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Jede Sekunde zählt (German Edition)

Jede Sekunde zählt (German Edition)

Titel: Jede Sekunde zählt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lance Armstrong , Sally Jenkins
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gleich an und sagen ihm, dass er alle Termine absagen soll. Sie werden heute Ihre Kinder bekommen. Sie sollten jetzt nach Hause gehen und ein paar Sachen einpacken.«
    Kik rief mich an und fragte, ob ich meine Termine absagen könne.
    »Äh, ja, natürlich«, sagte ich.
    »Gut, wir bekommen heute nämlich die Zwillinge.«
    Sie fuhr nach Hause, kam zur Tür rein und sagte: »Pack unsere Sachen.« Dann blieb sie stehen, und wir grinsten uns an. Das sei das letzte Mal, meinte sie, dass wir so zusammen sein würden, nur wir, ohne eine ganze Horde Kinder um uns herum. Nachdem wir Kiks Eltern angerufen und gebeten hatten, Luke abzuholen, machten wir uns kichernd vor Aufregung daran, ein paar Sachen zu packen. Ich stand gerade mit einer Tasche in der Hand im Vorraum, als es an der Tür klingelte. Ich machte auf.
    »Zufallsdopingkontrolle«, verkündete die Frau.
    »Das ist doch ein Scherz, oder?«, sagte ich ungläubig.
    Sie hielt mir einen Zettel unter die Nase. »Das sind Ihre Rechte.«
    Ich stand einfach da, hilflos, sagte »Ha« und stellte die Tasche ab.
    Sie reichte mir das Papier.
    »Wissen Sie was?«, sagte ich zu ihr.
    Sie starrte mich an.
    »Bei meiner Frau haben die Wehen eingesetzt. Bitte beeilen Sie sich.«
    Sie schnappte nach Luft, drehte sich zu ihrem männlichen Begleiter um, der gerade den Fußweg hochkam, und rief: »Oh mein Gott, beeil dich, los, beeil dich schon.«
    Selbst wenn man sich beeilt, dauert eine Dopingkontrolle 15 bis 20 Minuten. Ich musste in einen Behälter pinkeln, von dem mein Urin in zwei andere Behälter umgefüllt wurde, anschließend musste der pH-Wert ermittelt werden, und dann gab es da noch jede Menge Formulare, die auszufüllen waren. Mir kam es vor, als wären es 50 Formulare. »Unterschreiben Sie hier, lesen Sie das«, und so weiter und so fort. Ich riss ihr die Unterlagen aus der Hand und schmierte unter jedes Blatt meine Unterschrift, währendKik mit ungläubig aufgerissenen Augen dastand, flehend, als ob sie jeden Moment platzen würde.
    Endlich hatten wir sie aus dem Haus. Ich schnappte Kik, brachte sie zum Wagen und fuhr sie ins Krankenhaus, wo schon ein Zimmer für sie vorbereitet worden war.
    Kurz darauf traf College ein, den wir angerufen hatten, um ihm die gute Nachricht zu übermitteln, in der Hand einen Tex-Mex-Lunch, den er sich zum Mitnehmen hatte einpacken lassen. College ließ sich in das Sofa in Kiks Zimmer fallen und öffnete sein Lunchpaket. Ich setzte mich zu ihm, wir schwatzten und aßen Chips mit Salsa. Kik und ich zogen College auf, weil er ein überzeugter Junggeselle war, und er riss seine Witze über uns. Er bezeichnete Luke als »Verführungskind«, weil er, wie College sagte, die Art Kind war, die einen dazu brachte, selbst eins haben zu wollen. »Wenn du keine Kinder willst«, meinte er, »bist du gut beraten, deine Freundin von Luke fern zu halten. Wer ihn sieht, glaubt, alle Kinder wären so großartig. Er schnappt sich deine Hand und will, dass du mit ihm spielst oder ihm was vorliest. Das Mädchen sieht das und denkt, alle Kinder wären wie Luke. Und bevor du dich versiehst, sagt sie: ›Liebling, warum bekommen wir nicht auch so ein Kind?‹ Dieser Luke ist ein Problemkind. Halte deine Freundin fern vom diesem Kind.«
    Kik, die wegen der bevorstehenden Geburt den ganzen Tag nichts essen durfte, wurde fast verrückt vor Hunger, als ihr der Geruch der Salsa in die Nase stieg. »Komm schon, College, gib mir fünf Chips. Nur fünf«, bettelte sie so lange, bis er ihr widerwillig fünf Chips in die Hand zählte.
    Eine Krankenschwester kam herein und wies Kik an, sich für die Epiduralanästhesie auf den Bauch zu legen. Die Schwester hielt eine Spritze mit einer unglaublich langen Nadel in die Höhe. College hatte so etwas noch nie gesehen. »Hey, College«, lachte Kik los, »könntest du dich zurückziehen, während ich das Ding hier gespritzt bekomme?« Wie von der Tarantel gestochen, sprang College auf und stürzte auf den Flur hinaus.
    Danach gingen wir in den Kreißsaal. Ich blieb bei Kik, um mit ihr unsere beiden Mädchen in Empfang zu nehmen. Die Geburt von Zwillingen ist komplizierter und aufwändiger als die von einem Kind, und entsprechend viel Personal war in dem Raum – Ärzte, OP-Schwestern und Neonatologen. Alles war irgendwie förmlicher, intensiver und angsteinflößender, aber schlussendlich verlief alles ganz problemlos, noch problemloser sogar als Lukes Geburt, zum Teil wohl, weil Kik so tapfer und stark war. Ich glaube, sie musste

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