Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jeder kann mal Robin sein

Jeder kann mal Robin sein

Titel: Jeder kann mal Robin sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lotte Betke
Vom Netzwerk:
stehen.
    Oben in der Wohnung hängten die Jungen ihre Anoraks auf und standen verlegen auf dem Flur herum. Sie waren schließlich Feinde.
    Oma schob sie vor sich her in die Küche. »Setzt euch an den Tisch!« Gleich darauf kam sie mit zwei Paar dicken Socken in die Küche.
    »Hier, zieht trockene Strümpfe an! Gleich gibt’s heißen Holundersaft.«
    Es dauerte nicht lange, da saßen die drei friedlich beieinander.
    Oma hatte sich Kaffee gekocht. Auf dem Tisch stand ein Teller mit Lebkuchen und einer mit Butterbroten. Schwer zu sagen, wer kräftiger zulangte, der Maulwurf oder der Greenwood-Späher. Beim Anblick der mampfenden Jungen gewann Oma ihr Gleichgewicht wieder. So ein Hin und Her aber auch! Sie hatte inzwischen aus dem Wohnzimmerfenster gesehen. Das rote Auto stand tatsächlich wieder vor dem Haus.
    Aber im Augenblick konnte sie nichts unternehmen. Um diese Zeit war Frau Beck nicht mehr zu erreichen. Morgen würde die Telefoniererei wieder losgehen.
    Der fremde Junge hielt ihr den Becher hin.
    Oma füllte ihn und beugte sich ein wenig vor. »Und nun möchte ich wissen, wer sich so wunderbar mit unserem Max geprügelt hat.«
    Der Junge hörte auf zu essen. »Ich bin ein Astro«, erklärte er.
    »Und wie heißt du, wenn du kein Astro bist? Ich meine, zu Hause?«
    »Da heiß ich Kalli.«
    »Und weiter?«
    »Beermann.«
    »Aha. Kalli Beermann. Und ich dachte schon, du wärst vielleicht ein Spanier oder Italiener. Weil du so schöne schwarze Augen und Haare hast.«
    Kalli fuhr sich mit der Hand durch das wildgelockte Haar. »Die hab ich von meiner Mama. Die Augen auch. Sie kommt aus Polen. Aber mein Papa ist deutsch. Er hat Semmelhaare, sagt Mama. Meine Mama tanzt spanisch. Das ist ihre Nummer. Die heißt La Galamba. Papa ist Feuerschlucker.«
    »Interessant. Aber greif zu! Sonst läßt Max dir keine Lebkuchen übrig.«
    Kalli nahm drei Stück auf einmal, und während er kaute, erzählte er weiter: »Ich hab auch ’ne Nummer. Aber jetzt bin ich hier bei meiner Tante. Papa sagt, ich muß was lernen. Deshalb geh ich hier in die Schule. Aber ich übe jeden Tag, weil ich sonst meine Nummer verliere.«
    Omas Augen leuchteten. »Und wo sind deine Eltern?«
    »In Hamburg. Auf dem Dom. Ganz großes Geschäft, schreibt mein Papa. Aber in zwei Tagen kommen sie her. Mit dem Wohnwagen. Dann arbeiten wir hier auf dem Weihnachtsmarkt.«
    »Wunderbar!« rief Oma begeistert. »Als Kind wollte ich auch zum Zirkus. Aber daraus ist leider nichts geworden.«
    Max saß mit aufgerissenen Augen da. Er konnte bloß noch staunen. Einmal behauptete Oma, sie könne hexen, und jetzt tat es ihr leid, daß sie nicht zum Zirkus gegangen war. Und was fiel ihr überhaupt ein, diesem Astro seine Socken zu geben und ihn mit Lebkuchen vollzustopfen? Nicht genug damit, jetzt forderte sie ihn auch noch auf, seine Nummer zu zeigen. Und er sollte mit Oma den Küchentisch beiseite schieben, damit dieser Astro genug Platz hatte.
    Und er mußte mit ansehen, wie Oma das Schwarzauge anfeuerte, als er mit erhobenen Armen langsam in die Knie ging, sich rückwärts beugte, sich mit den Handflächen abstützte, so daß er wie ein Flitzbogen aussah, und seinen Kopf zwischen den gespreizten Beinen hindurch nach vorn streckte. Wie konnte man auch ahnen, daß es bei diesen Astros so einen Schlangenmenschen gab. Und daß Oma, seine Oma, darüber ganz aus dem Häuschen geriet!
    »Und diesem Jungen, der so tolle Sachen kann, dem ziehst du einfach den Gummischuh aus, Max!« Oma sah ihn vorwurfsvoll an.
    Das war zuviel. Max sprang auf. »Wenn ich doch Späher von Greenwood bin! Und der schleicht sich an wie ’n Maulwurf. Wie sollte ich ihn sonst zu fassen kriegen?« Empört rannte er aus der Küche.
    »Max!« Oma lief ihm nach. »Wo steckst du denn? Komm raus da aus der Ecke. Ich hab’s ja nicht böse gemeint. Na, komm!«
    Max quetschte sich noch tiefer in die Flurecke, aber Oma holte ihn einfach raus, gab ihm einen Kuß und zog ihn mit sich.
    Mitten auf dem Flur blieben sie beide plötzlich stehen. Eine tiefe Männerstimme war im Treppenhaus zu hören.
    Max flitzte zur Wohnungstür, preßte den Kopf an die Tür und winkte Oma. »Horch mal!«
    Nebenan klappte die Haustür. Stille.
    Inzwischen war Kalli neu bestrumpft und beschuht aus der Küche getreten und trippelte ungeduldig hin und her.
    »Was ist?« fragte Oma. »Mußt du mal?«
    »Nein, ich muß nach Hause. Sonst schimpft meine Tante.«
    »Dann lauf!« Oma gab ihm die Hand. »Und paß auf beim Üben, daß du

Weitere Kostenlose Bücher