Jay: Explosive Wahrheit (German Edition)
für Phil zu arbeiten, würde er sie in seiner Wohnung einsperren, bis sie wieder Vernunft annahm. In der Küche empfingen ihn seine Mutter und Ana, beide unterbrachen ihr Gespräch sofort und sahen ihm mit einer deutlichen Frage im Gesicht entgegen.
»Falls euch interessiert, ob sie noch sauer ist, lautet die Antwort: Ja. Und so wie ich sie kenne, wird das noch bis zur nächsten Eiszeit andauern.« Er schenkte sich einen Becher Kaffee ein und ließ sich auf den nächsten Stuhl fallen. »Wollt ihr mich jetzt auch noch dafür fertigmachen, dass ich sie unvorbereitet mit hierher genommen habe?« Er breitete einladend die Arme aus. »Nur zu.«
Seine Mutter stand auf, stellte sich neben ihn und zog seinen Kopf an ihre Schulter, wie sie es als Kind getan hatte. Einen Moment lang wünschte er sich, er könnte die Zeit zurückdrehen und sein größtes Problem wäre wie damals die Begegnung mit dem Mathelehrer am nächsten Tag.
»Mach dir keine Sorgen. Ich habe gesehen, wie sie dich ansieht, und sie wäre nicht so sauer auf dich, wenn sie nicht sehr viel für dich empfinden würde. Du musst Geduld mit ihr haben, Jay. Du bist es gewohnt, im Renntempo durchs Leben zu rasen, aber damit kommst du bei ihr nicht weiter. Du kannst nicht einerseits von ihr Vertrauen fordern, und ihr dann wesentliche Punkte deines Lebens verschweigen.«
Mit einem lauten Geräusch landete Anas Becher auf der Tischplatte. »Mal davon abgesehen, dass du deinen Eltern damit Unrecht tust und sie verletzt. Es ist ein Unterschied, ob du deinen Kollegen gegenüber deine Familie verschweigst oder der Frau, die du liebst. Ich hätte dich für intelligenter gehalten.«
Jay schloss die Augen. »So war es nicht gemeint, Ana, und das solltest du auch wissen. Die Ereignisse haben sich einfach überschlagen, und mir hat die richtige Gelegenheit gefehlt. Ich wusste einfach nicht, wann und wie ich es ihr beibringen sollte. Das war alles.«
Ana stieß einen empörten Laut aus, der ihm verriet, dass das Thema noch nicht beendet war. »Das klingt, als ob deine Familie ein Makel wäre, den du verbergen müsstest.«
Seine Mutter setzte sich neben ihn und legte ihm einen Arm um die Schulter. »Es reicht, Ana. Das hat er nicht verdient. Das mit deiner Elizabeth wird schon wieder, Jay.«
Er musste unwillkürlich lachen. Das war ziemlich genau der Spruch, mit dem sie ihn als Kind getröstet hatte, wenn er sich wieder einmal das Knie oder den Ellbogen aufgeschlagen hatte.
Damals hatte sie recht behalten, hoffentlich galt das jetzt auch.
Es war aussichtslos. Elizabeth schaltete die Nachttischlampe ein und starrte an die Decke. An dem Bett gab es ebenso wenig auszusetzen wie an dem gesamten Apartment.
Sie hatte nichts gesagt, als Jay den Wagen in der Tiefgarage geparkt und von einem Firmenapartment gesprochen hatte, das sie während ihres Aufenthalts in New York nutzen konnten. Eigentlich hatte sie überhaupt nicht mehr mir ihm gesprochen, seitdem sie begriffen hatte, wer seine Eltern waren. Die notwendigen Floskeln, die sich ergaben, wenn man zusammen unterwegs war, galten nicht als Gespräch.
Es war eine ihrer leichtesten Übungen, Fakten zu sortieren und zu einem logischen Urteil zu kommen, doch leider galt das nicht für Jay. Nicht nur er, auch seine Mutter und Ana gingen ihr nicht aus dem Kopf. Die warmherzige Art der beiden Frauen hatte sie so überwältigt, dass sie sich bei dem Wunsch ertappte, ihre eigene Mutter wäre ihr ähnlich begegnet. Dazu die freundschaftliche Art, mit der die Brüder miteinander umgingen. Selbst wenn sie untereinander ihre Differenzen hatten, war es offensichtlich, dass sie im Zweifel sofort bereit gewesen wären, alles stehen und liegen zu lassen, um dem anderen zu helfen. Zusammen bildete die DeGrasse-Familie eine Einheit, gegen die kein Außenstehender eine Chance hatte, und dennoch war Elizabeth bereitwillig in ihrer Mitte aufgenommen worden. Wie mochte es sein, mit ihnen dauerhaft zu leben? Selbständigkeit und familiärer Rückhalt waren für sie bisher unvereinbare Gegensätze gewesen. Ihre Eltern hatten ihr das Gefühl gegeben, dass ihr Job erledigt war, nachdem Elizabeth in der Nähe des College eine kleine Wohnung bezogen hatte.
Sie schluckte hart und tastete nach der Eule, die sie auf dem Nachttisch platziert hatte, obwohl sie sich dabei reichlich kindisch vorgekommen war. Sanft strich sie über das flauschige Fell und presste das Tier gegen die Wange.
Mit den Eindrücken der Familie, des atemberaubenden Landeanfluges auf
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