Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Je länger, je lieber - Roman

Je länger, je lieber - Roman

Titel: Je länger, je lieber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
Vom Netzwerk:
Mann zu liegen. Es tat weh, dass sie es so lange nicht mehr getan hatte. Und die Vorstellung tat weh, dass er mit einer anderen Frau geschlafen hatte. Dass diese andere Frau seinen Körper berührt hatte, dass sie ihm so nahe gewesen war, wie sie ihm jetzt. Die Vorstellung tat weh, dass er sie gestreichelt hatte. Es tat weh, dass er diese andere Frau geküsst hatte. Er war doch ihr Mann. Sein Körper war ihr Körper. Seine Liebe, seine Leidenschaft gehörten doch ihr. Genau wie ihre Zärtlichkeit, ihre Küsse, ihr Streicheln ihm gehörten. Doch all das hatte sie für sich behalten, bis sie es Bruno gegeben hatte. War das schlimm? Musste das schmerzhaft für René sein? Musste sie ihm das erzählen? Spielte diese eine Nacht am See eine Rolle? Hatte diese zärtliche Begegnung eine tiefere Bedeutung? War sie Bruno nähergekommen, als sie es jemals René gewesen war?
    Mimi wusste es nicht.
    »Ich liebe dich.« Seine Lippen lagen an ihrem Ohr. Er zog sie fest zu sich heran. »Ich liebe dich. Hörst du? Lass uns bitte vergessen, was war. Es tut mir leid.«
    »Ich weiß nicht, ob ich es vergessen kann.« Aus Mimis Auge rutschte eine Träne über ihren Nasenrücken und versickerte in ihrem Kopfkissen. Es stimmte. So sehr sie es sich auch wünschte, vergessen zu können, was sie damals auf der Straße gesehen hatte, so sehr sie sich wünschte, sich nicht vorzustellen, was zwischen René und dieser Frau gewesen war, so sehr wusste sie, dass die Bilder immer wieder kommen und sich zwischen sie beide schieben würden. So lange, bis Mimi es nicht mehr aushielt und verschwinden würde, um die quälenden Bilder endlich loszuwerden. Und dann war da noch Bruno …
    »Ich kann es nicht rückgängig machen.« Seine sanfte Stimme tat in ihrem Ohr weh. Warum musste sie so sanft sein? Warum musste sie plötzlich wieder so klingen, wie sie früher geklungen hatte, wenn er ihr zärtliche Worte in den Nacken geflüstert hatte? Sie vermisste jetzt schon seine Stimme, obwohl er doch bei ihr lag und gerade zu ihr sprach. Mimi wusste, dass dies der Abschied war. Sie war hergekommen, um mit ihm neu anzufangen. Aber es würde ihr nicht gelingen. Zu tief saß der Vertrauensbruch. Und die Unsicherheit darüber, ob sie vielleicht gar nicht füreinander bestimmt waren. Und doch hätte sie bis zum Schluss an dieser Ehe festgehalten. Weil sie es René damals versprochen hatte und weil sie ihn trotz allem mochte.
    »Ich wünschte, du hättest mir gesagt, dass dir etwas fehlt, anstatt es dir bei einer anderen Frau zu holen«, flüsterte Mimi und stand entschlossen wieder auf. Bevor sie es sich aber doch noch einmal anders überlegte, zog sie sich schnell an. Sie musste hier raus. In jeder Faser ihres Körpers tat es weh, was René getan hatte. Es machte sie wahnsinnig, dass es war, wie es war. Offenbar hatte sie noch einmal herkommen müssen, um das Ausmaß seines Verrats zu begreifen. »Leb wohl!«
    »Warte!« René war inzwischen aus dem Bett gesprungen und hielt sie an den Handgelenken fest. »Bitte geh nicht!«
    »Fass mich nicht an!« Jetzt weinte Mimi los. »Fass mich nie wieder an.«
    Sie griff nach ihrem Handy, das auf ihrem Nachttisch lag. Zum letzten Mal hatte sie in ihrem Bett gelegen, auf ihrem Kopfkissen, neben ihrem Mann. Sie lief durchs dunkle Wohnzimmer, in den Regen hinaus und sprang ins Auto. Von außen klopfte René nackt an die Beifahrerseite und rief etwas. Aber sie hörte ihn nicht, der Regen prasselte zu laut aufs Dach. Der Regen tropfte aus ihren Haaren auf den Schoß. Überall war Regen und Gebüsch, als sie den Wagen startete und rückwärts die Auffahrt hinunterschoss. Die Zweige kratzten quietschend über den Lack. Es war so was von egal. Sie sah ihren Mann durch die Windschutzscheibe, angestrahlt von ihren Scheinwerfern, mit hängenden Schultern im Regen stehen. Sie liebte ihn, und er tat ihr leid.
    Als der Handywecker am nächsten Morgen um sechs Uhr klingelte, regnete es noch immer. Damit sie der Flug nach Barcelona überhaupt weiterbrachte, musste Mimi das Fotoalbum finden, das Clara damals aus dem Salon getragen hatte. Mimi hatte nicht sonderlich viel Hoffnung, dass sie es finden würde, nachdem sie erst neulich das ganze Haus durchsucht hatte. Sie stand auf, und genau in diesem Moment wurde ihr schlagartig klar, dass sie von jetzt an keine Ehefrau mehr war. Dieser Lebensabschnitt, von dem sie geglaubt hatte, dass er nie enden würde, war vorbei. Sobald sie aus Barcelona zurück war und hoffentlich Jacques Barreto gefunden

Weitere Kostenlose Bücher