Je sueßer das Leben
einzuweihen in das, was ihr durch den Kopf geht. Bis vor gar nicht so langer Zeit dachte er, er sei am Ende seiner Kraft angelangt, aber wie es aussieht, ist noch etwas davon übrig.
Er ist neugierig auf Madeline, von der er schon viel gehört hat. Neulich hat er sogar ein Bild von ihr in der Zeitung gesehen. Am Telefon war sie freundlich, aber bestimmt und sagte ihm, er solle sich keine Sorgen machen und es wäre besser, Julia schlafen zu lassen. Sie klang, als duldete sie keinen Widerspruch, und er stellt sie sich als eine mit Nudelholz bewaffnete Frau vor, die sich zu wehren weiß. Als er den Teesalon betritt, sieht er Julia jedoch mit einer älteren Dame, die völlig erschöpft wirkt. Julia wirkt erleichtert, als sie ihn entdeckt, und er eilt ihr schnell zu Hilfe.
»Sie ist völlig fertig«, flüstert Julia, als Mark Madeline vorsichtig hochhebt. »Ich wollte sie gerade ins Bett bringen.«
»Wo ist das?«
»Oben. Folg mir einfach. Wir nehmen die Hintertreppe, dann sieht uns niemand.«
Mark tut wie geheißen und hält Madeline vorsichtig fest. Sie ist viel leichter, als er gedacht hätte. »Wo ist Gracie?«
»Sie schläft. Ich würde sagen, wir lassen sie einfach weiterschlafen. Ich wollte sie morgen sowieso nicht in den Kindergarten schicken, damit sie mit nach Barrett fahren kann. Wahrscheinlich ist es für sie von größerem erzieherischen Nutzen, dem Roten Kreuz zu helfen, als mit Knete zu spielen und Perlen zu sortieren.« Julia klingt müde und ernst.
»Da gebe ich dir recht, allerdings wird irgendjemand diese Perlen sortieren müssen«, sagt Mark nicht weniger ernst.
Julia unterdrückt ein Lachen, sie will Madeline nicht wecken. Mark grinst nur, während er Madeline die Treppe hochträgt.
»Außerdem spielt Hannah morgen Cello, und ich möchte nicht, dass Gracie das verpasst«, fährt Julia flüsternd fort. »Gracie kann es kaum erwarten, mit den Stunden anzufangen. Hannah meint, sie könnte gleich nächste Woche beginnen.«
»Gracie kriegt Cellounterricht?« Davon weiß Mark noch gar nichts.
Julia öffnet eine Zimmertür und lässt Mark hineingehen. Sie hebt die Bettdecke hoch, und Mark legt Madeline behutsam ab. Julia zieht ihr die Schuhe aus und deckt sie zu. Madeline murmelt im Schlaf: »Apfel-Streusel … Vanillesoße … zwei Rohrknie für den Abfluss …«, dann rollt sie sich zur Seite und grunzt einmal laut.
Julia deutet zur Tür. »Habe ich dir das nicht erzählt? Ich werde auch Unterricht nehmen.«
Das ist ihm genauso neu, aber er findet die Idee toll. »Daran würde ich mich garantiert erinnern. Soll ich vielleicht meine Trompete wieder rauskramen?«
Julia schließt die Tür zu Madelines Zimmer. »Machst du dich lustig über mich?«
»Aber nein! Ein Trio wäre doch eine schöne Sache. Zwei Celli und eine Trompete. Wir könnten damit auftreten und Geld verdienen. Ich bin ziemlich sicher, dass wir die Einzigen unserer Art wären.«
Sie boxt ihn leicht auf den Oberarm.
Am Forest-Zimmer angekommen, legt Julia einen Finger auf die Lippen und öffnet die Tür einen Spalt, so dass Mark hineinsehen kann. Gracie liegt lang ausgestreckt im Bett, die Decke hat sie von sich gestrampelt. »Ich habe ihren Schlafanzug mitgebracht«, sagt Mark. »Soll ich ihn ihr anziehen?«
»Nein, lass sie lieber schlafen.« Julia geht auf Zehenspitzen hinein und breitet eine dicke Wolldecke über Gracie. »Wir können nachher noch einmal nach ihr sehen.«
Mark geht mit ihr die Treppe hinunter. »Ich habe dir auch ein paar Sachen zum Wechseln mitgebracht. Eine Jogginghose und deine blaue Lieblingsbluse. Ich dachte, das ist bequemer, falls es hier noch länger dauert.«
»Noch länger? Ich schätze mal, ich werde mir hier die ganze Nacht um die Ohren schlagen. Aber danke, das ist sehr nett von dir.«
»Gerne.«
Sie stehen am Fuß der Treppe, auf einmal verlegen und ein wenig nervös.
»Also …«, sagt Julia.
»Also …«, wiederholt Mark. Er räuspert sich, dann sieht er an ihr vorbei ins Wohnzimmer. »Da drin geht es ziemlich zu, was?«
»Es ist unglaublich«, pflichtet ihm Julia bei. »Wir haben bereits dreihundert Brote, und es kommen dauernd neue dazu. Ich schätze mal, bis morgen früh werden es fünfhundert sein.«
»Wow, das ist eine ziemliche Menge.«
Julia grinst. »Und das steckt alles in einem Beutel Teig.«
Eine wie eine Punkerin gekleidete junge Frau mit schwarzen Haaren kommt aus dem Zimmer, einen Stift hinters Ohr geklemmt. Sie hält die Sprechmuschel des Telefons zu und sieht Julia
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