Je sueßer das Leben
schält sich gleich in der Diele aus seinen Kleidern, bis er nur noch in Boxershorts und Socken dasteht. »Sie hätten uns einfach eine E-Mail schicken können. Dann hätten wir nicht durch dieses Unwetter fahren müssen, um uns die frohe Botschaft persönlich abzuholen.«
Livvy reicht ihm eine Fleecedecke vom Sofa und sammelt seine Kleider ein. »Ich setze gleich Kaffee auf. Mrs. Lowry kam vorhin vorbei, um uns einen Laib Freundschaftsbrot zu bringen. Kaum zu glauben, was?«
Tom wickelt sich in die Decke und tappt ins Wohnzimmer. »Wahrscheinlich hat sie es heimlich vergiftet.«
»Tom.« Aber Livvy muss lächeln, außerdem hat sie dasselbe gedacht. »Ich habe sie hereingebeten, und wir haben beide ein Stück gegessen. Es wird dir schmecken.«
»Vielleicht steckt sie ja mit Julia unter einer Decke.«
Darauf erwidert Livvy nichts. Bisher hat sie die kleinen Sticheleien gegen Julia gerne gehört, sie hat sie als Loyalitätsbeweis aufgefasst. Aber jetzt kriegt sie ein schlechtes Gewissen, wenn er ihren Namen erwähnt, und bedauert es, dass sie es nicht schaffen, reinen Tisch zu machen. Es ist nicht mehr lustig, es ist nur noch traurig, und rächen will sie sich auch nicht mehr.
Tom setzt sich aufs Sofa und nimmt die Fernbedienung in die Hand, nur um sie gleich wieder wegzulegen. Er sieht sich um und zittert. »Was uns fehlt, ist ein Kamin.«
Livvy geht zur Heizung und dreht sie höher. »Jetzt wird es gleich wärmer.« Der fehlende Kamin ist das Einzige, was Livvy an dem Haus stört. Sonst lässt es wirklich nichts missen. Der Immobilienmakler erklärte ihnen beim Kauf, dass den vormaligen Besitzern während des Baus das Geld ausgegangen war und deshalb der Kamin fehlte, und Livvy und Tom konnten es sich auch nicht leisten, nachträglich einen einzubauen. Sie sehnt sich nach dem Knistern und Knacken der brennenden Holzscheite, dem heimeligen Geruch. Und Maroni. Es mag albern sein, aber sie wünschte, sie könnte in ihrem Wohnzimmer Maroni rösten.
Livvy summt ein Lied, als sie in der Küche ein paar dicke Scheiben von dem Brot abschneidet und auf einen Teller legt. Sie kocht eine Kanne Kaffee, holt sich einen Becher fettfreien Joghurt aus dem Kühlschrank und nimmt dann noch einen zweiten heraus, falls Tom auch Lust darauf hat. Sie hat gelesen, dass manche Männer während der Schwangerschaft ihrer Frau ebenfalls an Gewicht zulegen, und hofft, dass ihm das nicht passiert. Seine beiden Eltern sind wahre Brummer. Sie stellt alles auf ein Frühstückstablett, legt eine hübsche Stoffserviette dazu und trägt es zu ihm ins Wohnzimmer.
»Für jemanden, der gerade zum Hauptverdiener einer Familie geworden ist, bist du verdammt guter Laune«, bemerkt Tom, als sie das Tablett vor ihm abstellt.
Ach. Darüber hat sie noch gar nicht nachgedacht. Obwohl die Nachricht nicht gerade aus heiterem Himmel kam. »Es gibt Schlimmeres.« Sie bricht ein Stückchen von dem Brot ab und steckt es sich in den Mund. Mmmm. Das könnte sie den ganzen Tag lang essen.
»Vielleicht müssen wir das Haus aufgeben, Livvy«, sagt Tom mit ernster Miene. Er schüttet etwas Sahne in seinen Kaffee.
»Ich weiß.« Der Gedanke ist ihr in den letzten Monaten schon mehrfach durch den Kopf gegangen. »Vielleicht sollten wir es einfach verkaufen.«
Tom erstarrt. »Du wärst bereit, das Haus zu verkaufen? Ich dachte, du hängst so daran.«
Das tut sie auch. Fehlender Kamin hin oder her, es ist ihr Traumhaus. Sie hatten für die Anzahlung all ihre Ersparnisse zusammenkratzen müssen, und es ist bis oben hin mit Hypotheken belastet, aber sie wollte es unbedingt haben, und deshalb haben sie es gekauft. Sie träumte immer davon, dass es eines Tages von Kinderlärm erfüllt sein würde, und jetzt sind sie immer noch zu zweit, und die vielen Zimmer hallen von ihrer Einsamkeit wider. Wahrscheinlich kämen sie mit einem kleineren Haus gut zurecht, selbst mit Baby. Livvy hat keine Ahnung, wie viel sie für das Haus kriegen würden, aber die Preise sind gestiegen, seit sie es gekauft haben, selbst wenn momentan ein Käufermarkt besteht. Es ist mit nahezu allem Komfort ausgestattet, und sie haben es gut in Schuss gehalten. »Wenn wir einen Käufer finden, können wir die Hypotheken abbezahlen und uns nach etwas Günstigerem umsehen. Es muss überhaupt nicht schlechter sein.« Die Vorstellung, eine geringere monatliche Belastung zu haben, ist verlockend. Außerdem hätte ein kleineres Haus auch Vorteile. Es wäre gemütlicher.
Tom nickt und trinkt einen Schluck
Weitere Kostenlose Bücher