Je sueßer das Leben
braucht eine Stunde, um Viktor und Dorothy auf den neuesten Stand zu bringen und die Sicherheitsfirma zu informieren, die für die Kodierung ihrer elektronischen Schlüssel zuständig ist, damit sie Vivian den Zugang zum Büro sperren. Er ruft Lemelin an, um ihm mitzuteilen, dass Vivian nicht mehr für G&E arbeitet, dass sie nicht mehr autorisiert ist, als Repräsentantin des Büros mit ihm zu reden, und dass das Büro nicht mehr an dem Projekt interessiert ist. Er ruft den Personalsachbearbeiter an, der Mark rät, die Vorgänge detailliert aufzuschreiben, wofür Mark eine weitere Stunde aufwendet.
Vivian hat sich eindeutig zu viel herausgenommen, egal ob sie ihn damit beeindrucken oder bloß ihre eigene Karriere vorantreiben wollte. Sie ist klug und überaus talentiert, aber mit ihrem Ehrgeiz und ihrem enormen Tempo ist sie in einem Büro in der Stadt besser aufgehoben. Oder sie soll sich selbstständig machen. Mark zweifelt keine Sekunde daran, dass sie sich auf die eine oder andere Weise durchsetzen wird. Wofür Vivian sich letztlich entscheidet, ist ihre Sache, aber für Gunther & Evarts kann sie nicht mehr arbeiten. So viel ist klar.
Als Mark wieder zu seiner Familie in die Küche zurückkehrt, empfangen ihn die Wärme des Backofens und ein süßer Zimtgeruch. Auf dem Kuchengitter liegen zwei Laibe zum Abkühlen, und zwei neue Bleche warten darauf, in den Ofen geschoben zu werden. Julia lächelt ihn an. Gracie streut gerade Rosinen in eine Schüssel. Augenblicklich vergisst er den Regen, Vivian, Lemelin und seine Absicht, der beste Architekt der Welt zu werden. Plötzlich denkt er an nichts als an seine Frau und seine Tochter und macht sich daran, ihnen zu helfen.
Kapitel 21
»Ich habe einige Pakete für Sie.« Jamie Linde steht in einem UPS -Regenanzug auf der Veranda. Von seinem lächelnden Gesicht tropft Wasser, und Hannah spürt, wie ihr Herz einen kleinen Sprung macht, wie immer, wenn sie ihn sieht. »Ich kann sie in Folie wickeln, damit sie nicht nass werden. Oder ich fahre mit dem Transporter in Ihre Einfahrt.«
Pakete im Plural. Hannah versucht sich zu erinnern, was sie alles bestellt hat. Sie war online ein bisschen shoppen und hat einiges für die Küche gekauft – eine Küchenmaschine, einen Entsafter, einen Tischgrill und ein paar weitere Kleinigkeiten. Bislang sind die Silikon-Backformen ihr Favorit. Sie mag diese weichen, biegsamen Dinger. Ihr Freundschaftsbrot gleitet wie von selbst heraus und ist perfekt und gleichmäßig gebacken. Dazu lassen sie sich im Nu reinigen. Warum geht nicht alles im Leben so leicht?
»Was Ihnen am wenigsten Mühe bereitet«, erwidert sie. Er tut ihr leid, weil er bei diesem Wetter arbeiten muss. Nur gelegentlich fährt einmal ein Auto vorbei, und der Wind heult und peitscht einem den Regen ins Gesicht. Sie schlüpft in ihre Schuhe.
Er wirft einen Blick zur Einfahrt. »Wenn Sie Ihr Garagentor öffnen, kann ich sie Ihnen gleich reintragen.«
»Wie viele Pakete sind es denn?«
Jamie ist bereits auf dem Weg zu seinem Transporter. »Ungefähr zehn.«
Hannah geht durchs Haus und macht das Garagentor auf. Jamie wartet schon davor, der UPS -Transporter berührt fast die obere Kante. Er holt das erste Paket und trägt es in die Garage, wo er es an der Tür zum Haus abstellt. »So, das ist das erste.«
Hannah wirft einen Blick auf die Adressen, die mit dickem Filzstift quer über den Karton geschrieben sind.
Absender: P. de Brisay, 540 North State Street, Nr. 843, Chicago, IL 60610.
Empfänger: Hannah Wang, 11248 First Avenue, Avalon, IL 61798.
Hannah starrt den Karton an. Sie war davon ausgegangen, dass Philippe bis zum Ende der Saison im Juni warten würde, bevor er ihre Sachen zurückschickt, aber offenbar dauerte ihm das zu lange. Eigentlich sollte es Hannah nicht überraschen – eine einmal getroffene Entscheidung setzt Philippe normalerweise sofort in die Tat um, damit er sich etwas Neuem zuwenden kann –,aber ihren Geburtsnamen auf dem Karton zu sehen versetzt ihr doch einen Schock. Damit ist die Trennung besiegelt. Erstaunlich, wie leicht jemand einen anderen aus seinem Leben entfernen kann, indem er ihm einfach seinen Namen wieder wegnimmt.
Sie heißt schon seit Jahren nicht mehr Hannah Wang, seit der Hochzeit mit Philippe. Ihr Vater war dagegen gewesen, dass sie den Namen ihres Mannes annahm, selbst ihre Agentin war dagegen, aber Hannah bestand darauf. Sie hörte es so gerne, wie stolz Philippe »Hannah de Brisay, Hannah de Brisay« sagte. Auf dem Weg
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