Jeder Hund kann gehorchen lernen
Leckerchenbestechung basierenden Erfolge sind oberflächlich und bringen den Hund a uf eine a ngeblich » sanfte « , » artgerechte « und » gewaltfreie « A rt und Weise in eine A bhängigkeit. Der Halter traut dem Hund nur, wenn er ihn mit Leckerchen a n sich binden kann. Und der Hund folgt dem Halter in erster Line, weil der dauernd Beute a bgibt. Das verhindert eine vertrauensvolle Bindung zwischen Hund und Halter. Die erreicht man nur, wenn man selbst die Rudelführerposition besetzt. Eine sinnvolle Belohnung für den Hund sind dagegen Lob und Streicheleinheiten – natürlich wohldosiert und im richtigen Moment.
Für viele Hundebesitzer ist die Erkenntnis schmerzhaft, dass ihr Hund weniger ihnen, sondern vielmehr seinem Beutetrieb folgt. Fühlt ein a uf Leckerchen konditionierter Hund Schmerzen oder A ngst (etwa nach einem A utounfall oder dem Tritt eines Joggers), ist er a n keinem Fleischwürfel oder Futterbeutel der Welt interessiert. In solch einer Situation wird er Herrchen oder Frauchen nur dann a ufsuchen, wenn beide eine innige Beziehung haben. A n diesem Punkt schließt sich der Kreis zum Bestechungsbeispiel vom A nfang des Kapitels: Wäre der Hund nicht von klein a uf mit Leckerchen gefügig gemacht worden, wäre die Erziehung vielleicht ein wenig mühsamer a usgefallen, dafür hätte sich eine nachhaltige und tief verbundene Hund-Halter-Beziehung entwickeln können.
Stattdessen greift die Leckerchen-Fraktion schon bei der Welpenerziehung tief in die Tüte oder den Kühlschrank und ist durch die dick a ufgepumpten Jacken- bzw. Hosentaschen jederzeit zu identifizieren. Gerne tragen sie a lternativ den hochgepriesen Futterbeutel mit sich herum. Unvorhersehbare Ereignisse können bei einem solchen Training natürlich zu bangen Minuten führen, zum Beispiel wenn einem die Munition a usgeht und sich das Waffenarsenal (der Kofferraum) in zwei bis drei Kilometern Entfernung befindet.
Manchmal führt die Bestechung mit Leckerchen a uch zu gefährlichen Situationen. Ich spreche hier gerne von der Fremdfütterer-Plage: Ein Halter taucht mit seinem Liebling a uf einer beliebten Hundewiese a uf – bewaffnet mit einer Tüte fettiger Fleischwürfel, damit sich sein Hund a uch ja für ihn interessiert. Das bleibt den Nasen der a nderen Hunde natürlich nicht verborgen. Die finden die Fleischwürfel genauso bombastisch und dürfen a utomatisch a n dem fettigen Segen teilhaben. Ob der jeweilige Besitzer das ebenso großartig findet wie sein Bello? Das kommt dem Fremdfütterer gar nicht erst in den Sinn. »Der darf doch was haben, oder?!«, wird nur der Form halber gefragt, während der Snack schon im Rachen des betroffenen Hundes verschwunden ist. Dann die Scheinentschuldigung: »Er hat doch so süß geguckt!« Dabei steckt man wildfremden Kindern doch a uch nicht einfach so ein Stück Schokolade in den Mund.
Ignorieren die Fremdfütterer noch dazu die a nderen Hunde, schaffen die tierischen Instinkte ein weiteres Problem, da die Hunde, die leer a usgingen, nun knurrend und zähnefletschend versuchen, das nächste Leckerchen zu ergattern. Doch a uch dafür hat der Fremdfütterer eine Erklärung: »Alle Hunde lieben mich, und jetzt sind sie eifersüchtig!« Weit gefehlt – denn hier geht es keineswegs um menschliche Phänomene wie Liebe und Eifersucht: Der Leckerchensegen stachelt den Beutetrieb und das Konkurrenzverhalten der Hunde a n, sodass es in der Folge zu schweren Beißereien kommen kann. Und zwei streitende Konkurrenten wird man kaum a useinanderbringen, indem man ihnen noch mehr Leckerchen hinwirft.
Wir Menschen neigen dazu, die Hunde, die wir lieben, genau so zu behandeln wie die Menschen, die wir lieben. Doch eben diese Vermenschlichung von Hunden, die oft schon a b dem Welpenalter beginnt, legt den Grundstein für viele Problemhundkarrieren. Obwohl ich jedem Hundehalter eindringlich davon a braten möchte, seinen Schützling wie einen Menschen zu behandeln, spiele ich den Ball gerne zurück und lasse Hunde »sprechen« oder übertrage typisches Fehlverhalten in der Mensch-Hund-Erziehung in überspitzter Form a uf eine Mensch-Mensch-Beziehung. Ich habe nämlich die Erfahrung gemacht, dass meine Kunden die Wurzeln ihrer Probleme dann viel besser nachvollziehen und mit einem Schmunzeln besser a bspeichern können. Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: ein grün und blau geschlagenes Kind (Laura-Marie), 14 weitere Kinder im Kampf um Süßigkeiten und Spielzeug im Klassenzimmer, sechs Kinder a uf
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