Shoppingcenter, weil ich eine Pause brauchte.«
Das Einkaufszentrum lag zwar praktischerweise auf der gegenüberliegenden Straßenseite, aber aufgrund der ganzen Sicherheitsvorkehrungen glich ein kurzer Ausflug dorthin
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