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Jedes Kind ist hoch begabt: Die angeborenen Talente unserer Kinder und was wir aus ihnen machen (German Edition)

Jedes Kind ist hoch begabt: Die angeborenen Talente unserer Kinder und was wir aus ihnen machen (German Edition)

Titel: Jedes Kind ist hoch begabt: Die angeborenen Talente unserer Kinder und was wir aus ihnen machen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Hüther , Uli Hauser
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Laubsauger im Herbst und das Surren der Rasenmäher im Frühling. Dies muss in Kauf nehmen, wer hier wohnt.
    Doch eines T ages hatten die Erzieherinnen die Geduld der Nachbarn ausgereizt. Sie wollten auf ihrem Grundstück, dort, wo Rasen ist und Johannisbeeren wachsen, ein Häuschen errichten lassen, eine Krippe für 15 Kinder bis zu drei Jahren. Jedes mindestens so laut wie Moritz. Und jedes Kind hat Eltern mit schönen großen Wagen. Anfahrt, Abfahrt, das bringt zusätzlich Unruhe in die Tempo-30-Zone. Das mögen viele Menschen nicht. Kinder ja, aber leise sollen sie sein. Nicht herumschreien. Nicht toben. Keinen Krach machen. Es reichten eine Anwohnerversammlung und das Drohen mit Klage, und der Plan war erst einmal vom Tisch. Und Moritz machte die Erfahrung, dass seine Freude am Entdecken dort endet, wo Erwachsene ihre Ruhe haben wollen. Ihre Claims längst abgesteckt haben und keinem Scharmützel aus dem Weg gehen, um ihre Interessen durchzusetzen.
    Moritz soll zum Leisetreter werden, weil die Großen nicht ertragen, dass er sich ein wenig umschauen will. Auf den paar Quadratmetern im und hinter dem Kindergarten, selbst dort, wo Bäume stehen. Nur angucken, nicht anfassen: So lernt der kleine Moritz früh, ein Störenfried zu sein. Er soll die Rente sichern, nicht aber über Zäune klettern. Die große weite Welt entpuppt sich als ein Käfig. Das ist das Bild, das Moritz mitnimmt ins Leben. Wenn er sich bewegt, schreit ein anderer gleich: Stopp! Man könnte ihm auch eine Leine um den Hals legen.
    Was Moritz und seine Freunde im Hamburger Vorort erleben, erfahren Deutschlands Kinder jeden Tag. Dass sie Räume erobern wollen, die ihnen nicht offen stehen. Dass sie stören, wenn sie spielen. Dass sie fehl am Platz sind. In den Städten, wo die meisten Kinder wohnen, ist die Nutzung jedes Quadratmeters definiert, jede Fläche hat eine Funktion. Mit dem Bau von Luxuslofts für Singles lässt sich mehr Geld verdienen als mit Gärten für Kinder. So entstehen auch Kindergärten zunehmend dort, wo die Mieten preiswert sind: an Ausfallstraßen. Neben vierspurigen Trassen. Kinder, das ist die Erfahrung, haben in den Städten nichts verloren und nichts zu suchen.
    Und so werden Kinder heute schnell zu Bittstellern: In einem Schreiben von » Laura und ihren Freundinnen« an die Kinderbeauftragte der Stadt München heißt es: » Wir schreiben Dir, weil wir in unserem Hof immer geschimpft werden und immer leise sein müssen. Wir dürfen nicht Rad fahren, nicht Inliner und Ballspielen schon gar nicht. PS : Erwachsene sagen immer Ausdrücke. Bloß wir müssen die Klappe halten.«
    In Deutschland leben heute sechs Millionen weniger Kinder als in den 1960er Jahren. In kaum einem anderen europäischen Land kommen weniger Kinder auf die Welt. Man kann lange durch die Städte ziehen, ohne ein Kind zu sehen. Sie sitzen zu Hause oder in einem Auto auf dem Weg zu irgendeiner Aktivität, die vor der Haustür fast nicht mehr möglich ist. » Die Großen«, sagt der kleine Moritz, » schimpfen immer nur. Ich weiß aber nicht, warum.«
    Deutschland ist das Altenheim Europas. Das Durchschnittsalter beträgt derzeit 44,2 Jahre, jeder fünfte Deutsche ist über 65. Der Trend wird sich in den nächsten Jahren noch verschärfen, die Bevölkerung bis 2050 um zehn Prozent schrumpfen.
    Die Fakten sind hart für Deutschlands Kinder. Sie sind hart für Deutschlands Eltern und sie werden hart für die Zukunft des ganzen Landes. Je weniger Kinder geboren werden und je schneller die Bevölkerung altert, desto stärker werden die Belange der Kinder an den Rand gedrängt. Deutschlands Kinder sind in der Minderheit. Die so oft beklagte demographische Entwicklung gefährdet nicht nur die Finanzierung der künftigen Renten und Pensionen; sie verändert das tägliche Miteinander und das gesellschaftliche Klima. In einer Gesellschaft, in der Kinder wahlweise als Rarität bestaunt oder als Störfall beargwöhnt werden, verläuft Kindheit jenseits aller gelassenen Normalität. Und Eltern wie Kinder fühlen sich bedrohlich allein gelassen.
    In England hat jetzt ein erster Ort ein Kinder-Verbot verhängt. In Firhall Village in der Nähe des 11 000-Einwohner-Städtchens Nairn kann nur wohnen, wer älter als 45 Jahre ist und keine Kinder unter 16 Jahren hat. Enkelkinder dürfen ihre Großeltern nur jeweils zwei bis drei Wochen in Folge und höchstens insgesamt drei Monate im Jahr besuchen. Investoren wollen weitere kinderfreie Dörfer errichten, auch in

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