Jeder Hund kann gehorchen lernen
Propeller hin- und herbewegten. Das seien Hunde, erklärte mir Oma Margarete, ich müsse keine A ngst vor Hunden haben, a ber ich dürfe a uf keinen Fall einen a nfassen, wenn kein Erwachsener dabei sei. A uf diese Weise versuchte Oma Margarete, mir Respekt vor Hunden zu vermitteln, ohne mir A ngst zu machen.
Genauso gut hätte sie mich a uf diesen Spaziergängen a uch mit einer Tüte Gummibärchen oder Bonbons a blenken können, immer in der Hoffnung, dass sie bereits durch das Rascheln der Tüte meine A ufmerksamkeit a uf sich zieht. Sie hätte der Sorge, ich könnte beim A nblick eines »Wauwau« erschrecken oder – noch schlimmer – mich ihm a us Neugier nähern, immer wieder mit einem Bonbon vorbeugen können.
Zum Glück brauchte meine Oma Margarete keine Gummibärchen und Bonbons. Sie wollte mich nicht reflexartig a blenken. Sie wollte, dass ich durch Worte und Gesten verstehe und lerne. Wenn ich »Danke« zu ihr sagte, weil sie mir drei Groschen schenkte, wurde ich mit warmer Stimme gelobt. Und ich spürte ihre Hand, die meinen Kopf streichelte. Positive Verknüpfung – a uch ohne Süßigkeiten.
Bei Unwetter stand Oma Margarete a m geschlossenen Fenster und schaute hinaus. Ich hatte A ngst, wenn es blitzte und donnerte. Doch meine Neugier und die Beobachtung, dass meiner Oma so nah a m Fenster nichts Schlimmes passierte, zog mich mehr und mehr in ihre Nähe. Bei ihr a ngekommen, erklärte sie mir Blitz und Donner: Weil ich so schön »Danke« sagen könne, wolle mich der liebe Gott fotografieren, und dazu brauche er eben genügend Licht. Oder: Weil die Wolken sich schon mal uneinig seien, welche a ls Erste regnen dürfe, höre man sie am Himmel streiten.
Das klang logisch, a lso zuckte ich jedes Mal weniger zusammen, wenn es blitzte und donnerte, und mit der Zeit verflog meine A ngst komplett. Oma Margaretes Gewitter-Erklärungen wirken sich bis heute a us: Ich gebe die Hoffnung nicht a uf, unter freiem Himmel einen Blitz zu fotografieren. Ein Privileg. A ndere sitzen während eines Unwetters in einer schallisolierten Kammer, müssen Gummibärchen oder Bonbons futtern und können diese Situation a uch nicht diskutieren, weil das Rascheln von Omas Süßigkeitentüte a lles übertönt.
Sie verstehen sicherlich, worauf ich mit meinem Oma-Margarete-Prinzip hinauswill: Die Gummibärchen und Bonbons, die meine Oma nicht benutzte, sind die Leckerchen, die heute schon in der Welpenerziehung fast standardmäßig a ls A blenkungsmanöver zum Einsatz kommen. Menschen mit einem riesigen »Futterbeutel« voller A blenkungsmanöver sind hilflos und einfallsarm.
Deshalb brauchen wir mehr Menschen, die engagiert und einfallsreich wie Oma Margarete sind, und weniger Leckerchen.
Kapitel 2
Populäre Erziehungsfehler vermeiden
Die Eingewöhnungsfalle
» Och, der ist doch noch sooo klein, da darf man doch mal eine A usnahme machen, oder? « Sätze wie diesen höre ich in meinem Traineralltag immer wieder. Zugegeben: Es ist wirklich schwer, einem süßen kleinen Knäuel von Hund zu widerstehen, wenn er einen putzig a nschaut. Man nimmt Rücksicht, entschuldigt vieles, lässt den neuen Mitbewohner gewähren – und steckt ihm obendrein hier und da ein Leckerchen zu. Durchaus verständlich – und doch ein Fehler! Konsequente Hundeerziehung kennt keine A usnahmen. Das gilt nicht nur in Sachen Leckerchen-Bestechung.
Wenn ein Welpe permanent fiept, heißt es zum Beispiel oft: »Ach, lass ihn doch erst mal zwei bis drei Wochen machen, was er will! Der Kleine vermisst bestimmt seine Mutter. Und schwupps! – sitzt der Fiepser a uf dem Schoß oder a uf dem Sofa. »Ist ja gut, wir sind bei dir.« Wenn Sie das öfter machen, haben Sie den Salat, denn Ihr Welpe wird fortan immer wieder fiepen – bis Sie ihn a uf den Schoß lassen. Das gleiche Muster zieht er dann a uch in a nderen Situationen durch. Die Folge: Sein Verhalten wird konditioniert. Im schlimmsten Fall fiept Ihr Hund später immer, wenn er etwas machen oder haben möchte, a ber nicht zu seinem »Recht« kommt. Das Essen steht a uf dem Tisch? Will ich haben, a lso fiepe ich. Ein a nderer Hund bellt vor der Tür? Ich will raus und mit ihm spielen, a lso fiepe ich. Ich soll im Restaurant unter dem Tisch liegen? Frauchens Schoß ist viel bequemer, a lso fiepe ich. Und so weiter. Jetzt ist klar, warum es für einen Welpen, egal wie süß, verlassen oder traurig er a ussehen mag, keine mehrtägige oder gar mehrwöchige »Eingewöhnungsphase« geben darf, oder? Das
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