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J.D.SALINGER Neun Erzählungen

Titel: J.D.SALINGER Neun Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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sei, doch da es ein Bett und nahrhaftes Essen einschließe und da er in mir den wahren Geist der Berufung spüre, hoffe er, ich würde mich in meinem Eifer nicht entmutigen lassen. Er erwartete voller Spannung eine formale Zusage von mir und mein Eintreffen im Geiste der Freundlichkeit und verblieb, mit freundlichen Grüßen, mein neuer Freund und Arbeitgeber, I. Yoshoto, vormals an der Kaiserlichen Akademie der Schönen Künste zu Tokio.
    Mein Telegramm mit der formalen Zusage ging binnen f ünf Minuten hinaus. Merkwürdigerweise brütete ich vor lauter Aufregung oder, durchaus möglich, wegen meines schlechten Gewissens, weil ich das Telegramm von Bobbys Telefon absandte, bedachtsam über meiner Prosa und beschränkte die Nachricht auf zehn Wörter.

 
    An jenem Abend, als ich mich wie üblich um sieben Uhr zum Essen mit Bobby im Oval Room einfand, musste ich verärgert feststellen, dass er einen Gast mitgebracht hatte. Über mein jüngstes, außerschulisches Tun hatte ich ihm kein Wort gesagt oder angedeutet, und ich brannte darauf, ihm diese neueste Nachricht zu eröffnen – ihn gründlich zu überraschen wenn wir allein waren. Der Gast war eine sehr attraktive junge Dame, damals erst wenige Monate geschieden, mit der Bobby häufig aus gewesen war und die ich schon mehrere Male gesehen hatte. Sie war eine absolut reizende Person, deren sämtliche Versuche, freundlich zu mir zu sein, mich sanft zu überreden, meinen Panzer abzunehmen – oder wenigstens den Helm – , ich als implizite Einladungen deutete, mich zu ihr ins Bett zu legen, sobald es mir möglich sei – das heißt, sobald Bobby, der eindeutig zu alt für sie war, der Laufpass gegeben werden konnte. Während des gesamten Abendessens war ich feindselig und einsilbig. Beim Kaffee schließlich skizzierte ich knapp meine neuen Pläne für den Sommer. Danach stellte Bobby mir einige recht intelligente Fragen. Ich beantwortete sie kühl und übermäßig kurz, ich, der unantastbare Kronprinz der Lage.
    »Oh, das klingt aber sehr aufregend!«, sagte Bobbys Gast und wartete lüstern darauf, dass ich ihr meine Montrealer Adresse unterm Tisch zusteckte.
    »Ich dachte, du fährst mit mir nach Rhode Island«, sagte Bobby.
    »Ach Liebling, sei nicht so ein schrecklicher Trauerkloß«, sagte Mrs X zu ihm.
    »Das bin ich gar nicht, aber ich hätte nichts dagegen, ein wenig mehr darüber zu erfahren«, sagte Bobby. Aber ich glaubte, an seinem Verhalten zu erkennen, dass er im Geiste schon bei seinen Bahnreservierungen nach Rhode Island ein Abteil gegen ein unteres Schlafwagenbett tauschte.
    »Ich finde, das ist das Reizendste, Schmeichelhafteste , das ich in meinem ganzen Leben gehört habe«, sagte Mrs X warm zu mir. Ihre Augen funkelten vor Verdorbenheit.
     
    An dem Sonntag, an dem ich in der Windsor Station in Montreal auf den Bahnsteig trat, trug ich einen beigefarbenen zweireihigen Gabardineanzug (von dem ich eine verdammt hohe Meinung hatte), ein marineblaues Flanellhemd, eine solide gelbe Baumwollkrawatte, braun w eiße Schuhe, einen Panamahut (der Bobby gehörte und mir eher zu klein war) sowie einen rötlichbraunen, drei Wochen alten Schnurrbart. M. Yoshoto holte mich ab. Er war ein winziger Mann, nicht größer als einen Meter fünfzig, und er trug einen ziemlich schmutzigen Leinenanzug, schwarze Schuhe und einen schwarzen Filzhut, dessen Krempe rundherum aufgestellt war. Weder lächelte er, noch, soweit ich mich erinnere, sagte er etwas zu mir, als wir uns die Hand gaben. Seine Miene – und mein Wort dafür kam direkt aus einer französischen Ausgabe von Sax Rohmers Fu - Manchu - Büchern – war unergründlich . Aus irgendwelchen Gründen lächelte ich von einem Ohr zum anderen. Ich konnte mich nicht mäßigen, schon gar nicht damit aufhören.
    Von der Windsor Station bis zur Schule war es eine Busfahrt von etlichen Kilometern. Ich bezweifle, dass M. Yoshoto auf der ganzen Fahrt mehr als fünf Worte sagte. Sei es wegen oder trotz seines Schweigens, jedenfalls redete ich unablässig, die Beine übereinandergeschlagen, Knöchel auf Knie, und benutzte unablässig meine Socke zum Aufnehmen des Schweißes auf meinem Handteller. Es erschien mir dringlich, nicht nur meine früheren Lügen zu wiederholen – über meine Verwandtschaft mit Daumier, über meine verstorbene Frau, über mein kleines Gut in Südfrankreich – , sondern sie auch noch auszuspinnen. Schließlich schwenkte ich, praktisch um mir zu ersparen, bei diesen schmerzlichen Erinnerungen zu

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