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Jeder kann mal Robin sein

Jeder kann mal Robin sein

Titel: Jeder kann mal Robin sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lotte Betke
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ehe sie fortfuhr: »Wir müssen abwarten. Wir können nicht eingreifen, es sei denn, es gäbe eindeutige Anzeichen dafür, daß das Kind schwer mißhandelt wird. Leider liegen bei uns gerade einige derartige dringende Fälle vor.«
    Tine kniff die Lippen zusammen und starrte auf den Boden. »Oma hat es gerade gesagt. Muß ein Kind denn erst gehauen werden, ehe ...« Sie schluckte. »Ehe ...« Ihre Stimme versagte.
    Die beiden Frauen sahen einander an.
    Es dauerte eine Weile, ehe Frau Beck den Faden wiederaufnahm. »Ich glaube, ich verstehe dich, Tine. Kein Erwachsener darf das Recht haben, ein Kind zu schlagen. Aber wenn wir jeden Fall untersuchen wollten, wo das geschieht... Trotzdem, ich nehme die Sache ernst und werde mich sobald wie möglich um Lilly kümmern. Ist das in Ordnung?«
    Tine nickte.
    Nachdem Frau Beck die Adresse der Dresslers notiert hatte, verabschiedeten sich Oma und Tine.
    Schweigend ging Tine neben Oma her. Sie konnte sich nicht recht über den rieselnden Schnee freuen.
    Plötzlich blieb Oma stehen und legte den Kopf in den Nacken.
    Tine hob den Kopf. »Was machst du denn?«
    »Siehst du doch!« Oma streckte die Zunge heraus. »Ich mach mir gute Laune und nasche Schnee. Die ersten gefallenen Flocken schmecken am besten.«
    »Oma, hör auf, die Frau vor uns hat sich schon nach uns umgedreht.«
    »Laß sie doch!« Oma fing sich die nächste Flocke. »Auf der Beratungsstelle wurde mir inwendig ganz grau«, fuhr Oma fort. »Dagegen muß man was tun.«
    »Aber Frau Beck hat uns doch versprochen ...«
    »Gott sei Dank! Kannst mir glauben, mir sind auch mindestens drei Steine vom Herzen gefallen, Tine, daß wir’s hinter uns haben. Und jetzt wollen wir uns ein bißchen was Gutes antun, damit wir auf andere Gedanken kommen. Es nützt der Lilly auch nichts, wenn wir Trübsal blasen. Sag mal, siehst du irgendwo eine Bäckerei?«
    »Da drüben, glaub ich. Aber wir müssen uns beeilen, Oma, gleich machen die Läden zu.«
    »Dann lauf schon voraus. Ich bin ein bißchen außer Puste.«
    Oma holte ihre Geldbörse und gab Tine einen Schein. »Kauf, was Max und dir schmeckt. Und mir bring was Salziges. Ich bin ganz verliebt in eure Brezen hier in Bayern.«
    Tine mußte lachen. »Ich finde, du bist ziemlich oft verliebt, Oma.«
    »Na und? Ist doch schön! Im Augenblick bin ich ganz verliebt in diesen herrlichen Neuschnee. Hoffentlich schneit es noch lange.«



Das rote Auto

    Als Tine zwei Tage später von der Schule nach Hause kam, hörte sie schon auf dem Flur, daß Oma Besuch hatte. Sie horchte an der Tür des Wohnzimmers und hörte Frau Becks Stimme: »Als ich nach Lilly gefragt habe, sagte die Mutter, das Kind sei verreist. Und als ich fragte, wohin, bekam ich zur Antwort, es sei bei einer Tante. Die Frau wirkte seltsam befangen.«
    »Sie hat Lilly bestimmt versteckt.« Tine riß die Tür auf. »Sie müssen einfach mal überall in der Wohnung rumgucken.«
    »Aber Tine!« Oma schüttelte den Kopf. »Sag doch erst mal guten Tag!«
    »Guten Tag.«
    »Guten Tag, Tine.« Frau Beck schüttelte ihr die Hand. »Ja, Tine, wenn das so einfach wäre, Wohnung durchsuchen. Vorläufig kann ich nichts anderes tun, als weitere Erkundigungen über die Familie Dressier einzuziehen. Vor allem bin ich auf Ihre Beobachtungen angewiesen, Frau Teichmann. Und natürlich auf deine, Tine. Du wirst bestimmt Augen und Ohren weiterhin offenhalten, nicht wahr?«
    Oma nickte. »Darauf können Sie sich verlassen. Sie müssen wissen, daß Tine einer Räuberbande angehört, edle Räuber, versteht sich, die mächtig auf Draht sind.«
    »Um so besser.« Frau Beck stand auf. »Also, Tine, sobald ihr etwas merkt, gebt Zeichen, ja?«
    »Machen wir!«
    Nachdem Frau Beck gegangen war, trat Oma zum Fenster und schaute in den rieselnden Schnee hinaus. Tine lehnte sich an sie.
    »Ich glaube«, Oma legte ihr den Arm um die Schultern, »ich glaube, daß ihr Robinianer noch eine Menge Gelegenheit haben werdet, Zeichen zu geben.«
    Oma ahnte nicht, wie recht sie behalten sollte. Zunächst passierte nichts. Sooft Tine und Max auch an Dresslers Tür horchten, es blieb still.
    Es mochte etwa eine Woche vergangen sein, als Tine und Judy die Rosenstraße entlangbummelten. Ausnahmsweise schneite es nicht, statt dessen umhüllte dichter Nebel Häuser und Bäume.
    Vor dem Haus Nr. 33 blieb Judy stehen. »Tschüs, Tine. Und vergiß nicht, morgen ist Greenwood-Treffen. Demnächst wird Gisbornes Steuereinnehmer durch den Hohlweg am Bach reiten. Wir müssen uns

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