Je sueßer das Leben
unterscheiden, aber mein Gott. In Avalon gibt es nicht viele richtige Biker, daher ist A. A. froh, wenn solche Typen eine Midlife-Crisis durchmachen – das bringt die Kasse zum Klingeln. Er wünschte, es gäbe mehr von ihnen.
A. A.s bester Freund ist Isaac, besser bekannt unter dem Namen Iz. Iz hat sich seinen eigenen Chopper mit einem Shovelhead-Motor gebaut, ein wahres Meisterwerk. Iz ist einer von diesen Genies, Mathematiker und ein ziemlich cooler Typ, dessen einziger Fehler wahrscheinlich darin besteht, dass er immer noch bei seiner achtundachtzigjährigen Mutter lebt. Iz ist Purist und kann Kerle, die importierte Superbikes fahren, nicht ausstehen.
»Die tun so, als würde die Interstate ihnen gehören«, beschwert er sich bei A. A. »Mann, die machen sogar Wheelies! Und dann winken sie und erwarten auch noch, dass ich zurückwinke. Einfach nur peinlich!«
A. A. hat da mehr Verständnis. »Ach, komm. Viele von uns haben am Anfang so einen Hobel gefahren. Nicht jeder kann sich eine Harley leisten.«
»Das meine ich doch gar nicht. Ich meine eher die Fahrer heute. Die denken, sie können sich alles erlauben. Keinen Respekt mehr vor der Straße und auch nicht vor der Maschine.« Iz schüttelt den Kopf, unübersehbar verstimmt. A. A. stellt lachend fest, dass sie sich kaum mehr von den Rentnern in ihren Cadillacs und den ältlichen Damen in ihren Riesen-Buicks unterscheiden, die ständig über die Jugend von heute und ihre schlechten Manieren jammern.
Mit seinen achtundfünfzig Jahren ist A. A. schon früh ergraut. Er bindet seine ehemals blonden Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen, damit sie ihm nicht dauernd ins Gesicht fallen, was sein Leben verdammt viel leichter macht. Er hat sich einen langen, buschigen Bart wachsen lassen, eine richtige Matte. Tag für Tag trägt er dieselbe Uniform, bestehend aus irgendeinem T-Shirt und seiner schwarzen Lederjacke, die nur so strotzt vor Harley-Abzeichen und -Nadeln. Er ist groß, knapp eins neunzig, breitschultrig, ein Schotte auf Steroiden. Er nimmt natürlich keine Steroide, das sind einfach die Gene, aber ihm sind schon mal solche Gerüchte zu Ohren gekommen. Darauf pfeift er. Seine Großmutter, bei der er seit seinem fünften Lebensjahr aufwuchs, hat ihm das eine oder andere beigebracht, nicht immer auf die sanfte Tour.
»Nee, man darf sich nicht immer drum kümmern, was die Leute so reden«, hatte sie erklärt und dazu mit dem Kochlöffel auf den Tisch geklopft. »Das sind doch alles Pfeifenköpfe, und wenn du versuchst, es immer allen recht zu machen, bist du selbst ein Pfeifenkopf.« Dann hatte sie ihn am Ohr gezogen, bis er brüllte, nur um sicherzugehen, dass er es auch kapierte.
A. A. ist ein Mann, der in sich ruht, auch wenn er wie ein Rocker aussieht. Sollen sich die Leute doch das Maul zerreißen.
Es ist jetzt sechs Uhr, und A. A. macht sich auf den Heimweg. Er trinkt nicht viel und geht auch nur selten in Kneipen, und da er schon eine Weile allein lebt, hat er ein paar Gewohnheiten entwickelt, von denen er nur ungern lässt. So macht er sonntagabends zum Beispiel die Buchhaltung für den Laden, so dass er immer weiß, was in der kommenden Woche ansteht.
Montagabend wäscht er. Dann bügelt er seine Hosen und die Boxershorts. Komisch eigentlich, aber irgendwie mag er es, wenn seine Hosen schön gebügelt sind.
Dienstags erledigt er die Einkäufe für die ganze Woche.
Mittwochs holt er sich was Fertiges zu essen, statt selbst zu kochen, und sieht sich auf PBS Dokumentarfilme an. Biographien mag er am liebsten und an zweiter Stelle alles, was mit Kriegsveteranen zu tun hat. Einmal im Monat leiht er sich einen Film aus und sieht sich stattdessen den an.
Die Donnerstagabende sind für Reparaturarbeiten an seinem Haus und den beiden Mietobjekten reserviert, die er auf der Madison und der LeBell besitzt.
Die Freitagabende verbringt er mit Iz, sie essen zusammen zu Abend und gehen danach noch gelegentlich Billard spielen. Dann fährt er heim und legt sich schlafen, denn am nächsten Morgen, egal bei welchem Wetter, steigt er aufs Motorrad.
Und noch etwas macht A. A. mit großer Regelmäßigkeit, und zwar jeden Samstagabend um Punkt sieben Uhr. Es ist ihm fast so wichtig wie seine Motorräder.
Er backt.
Das Shortbread-Rezept seiner Großmutter kann er im Schlaf aufsagen (das A und O sind gute Butter und brauner –kein weißer –Zucker), und auch Blätterteigtaschen, Empire Biscuits, Scones und Haferbrot macht er im Handumdrehen. Selbst die
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