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Je länger, je lieber - Roman

Je länger, je lieber - Roman

Titel: Je länger, je lieber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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Gartenlaterne warf verwaschenes Licht ins Wohnzimmer. Schemenhaft erfasste Mimi das hier herrschende Durcheinander. Ganze Kleiderberge hatten sich inzwischen auf der Sofalehne angehäuft. In der Küche stand schmutziges Geschirr, auf dem langen Esstisch stapelten sich aufgeschlagene Zeitschriften und ungeöffnete Briefe. Barfuß schlich sie über den Teppich, den Flur hinunter bis zur offen stehenden Schlafzimmertür. Sie hielt den Atem an und hörte Renés vertrauten Atem. Ganz gleichmäßig. Vorsichtig hielt sie ihr Handy hoch und schaltete das Displaylicht an, um dami t auf ihr gemeinsames Ehebett zu strahlen. Zu ihrer großen Erleichterung war er allein. Leise trat sie näher heran und setzte sich auf die Bettkante. Sie wisperte: »Hallo.«
    Sollte sie ihn leicht an der Schulter rütteln, dass er aufwachte? Und dann? Was sollte sie dann sagen? Sie flüsterte: »Ich bin wieder da.« Er rührte sich nicht. Zaghaft streichelte sie über seinen nackten Oberarm. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das zum letzten Mal getan hatte. »René? Hörst du mich?«
    Sie hielt ihr leuchtendes Handy hoch und strahlte ihrem Mann damit ins Gesicht. Sie war sich nicht sicher, ob das hier alles eine gute Idee war. Aber ihr blieb nichts anderes übrig, als ihn zu wecken. Oder sollte sie einfach wieder gehen und hoffen, dass sie sich morgen vor der Arbeit noch irgendwo auf einen Kaffee zum Aussprechen trafen? Mit einem Pappbecher und einem Croissant in der Hand, während sich die Leute um sie herum drängten und es eilig hatten, zur Arbeit zu kommen, während sie beide es noch viel eiliger hatten? Vorhin am Flughafen hatte sie sich gleich noch einen Flug nach Barcelona für elf Uhr morgens gebucht. Zuvor wollte sie noch ins Krankenhaus zu Clara, um nach ihr zu sehen und mit Doktor Felsenstein über seine Entdeckung zu sprechen. René würde noch eine Stunde früher im Büro sitzen müssen. Ihnen würde also nicht viel Zeit bleiben, um sich auszusprechen und zu entscheiden, wie und ob sie in Zukunft weitermachen wollten. Mimi räusperte sich. Vielleicht war sie zu zurückhaltend mit ihren Weckversuchen. »René?«
    Sie strich über seine Schulter. »Ich bin wieder zu Hause.«
    Jetzt strahlte sie ihm direkt ins Gesicht. Endlich blinzelte er. »Was?«
    Nun waren seine Augen ganz weit offen. Vor Schreck blieb er bewegungslos liegen. Mimi nahm das Handylicht aus seinem Gesicht. »Entschuldige, dass ich dich aufgeweckt habe.«
    »Mimi?« Er drehte den Kopf und blickte erstaunt in ihre Richtung, während der Regen draußen gegen die Fensterscheiben prasselte. »Was tust du hier? Ich dachte, du bist in Kanada.«
    »Ich dachte, es wäre gut, wenn wir mal reden.«
    Er richtete sich etwas auf und stützte sich auf seinen Ellbogen ab. »Ich hätte nicht vermutet, dass du noch einmal reden möchtest, nachdem du offenbar mit einem anderen Mann einen Kurzurlaub nach Kanada unternommen hast.«
    »Ich habe keinen Urlaub gemacht. Ich habe in Neuschottland nach einem Mann gesucht, den meine Großmutter einmal sehr geliebt hat und der für ihre Genesung eine bedeutende Rolle spielt. Und dabei hat mir ein guter Bekannter geholfen.« Mehr ins Detail musste Mimi jetzt nicht gehen. Das würde nur unnötig kompliziert werden. Bruno stand ja nicht zwischen ihnen. Oder?
    René nickte. »Verstehe. Dann habe ich am Telefon wohl etwas überreagiert.«
    »Ja.« Mimi lächelte verkniffen. Es entstand eine Pause, in der sie beide ihren Gedanken nachhingen. Interessant, dass René gar nicht fragte, ob Mimi den besagten Mann gefunden habe. Bruno war da wesentlich mitfühlender gewesen. Nun ja. Vielleicht war für René erst einmal wichtig, dass sie wieder da war.
    »Komm her.« Er rutschte ein Stück von der Bettkante weg und hielt die Decke hoch, zum Zeichen, dass Mimi darunterkriechen sollte. War das eine gute Idee? Sie wusste es nicht. Gleichzeitig war sie so unendlich müde, und die Vorstellung war schön, dicht an seinem warmen Körper zu liegen. So, wie sie früher Nacht für Nacht dicht beieinandergelegen hatten.
    »Warte.« Entschlossen schob Mimi die Zweifel beiseite und streifte sich ihren Pulli und das T-Shirt über den Kopf. Dann zog sie sich die Hose aus und krabbelte zu ihrem Mann im Slip unter die Decke. Sie kich erte verlegen. »Bist du nackt?«
    »Stört es dich?« Seine sanfte Stimme war dicht an ihrem Ohr. Er legte seinen Arm um ihre Taille und zog sie noch enger zu sich heran.
    »Ich weiß nicht.« Es tat seltsam weh, so nahe bei ihrem nackten

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