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Jeder stirbt für sich allein

Jeder stirbt für sich allein

Titel: Jeder stirbt für sich allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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hab's ihm ja angemerkt. Und das war nicht nur wegen des Briefes, den er schreiben sollte. Wenn ihm heute was passiert, werde ich mir ewig Vorwürfe machen! Da kommt Otto ...
    Aber es war nicht Otto, der aus dem Hause kam, es war eine Dame, die an Anna, sie scharf ansehend, vorüberging.
    Hat die mich eben argwöhnisch angesehen? Es kam mir beinah so vor. Ist was im Hause passiert? Otto ist schon
    lange drin, sicher zehn Minuten! Ach was, das weiß ich doch von vielen Malen: Wenn man so wartend vor einem Hause steht, kommt einem die Zeit immer endlos vor.
    Gottlob, da ist Otto wirklich!
    Sie wollte auf ihn zugehen - und sie blieb stehen.
    Denn Otto war nicht allein aus dem Hause gekommen, sondern er war begleitet von einem sehr großen Herrn, der einen schwarzen Mantel mit Samtkragen trug und dessen eine Gesichtshälfte von einem riesigen großen Feuermal mit wulstigen Narben entstellt war. In der Hand trug dieser Herr eine dicke schwarze Aktentasche. Ohne ein Wort miteinander zu sprechen, gingen die beiden an Anna, der das Herz vor Schreck stehengeblieben war, vorüber, in der Richtung auf den Winterfeldtplatz zu. Sie folgte ihnen mit fast versagenden Füßen.
    Was ist da schon wieder passiert? fragte sie sich angstvoll. Was ist das für ein Herr, der mit Otto geht? Kann das einer von der Gestapo sein? Er sieht schrecklich aus mit diesem Feuermal! Sie sprechen kein Wort miteinander - o Gott, hätte ich Otto nur nicht zugeredet. Er tat, als kennte er mich nicht, es muß also Gefahr sein! Diese unselige Karte!
    Plötzlich hielt es Anna nicht mehr aus. Sie ertrug die
    qualvolle Ungewißheit nicht länger. Mit einer bei ihr ganz seltenen Entschlossenheit überholte sie die beiden Herren und blieb stehen. «Herr Berndt!» rief sie und reichte Otto die Hand. «Das ist gut, daß ich Sie treffe! Sie müssen sofort zu uns kommen. Wir haben einen Rohrbruch in der Wasserleitung, die ganze Küche schwimmt schon ...» Sie brach ab, sie fand, der Herr mit dem Feuermal sah sie sehr sonderbar an, so spöttisch, so verächtlich.
    Aber Otto sagte: «Ich komme dann gleich zu Ihnen. Ich will nur den Herrn Doktor zu meiner Frau bringen.»
    «Ich kann auch allein vorangehen», sagte der Mann mit dem Feuermal. «Von-Einem-Straße 17, sagten Sie?
    Schön. Ich hoffe, Sie kommen bald nach.»
    «In einer Viertelstunde, Herr Doktor, spätestens in einer Viertelstunde bin ich auch da. Ich werde erst mal nur den Haupthahn abstellen.»
    Und zehn Schritte weiter preßte er den Arm Annas mit einer ganz ungewohnten Zärtlichkeit gegen seine Brust.
    «Das hast du großartig gemacht, Anna! Ich wußte doch nicht, wie ich den Kerl loswerden sollte! Wie bist du denn auf die Idee gekommen?»
    «Wer war das? Ein Arzt? Ich dachte, es wäre einer von der Gestapo, und konnte die Ungewißheit nicht länger ertragen.
    Geh langsamer, Otto, mir zittern jetzt alle Glieder.
    Vorhin habe ich nicht gezittert, aber jetzt! Was ist denn geschehen? Weiß er was?»
    «Nichts. Sei ganz ruhig. Er weiß gar nichts. Nichts ist geschehen, Anna. Aber seit heute früh, seit du mir gesagt hast, wir sollten zu deinem Bruder gehen, bin ich ein schlechtes Gefühl nicht losgeworden. Ich hab gedacht, es sei wegen des Briefes, den ich mir doch einmal vorgenommen hatte. Und wegen der Langeweile bei den Heffkes. Aber jetzt weiß ich, es war, weil ich immer das Gefühl hatte: Heute passiert noch was. Heute gehe ich lieber nicht aus dem Bau ...»
    «Es ist also doch was passiert, Otto?»
    «Nein, gar nichts. Ich sagte dir doch schon, daß nichts passiert ist, Anna. Ich komme also die Treppe hoch und will grade meine Karte ablegen, habe sie in der Hand, da kommt dieser Mann aus seiner Wohnung gerannt. Ich sage dir, Anna, er lief so, er hätte mich fast über den Haufen gerannt. Ich hatte keine Zeit, die Karte wieder wegzustek-ken. rief er mich gleich an. Nun, du weißt ja, ich habe die Angewohnheit, mir immer den Namen von jemand im Hause nach den Schildern am Eingang zu merken. , sage
    ich. sagt er wieder. Nun, was blieb mir da weiter übrig, als zu schwindeln? Ich sagte ihm, du seiest krank, und er solle doch bei uns vorbeikommen. Gottlob erinnerte ich mich an den Namen Von-Einem-Straße. Ich dachte, er würde sagen, er kommt abends oder morgen vormittag, aber er rief gleich:     Kommen Sie mit, Herr Schmidt!> - Ich habe mich Schmidt

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