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Je länger, je lieber - Roman

Je länger, je lieber - Roman

Titel: Je länger, je lieber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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hatte sein können! Aber er kannte die Antwort längst. Süßer Vogel Jugend. Als junger Mensch tat man unvernünftige Dinge, die, einmal in die Welt gesetzt, nicht mehr wiedergutzumachen waren. Und war denn seiner Tochter überhaupt ein Vorwurf zu machen? Hatte nicht Federicos Sohn, dieser erwachsene Mann, ihre Unschuld, ihre Unwissenheit ausgenutzt, um sich ein kleines Vergnügen abseits seiner Ehe zu bereiten? Und nun war es seine unvorsichtige Tochter, die dafür büßen musste.
    Sie lernte ihre Lektion fürs Leben, dabei hatte es gerade erst begonnen. Doch was lernte dieser arrogante Gockel Bartoli, der selbst Vater zweier kleiner Söhne war? Dass man so leichtfertig als Mann verfahren konnte, ohne belangt zu werden? Denn genau da lag das Problem. Bartoli war uneinsichtig. Er zwang Daria die Bürde des Schweigens auf, um die eigene Ehe und sein gesellschaftliches Ansehen nicht zu gefährden. Und Casado? Sollte er eine große Affäre daraus machen, seinen Galeristen in die Widerlichkeiten seines Sohnes einweihen und ihre Geschäftsbeziehung ruinieren? Mit welchem Gewinn? Oder so schnell wie möglich die Wogen glätten? Als Vater hatte er die Pflicht, Schadensbegrenzung zu betreiben, indem er seine Tochter wenigstens kein uneheliches Kind zur Welt bringen ließ.
    Gerade fiel ihm nichts Besseres ein, als zu fragen: »Wie geht es dir, mein Kind?«
    Daria zuckte mit den Schultern. Sie flüsterte kaum hörbar. »Ich weiß nicht.«
    Er setzte sich neben sie auf den roten Bettüberwurf. Sie starrte still in den kalkweißen Raum hinein, in dem ein roter Samtsessel neben einem Beistelltisch aus Kirschholz stand, darauf eine Vase mit roten Rosen. Die Blume der Liebenden. Noch immer piepsten die gelben Vögel im Vogelbauer hysterisch, als wäre seine Aufregung nun auch auf sie übergegangen.
    Casado griff nach der eiskalten Hand seiner Tochter und umschloss sie mit seinen Händen, die auch schon einmal wärmer gewesen waren. Er wagte ein Lächeln und log sein Kind an. »Mach dir keine Sorgen, meine süße Möwe. Es wird alles wieder gut.«
    Aber nichts wurde wieder gut. In dieser Welt standen einem als geachteter Künstler viele Türen offen. Man profitierte von der Langeweile der Menschen, die nach Unterhaltung und Ablenkung gierten. Doch sie schätzten es nicht, wenn man ihre Gesetze brach. Und sie konnten unbarmherzig werden, wenn man sich nicht an den Kodex der Gesellschaft hielt. Casado lebte von dieser Gesellschaft, die amüsiert, aber nicht zum Narren gehalten werden wollte.
    Er drückte Darias Hand in seiner. Er wollte zuversichtlich wirken, wie ein Mann, der wusste, was er tat, wenn er seinem Kind nun gleich die Freiheit nahm, um dessen Zukunft, aber auch seine eigene zu retten. »Ich habe alles geregelt. Jacques Barreto wird dich heiraten und dein Kind wie sein eigenes lieben.«
    »Hat er das gesagt?« Seine Tochter zuckte zusammen und warf ihm einen kurzen, verstörten Blick zu.
    »Ich habe es gesagt.« Casados Stimme klang rau und scharfkantig. »Er hat eingewilligt.«
    »Aber…« Daria wirkte nun noch fahriger als zuvor. »Das geht nicht«, presste sie atemlos hervor.
    Emilio knurrte unwillig. »Sein Vater stand in meiner Schuld.« Er klang wie ein furchtbarer Imperator, der keinen Widerspruch duldete. Nicht wie ein Freigeist. Er hörte seine Tochter flüstern: »Ich kann Jacques das nicht antun. Und auch nicht Clara. Ich glaube, die beiden mögen sich sehr.«
    »Dir wird nichts anderes übrig bleiben.« Er redete wie aufgezogen. Wie jemand, der er gar nicht war. Als würden sie hier ein Theaterstück aufführen. Eine Groteske. »Denk nicht weiter darüber nach. Bald wird dir diese Ehe wie selbst gewählt vorkommen. Und Clara ist weit weg.«
    Es war erstaunlich, wie viel Lüge und Kaltherzigkeit aus ihm herauskam, um nicht vom rettenden Pfad abzukommen.
    Daria nickte, als hätte nun auch sie ihren Part verstanden. »Ich danke dir.« Es war lächerlich. Und doch so real, dass es wehtat.
    Er spürte, wie seine Tochter den mit einem großen Stein besetzten Goldring an seinem Finger eingehend musterte. Als wollte sie sich in der goldenen Fassung unter dem Stein verkriechen und zusammenrollen. Wer konnte es diesem ahnungslosen Kind verübeln, dass es so etwas Unmögliches versuchte?
    Ihr Leben würde nun eine andere Richtung einschlagen, als er und seine Frau es sich für sie vorgestellt und gewünscht hatten. Und auch Daria würde ihre Träume dem Leben anpassen müssen. Viel zu kurz war die Zeit gewesen, in der

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