Jeden Tag ein Happy End
ich denke, jetzt habe ich verstanden, wie ihr tickt und was euch antreibt – Sex, Geld, Fantasie, Fußball –, wird alles wieder über den Haufen geworfen. Wieso um alles in der Welt willst du über Melindas Hochzeit schreiben?«
Ich dachte, wir waren dabei, A. J. fertigzumachen.
»Meinst du wirklich, niemand kriegt mit, dass du total in diese Frau verliebt bist?« Hope wurde immer wütender. »Du erzählst immerzu davon, wie angespannt die Situation bei dir in der Zeitung im Moment ist, und dann rennst du los und setzt deinen Job einfach so aufs Spiel.«
»Ich setze doch nicht meinen Job aufs Spiel«, verteidigte ich mich und bekam es auf einmal mit der Angst zu tun, dass ich genau das tat.
»Sondern?«
Das war keine Frage, es war ein Vorwurf, und das nahm ich ihr übel. Ich tat das einzig Mögliche, um in Melindas Nähe zu sein. Wenn ich diesen Artikel nicht schrieb, hatteich keinen Grund, sie zu sehen. Und diesen Gedanken konnte ich nicht ertragen.
Das war der Grund.
Eigentlich kein besonders komplizierter Sachverhalt. Ich tat das, was sich richtig anfühlte. Selbst wenn es das absolut Falsche war.
»Vielleicht hat dir A. J. nichts von seinem Bereitschaftsdienst erzählt, weil er gerne kommen wollte und gehofft hatte, nicht gerufen zu werden«, sagte ich und empfand plötzlich viel Verständnis für Leute, die komplizierte Entscheidungen trafen.
Hope ließ sich auf ihr cremefarbenes Ledersofa fallen und stocherte in einer der trockenen Pasteten herum. »Meinst du wirklich?«
Es war zwar nur so eine Theorie von mir, aber ich blieb dabei. »Soweit ich das beurteilen kann – von dem, was du mir erzählt hast –, bist du ihm sehr wichtig.«
»Es ist so schwer, jemand Neuen kennenzulernen. Jemandem zu vertrauen. Ich weiß, du magst Melinda. Aber willst du deshalb wirklich ihre Verlobung platzen lassen?«
»Nein.« Wenn sie es so ausdrückte, nicht. »Aber ich will auch nicht der Typ sein, der sich für den Rest seines Lebens fragt: ›Was wäre gewesen, wenn …?‹ Wenn Melinda meint, sie begeht gerade einen Fehler, und sich anders entscheidet, dann werde ich deshalb kein schlechtes Gewissen haben. Möge der Bessere gewinnen.«
»Und was ist, wenn er der Bessere ist?«, fragte Hope leise und fügte hinzu: »Für sie zumindest?«
Darauf wusste ich keine Antwort. »Es macht mich glücklich, bei ihr zu sein«, sagte ich. Das war die Wahrheit und nichts als die Wahrheit. »Richtig, richtig glücklich.«
Hope seufzte und biss von der Pastete ab. »Und für wie lange?«
Böses Blut
G awker fiel schon über meinen Blog her und zerriss ihn in der Luft, bevor ich überhaupt richtig damit angefangen hatte. In ihrem Artikel hatten sie ihn ENDSTATION SCHEIDUNG getauft.
Gibt es einen traurigeren Beweis dafür, dass die Liebe tatsächlich tot ist? ›The Paper‹ erweitert die Hochzeitsberichterstattung um die dazugehörigen Trennungen. Dem Groschenromanschreiber – Verzeihung, dem Kolumnisten Gavin Greene – sind anscheinend die romantischen Kitsch-Storys ausgegangen, und er widmet sich deshalb in seinem neuen Blog den Beziehungen, die leider in die Brüche gegangen sind. Glückwunsch, Gavin. Berichtest du dann bald auch noch über den Versöhnungssex?
Ich wusste nicht, ob ich mich mehr darüber ärgerte, dass Fehlinformationen durchgesickert waren, oder über die Bezeichnung als Groschenromanschreiber.
Mein Telefon stand nicht mehr still. Von der ›New York Post‹ bis zu ›Entertainment Tonight‹ wollten alle wissen, ob ich tatsächlich eine Scheidungskolumne herausbringen würde. Dann fielen sie über mich her. Jeder High-Society-Scheidungsanwalt hatte plötzlich einen Pressesprecher und schlüpfrige Geschichten parat über irgendwelcheFrauentauschaktionen in Westchester und misslungene Penisimplantate.
Ich war den ganzen Tag damit beschäftigt, dankend abzulehnen und zu dementieren, obwohl ich eigentlich an meinem Artikel über zwei frühere Reality-Show-Kandidaten hätte schreiben müssen, die sich bei ›The Amazing Race‹ kennengelernt hatten. Um zwanzig Uhr dreißig saß ich immer noch am Schreibtisch, während Melindas Verlobungsparty in einem Stadthaus auf der Upper East Side bereits begonnen hatte.
Körperlich befand ich mich zumindest noch an meinem Schreibtisch, im Geiste stand Melinda jedoch in einem schwarzen trägerlosen Kleid vor mir, und ich schmiedete Pläne, wie ich sie kurz allein sprechen könnte. Solange ich nicht endlich hier wegkam, war das aber leider ausgeschlossen.
Ich
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