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Je länger, je lieber - Roman

Je länger, je lieber - Roman

Titel: Je länger, je lieber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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dieser Frau über sie erzählt? Begehrten sie sich so, wie sie sich früher begehrt hatten? Oh, sie sah die beiden genau vor sich, wie sie sich leidenschaftlich liebten. Eilig griff sie nach ihrer Handtasche, dem Handy, dem Zweig und dem Kästchen und stieg aus dem Wagen. Sie musste diese unnützen und quälenden Gedanken loswerden. Was brachte es, sich all diese Fragen zu stellen? Nichts als das entsetzliche Gefühl vollkommener Hilflosigkeit. Darauf konnte sie gut verzichten. Ebenso auf die pornografischen Bilder, die sich gerade in ihren Kopf projizierten. Sie musste all das vergessen. Nein! Sie konnte nicht zu ihm zurückkehren!
    Und doch war es seltsam. Seit Ewigkeiten spürte Mimi plötzlich eine Welle heftiger Erregung durch ihren Körper branden. Seit Langem erfüllte sie plötzlich die Sehnsucht, von René gestreichelt zu werden. Sie wollte sich an seinen nackten Körper drängen, seine Lippen auf ihren spüren. Ihr Atem ging schneller.
    Glücklicherweise war es heute nicht ganz so heiß wie in den letzten Tagen. Mit dem Jelängerjelieberzweig in der Hand, lief Mimi hinüber zum gläsernen Haupteingang des Krankenhauses, vor dem sich eine Traube von Patienten mit Zigaretten zwischen den Fingern um einen großen Aschenbecher scharte.
    Sie durchquerte die Empfangshalle Richtung Lift, der sie vier Stockwerke hoch in die Kardiologie beförderte. Am Empfangstresen saß eine junge Schwester mit Glitzerohrringen und ewig langen, tiefschwarzen Wimpern hinter dem Computermonitor. Sie lächelte, als würde sie im Nagelstudio arbeiten. »Was kann ich für Sie tun?«
    Nachdem Mimi ihren Namen und den Grund ihres Besuchs genannt hatte, versenkte die Schwester ihren Blick in einen Stapel von kopierten Blättern. Schließlich sah sie wieder auf. »Nehmen Sie noch einen Moment dort drüben in der Warteecke Platz. Der Herr Doktor kommt gleich zu Ihnen.«
    »Danke.«
    Mimi ließ sich auf einen der Stühle neben dem riesigen Gummibaum nieder. Warum standen in Krankenhäusern eigentlich immer diese Staubfänger herum? Wem sollten sie Trost spenden? Den Patienten oder den Besuchern? Mimi holte ihr Handy aus der Handtasche und starrte aufs Display. Keine Nachricht von René. Sollte sie ihn vielleicht doch im Büro anrufen? Wirkte das souverän? Oder eher bedürftig? Er war es doch, der sie betrogen hatte, nicht umgekehrt. Wieso, verdammt noch mal, meldete er sich dann nicht?
    »Frau Bachmann?« Ohne dass Mimi ihn bemerkt hatte, stand plötzlich ein schlaksiger Arzt mit Hornbrille vor ihr. Hinter den dicken Gläsern wirkten seine Augen unnatürlich groß, als würden sie ihm gleich aus dem Kopf springen. Sein weißer Kittel war an den Armen etwas zu kurz, als wäre er seit seiner Anstellung noch ein gutes Stück gewachsen. Er lächelte. Das war schon mal ein gutes Zeichen.
    Sie stand auf. »Ja?«
    Er reichte ihr die Hand. »Ich bin Doktor Felsenstein. Ich behandle Ihre Großmutter.«
    »Wie geht es ihr?«
    Er zog die Augenbrauen hoch und stieß einen ratlosen Seufzer aus, der bei einem Arzt, der sich doch eigentlich auskennen sollte, etwas befremdlich wirkte. »Ihre Großmutter, ich sage es gleich, gibt mir Rätsel auf. Nicht dass ich etwas gegen Rätsel hätte. Es bedeutet nur, dass ich Ihnen nichts Genaues sagen kann. Aber bitte, kommen Sie.«
    Mimi folgte dem Mediziner den sterilen Gang an mit Plastikfolien verhüllten Betten vorbei in sein Büro, vor dessen Fenster die Jalousie heruntergelassen war. Die Einrichtung beschränkte sich auf einen mit Akten überladenen Schreibtisch und einen Stuhl. Im Wandregal standen farbenfrohe Modelle des Herzmuskels, die jemand auseinandergenommen, aber nicht wieder zusammengesetzt hatte, so als hätte er vergessen, wie sie zueinanderpassten. Herzklappen, Venen, Arterien, alles Einzelteile.
    Doktor Felsenstein klemmte ein Folienbild an den Leuchtkasten für Röntgenaufnahmen und erklärte: »Hier haben wir den Brustkorb Ihrer Großmutter. Und hier haben wir ihr Herz. Erkennen Sie es?«
    Mimi legte den Kopf schief. »Nun ja.«
    Doktor Felsenstein zog mit dem Zeigefinger eine dünne Linie auf dem verwischten Bild nach. »Wie Sie vermutlich wissen, leidet Ihre Großmutter schon seit einiger Zeit an Herzbeschwerden. Interessant daran allerdings ist, dass ihr Herz nicht die alterstypischen Funktionsstörungen aufweist. Wie zum Beispiel Hypoxie. Eine Mangelversorgung des Gewebes mit Sauerstoff. Oder Kardiomyopathie. Die krankhafte Erweiterung des Herzmuskels. Ich würde sogar sagen: In der Brust

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