Jeden Tag, Jede Stunde
Käse überbacken und einen großen Salat, und Luka eine Portion Pommes. Sie trinken Wein, sie trinken immer Wein, wenn sie zusammen essen. Der Kellner grüßt Luka freundschaftlich und sieht Dora neugierig an, sagt aber nichts. Luka hat für den Empfang gesorgt, eine Vertretung gefunden, bald ist seine Schicht sowieso zu Ende. Er hat sich auch um Doras Zimmer gekümmert, ein schönes Zimmer hat er ihr gegeben. Mit Meeresblick natürlich. Er hat ihre Koffer aufs Zimmer gebracht und alles noch einmal selbst überprüft. Luka achtet gut auf seine Gäste. Und Dora ist mehr als ein Gast. Sie ist sein Leben.
Das Essen kommt schnell, sie sind die einzigen Gäste. Sie speisen schweigend. Es gibt viel zu verdauen. Es ist ein bemerkenswerter Tag, voller Überraschungen. Dora ist tatsächlich hungrig, ihre Gabel reist geschwind und unermüdlich vom Teller zum Mund. Luka isst, weil das Essen vor ihm steht, er hat eigentlich gar keinen Appetit. Er ist zu aufgeregt. Er muss sich auf sein Atmen konzentrieren, er muss daran denken, die Augen nicht zu schließen. Doras Anwesenheit macht ihm diese Aufgabe leichter, denn er muss sie ständig ansehen, um sicherzugehen, dass sie tatsächlich da vor ihm sitzt. Eigentlich kann sie es gar nicht sein, denn sie gehört zu einem anderen Leben, seinem richtigen Leben. Das es nicht mehr geben kann. Andererseits kann nur sie es sein, denn sie ist sein Leben, das richtige. Unterdessen isst Dora und sagt nichts und sieht ihn nicht an, und allmählich macht ihm das Angst.
Schließlich sind die Teller leer und weggeräumt. Endlich. Die zweite Flasche Wein ist bestellt. Dingač von der Halbinsel Pelješac, der beste Rotwein im Land. Luka gibt dem Kellner, der ihn immer noch fragend und Dora immer noch neugierig ansieht, das Zeichen, dass er den Wein selbst einschenken will. Das tut er auch. Sie nehmen ihre Gläser und heben sie, stoßen an. Ihre Blicke bleiben beieinander.
»So, und jetzt sag mir, dass das nicht wahr ist, dass das nur ein geschmackloser Scherz war. Schnell, sag es mir schnell.« Doras Stimme ist ruhig und beherrscht. Luka kennt sie, es ist ihre Arbeitsstimme. Gegen sie ist er machtlos. Und schon … »Und wage es ja nicht, in Ohnmacht zu fallen.« Wie gesagt, machtlos. Durch und durch. Durchschaut.
»Nein, das kann ich dir leider nicht sagen. Obwohl es nichts gibt, was ich lieber täte.« Lukas Stimme ist leiser als leise, und keiner weiß, wohin das führt.
»Ich verstehe das nicht. Im Februar waren wir noch zusammen und haben uns geliebt. Jetzt ist Mai, und du bist verheiratet. Warst du damals schon verheiratet?«
»Nein. Ich war damals nicht verheiratet. Damals wollte ich dich heiraten. Will ich immer noch. Du bist meine Frau.«
»Für immer und ewig. Ich weiß. Da gäbe es aber sicher eine, die damit nicht einverstanden wäre.« Keine Ironie. Keine Verzweiflung. Noch nicht.
»Trotzdem.«
»Mach, dass ich es verstehe. Ich muss es verstehen, sonst falle ich tot um.«
»Es ist einfach, und auch wieder nicht. Es ist eine lange Geschichte.« Luka trinkt einen Schluck Wein. Er ahnt, dass jetzt das kommt, wovor er am meisten Angst hat, wenn er alleine ist.
»Ich habe mindestens zwei Wochen Zeit.« Dora trinkt auch einen Schluck. Die große Vorbereitung.
»Sie ist schwanger.«
»Das ging aber schnell. Die lange Geschichte, meine ich. Aber das andere auch.« Sie trinkt ihr Glas leer. Sie schließt die Augen und lächelt.
»Sie heißt …«
»Ich will es nicht wissen!«
»Wir waren lange zusammen, früher, als ich noch studiert habe. In Zagreb. Dann haben wir uns getrennt. Im letzten Sommer bin ich dann nach Hause gekommen, und da war sie, hat auf mich gewartet. Es war nichts Ernstes. Ganz unverbindlich …«
»Das sehe ich.«
»… Ich hatte auch andere Frauen, sie hat nichts gesagt, auch wenn sie es gewusst hat, keine Ahnung.« Luka kann Dora nicht ansehen. Er fürchtet ihren Blick. Er stellt sich vor, wie sie aufsteht und ihn verlässt, und das wäre das Ende.
»Dann hatte ich die Ausstellung in Paris. Und da warst du. Ende der Geschichte. Es gibt nur dich. Solange ich dich kenne.«
»Aber sie ist schwanger!«
»Ja, von mir.«
»Bist du sicher?«
Luka schweigt. Was soll er dazu schon sagen!
»Wie konnte das passieren?«
»Das weißt du doch.«
»Habt ihr nicht verhütet?«
»Sie hat gesagt, sie nimmt die Pille.«
»Und du?«
»Ich habe keine Pille genommen.« Das kommt gar nicht gut an. Nein, ganz und gar nicht. Kein Sinn für Scherze. »Ich habe Kondome
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