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J.D.SALINGER Neun Erzählungen

Titel: J.D.SALINGER Neun Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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Schauplatz auftauchte, war der lachende Mann schon im Koma. Ombas allererster Gnadenakt war, die Maske seines Herrn zu bergen, die an Mlle. Dufarges gewürmverseuchten Torso geweht w ar. Er legte sie ehrerbietig über die grausigen Züge und versorgte dann die Wunden.
    Als die kleinen Augen des lachenden Mannes sich endlich öffneten, hielt Omba fürsorglich das Fläschchen Adlerblut an die Maske. Doch der lachende Mann trank nicht davon. Stattdessen sagte er schwach den Namen seines geliebten Black Wing. Omba neigte seinen leicht verzerrten Kopf und enthüllte seinem Herrn, dass die Dufarges Black Wing getötet hatten. Ein eigentümliches, herzzerreißendes Ächzen letzten Schmerzes entrang sich dem lachenden Mann. Matt griff er nach dem Fläschchen Adlerblut und zerdrückte es in der Hand. Das wenige Blut, das er noch in sich hatte, rann ihm dünn übers Handgelenk. Er gebot Omba, wegzuschauen, und Omba gehorchte schluchzend. Als letzte Handlung zog sich der lachende Mann, bevor er das Gesicht auf den blutbefleckten Boden senkte, die Maske ab.
    Da endete die Geschichte natürlich. (Um nie wieder aufgenommen zu werden.) Der Häuptling ließ den Bus an. Neben mir, auf der anderen Seite des Ganges, brach Billy Walsh, der allerjüngste der Komantschen, in Tränen aus. Keiner von uns sagte ihm, er solle still sein. Was mich betrifft, so erinnere ich mich, dass mir die Knie zitterten.
    Einige Minuten später, als ich aus dem Bus des Häuptlings trat, fiel mein Blick zufällig als Erstes auf ein rotes Seidenpapier, das am Fuß eines Laternenpfahls im Wind flatterte. Es sah aus wie eine Mohnblütenmaske. Als ich nach Hause kam, klapperten mir unbeherrschbar die Zähne, und ich wurde sofort ins Bett geschickt.
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    AM DINGI
     
    Es war kurz nach vier Uhr an einem Spätsommernachmittag. Seit mittags war Sandra, das Hausmädchen, ungefähr fünfzehn oder zwanzig Mal in der Küche mit zusammengekniffenem Mund vom Fenster zum Seeufer zurückgetreten. Dieses Mal band sie dabei ihre Schürzenbänder geistesabwesend auf und wieder zusammen, zog sie fest, soweit es ihr gewaltiger Taillenumfang zuließ. Dann ging sie zurück zum Emailtisch und ließ ihren frisch uniformierten Leib auf den Stuhl gegenüber von Mrs Snell sinken. Mrs Snell trank, nachdem sie mit Putzen und Bügeln fertig war, ihre übliche Tasse Tee, bevor sie die Straße entlang zur Bushaltestelle ging. Mrs Snell hatte schon ihren Hut auf. Es war die interessante schwarze Kopfbedeckung aus Filz, die sie nicht nur den ganzen Sommer, sondern die vergangenen drei Sommer hindurch getragen hatte – bei rekordverdächtigen Hitzewellen, bei Lebensveränderungen, über zig Bügelbrettern, bei der Bedienung Dutzender von Staubsaugern. Noch immer befand sich das Hattie - Carnegie - Etikett darin, verschossen, aber (wie man sagen könnte) aufrecht.
    »Darüber reg ich mich nicht auf«, verkündete Sandra zum fünften oder sechsten Mal, sich selbst ebenso wie Mrs Snell. »Ich hab mich entschieden, darüber reg ich mich nicht auf. Wo zu auch?«
    »Gut so«, sagte Mrs Snell. » Ich würde es auch nicht. Wirklich nicht. Gib mir doch bitte mal meine Tasche.«
    Eine lederne Handtasche, extrem abgewetzt, aber innen m it einem Etikett, das ebenso eindrucksvoll war wie das in Mrs Snells Hut, lag auf der Anrichte. Sandra kam an die Tasche heran, ohne aufstehen zu müssen. Sie reichte sie Mrs Snell über den Tisch hinweg, die öffnete sie und holte eine Schachtel Mentholzigaretten sowie ein Briefchen Stork - Club - Streichhölzer heraus.
    Mrs Snell zündete sich eine Zigarette an und führte dann die Teetasse an den Mund, stellte sie aber gleich wieder auf die Untertasse. »Wenn der nicht schleunigst abkühlt, verpasse ich noch meinen Bus .«
    S ie sah zu Sandra hin, die bedrückt ungefähr in die Richtung der an der Wand aufgereihten Kupfertöpfe starrte. »Reg dich bloß nicht auf«, befahl Mrs Snell. »Was nützt es schon, sich drüber aufzuregen. Entweder er sagt’s ihr oder eben nicht. Weiter ist nichts. Was nützt es, sich darüber aufzuregen?«
    »Ich rege mich ja gar nicht auf«, erwiderte Sandra. »Das wäre das Letzte, dass ich mich darüber auf rege. Es macht einen bloß wahnsinnig, wie dieser Junge so durchs Haus schleicht. Man hört ihn ja gar nicht, weißt du. Ich meine, niemand hört ihn, weißt du. Erst neulich, ich putze grade Bohnen – genau hier am Tisch –

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