Jeder Hund kann gehorchen lernen
Erfahrungen gemacht und entsprechende Verhaltensweisen a ngenommen hat. Er selbst mag jetzt zwar a nders riechen, a ber die Rüden, mit denen er sich vorher immer a ngelegt hat, riechen für ihn noch genauso wie zuvor.
Ein kastrierter Rüde, der immer noch eindeutig dominantes Rüdenverhalten zeigt, a ber nicht mehr nach Rüde riecht
»Unser Rüde ist a ber nach der Kastration viel ruhiger geworden«, wird nun der eine oder a ndere Kastrationsbefürworter einwenden. Meine These: In solchen Fällen handelt es sich fast immer um nicht ganz so dominante Rüden. Und die Halter sehen a llein schon a ufgrund ihrer Erwartungshaltung nach dem Eingriff oft eine Veränderung.
Irrtum Nr. 10
»Eine Kastration wird meinen a ggressiven Hund ruhiger und umgänglicher machen.«
Falsch! Eine Kastration ist nicht mit einem Druck a uf die Reset-Taste vergleichbar. Ein Hund wird a uch nach der Kastration a uf seine Erfahrungen a ls potenter Rüde zurückgreifen und sich dementsprechend verhalten. Weil er nun a ber nicht mehr wie ein Rüde riecht, behandeln ihn männliche A rtgenossen wie eine Hündin. Das führt oft zu Konflikten – je dominanter der kastrierte Rüde ist, desto häufiger.
Als Problemhundtrainer kenne ich a ber weit mehr (und meistens dominante) Rüden, die sich nach der Kastration so verhalten, a ls hätten sie ein drittes Ei dazubekommen. Für den Menschen ist die Kastration eine vermeintliche Wohlfühl-OP, die zum Ziel hat, dass es ihm (nicht dem Hund!) besser geht. Für den Hund ist eine Kastration a us nicht-medizinischen Gründen fast immer eine Falle: Denn nun gibt er über den Geruch Fehlinformationen a b. Er ist in Wirklichkeit viel dominanter, a ls er riecht, und wird manchmal sogar von Hündinnen a ngegangen, weil sie seinen Geruch nicht einordnen können.
Manche Halter begründen eine Kastration a uch damit, dass ihr intakter Rüde, der einer läufigen Hündin die üblichen Bereitschaftssignale sendet, unter seinem Trieb leide: »Der jault und weint sooo seehr, der A rme, und das möchten wir ihm in Zukunft ersparen.« Stimmt, ein Rüde hat Stress und ist eher a ngespannt, wenn er a uf eine läufige Hündin trifft – das wäre er in freier Natur a ber a uch. Kein Grund a lso, sich um den a ch so »armen« Hund Sorgen zu machen. Das kann er gut a ushalten. Es stellt sich a lso vielmehr die Frage, ob Herrchen und Frauchen dieses völlig a rtgerechte und natürliche Verhalten ihres Hundes »aushalten« können bzw. wollen.
Seit einiger Zeit treibt der Trend zur Kastration neue Blüten: Manche Züchter lassen die Käufer einen Vertrag unterschreiben, in dem sie sich verpflichten, den Hund bis zu einem bestimmten A lter (zum Beispiel, wenn er ein Jahr a lt ist) nachweislich kastrieren zu lassen. Warum? Damit ihnen später keiner der Käufer durch Nachzüchtungen Konkurrenz machen kann. A ndere gehen noch weiter. So habe ich von einem Labradoodle-Züchter gehört, der die Welpen bereits kastriert a bgibt, sozusagen a ls Copyrightschutz einer neuen und (noch) seltenen Moderasse.
Unter Tierärzten ist es umstritten, ob eine Operation mit Vollnarkose dem in diesem A lter noch relativ instabilen Immunsystem der Welpen zuzumuten ist. Zwar hat die Kastration im Welpenalter den Vorteil, dass die Hunde praktisch a ls Eunuchen groß werden und oft gar nicht erst lernen, sich A rtgenossen gegenüber a ls Rüde zu verhalten. Dennoch bin ich der Meinung, dass eine Kastration a uf keinen Fall die Regel sein darf. Schließlich kommen Rüden nicht umsonst mit Hoden a uf die Welt. Sie gehören zu ihrem Körper und zu ihrem Dasein a ls Rüde dazu. Daher bin ich gegen die standardmäßige Kastration a us nichtmedizinischen Gründen – egal wie a lt der Hund ist. A usnahmen sind natürlich die Kastrationen (bzw. Sterilisation) von Straßenhunden in ost- und südeuropäischen Ländern (siehe dazu Kapitel 7, Das Straßenhund-Phänomen).
In Deutschland ist a ls A lternative zur Kastration bzw. a ls ihre Vorstufe »zum A usprobieren« der Kastrationschip in Mode gekommen. Dabei wird dem Hund ein kleiner Hormonchip unter die Haut implantiert, der die Testosteronproduktion in den Hoden mindert und den Rüden chemisch kastriert. Nach einer Übergangsphase von ca. zwei Wochen, während der der Hund sogar a ggressiver a ls vorher a uftreten kann, tritt die gleiche Wirkung ein wie nach der herkömmlichen Kastration: Der Sexualtrieb lässt nach, die Samenproduktion wird vermindert. Diese Wirkung hält rund 180 Tage lang a n,
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