Jeier, Thomas
Pequot-Indianer in Mashantucket, Connecticut. Über 7200 Spielautomaten und 380 Spieltische garantieren Milliardenumsätze. Ein Viertel des Gewinns an den Automaten geht an den Staat Connecticut. Auch ein erfolgreiches Riesencasino wie Foxwoods kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der »New Buffalo« nur wenigen Reservaten den großen Reichtum gebracht hat. Die meisten Reservate liegen abseits der Touristenstraßen, und es fehlt an der nötigen Infrastruktur. Dennoch hat der Casino Boom eine drohende Katastrophe verhindert. Zumindest ein Teil der Einnahmen floss innerhalb der Reservate in den Bau von Krankenhäusern, Schulen und Gemeinschaftszentren, dank monatlicher Schecks an die Bewohner, bewahrte der »New Buffalo« zahlreiche Familien vor dem endgültigen finanziellen Ruin. Der zu erwartende Profit ließ selbst traditionelle Stammesführer die Verträge für Casinos unterschreiben, lediglich im Navajo-Reservat zögerte man viele Jahre lang. Erst 2008 rang man sich zum Bau eines Casinos durch.
Alkohol und Drogen
Neben der Spielsucht, die bereits zahlreiche Indianer in den Ruin getrieben hat, gehört der Konsum von Drogen und Alkohol zu den größten Problemen in den Reservaten. Keine Rolle spielt dabei, ob der Ausschank von Alkohol erlaubt ist, wie im Blackfeet Reservat in Montana, oder ob er untersagt ist, wie im Pine Ridge Reservat in South Dakota. »Die Häufigkeit von Verbrechen ist relativ konstant, egal, ob ein Reservat ›nass‹ oder ›trocken‹ ist«, sagt Mitch Pourier vom Bureau of Indian Affairs in Billings, Montana. »Da es direkt außerhalb der Reservate genug Schnapsläden gibt, macht es keinen großen Unterschied, außer, dass die Einnahmen an Geschäfte außerhalb des Reservats gehen. Die Zahlen unterscheiden sich kaum.« Im Blackfeet Reservat sterben genauso viele Menschen in durch übermäßigen Alkoholgenuss verursachten Unfällen wie bei den Northern Cheyenne.
Pine Ridge ist besonders vom Alkoholproblem betroffen. Acht von zehn Familien haben Probleme mit Alkohol und Drogen. Ein hoher Prozentsatz von Babys wird mit dem Fetal Alcohol Syndrome (FAS) geboren, haben nachweisbare Schäden durch Alkohol davongetragen, weil die Mütter während der Schwangerschaft alkoholsüchtig waren. Traurigen Ruhm erlangte die winzige Gemeinde Whiteclay mit nur 22 Einwohnern im angrenzenden Nebraska. Sie verdankt ihre Existenz lediglich dem Verkauf von Alkohol an die Indianer. Die Stammespolizei hatte keine Befugnis, jenseits der Grenzen von Pine Ridge einzugreifen, und die nächste Dienststelle der Nebraska Police befindet sich im 20 Meilen entfernten Rushville. Erst seit 2005 erlaubt ein Abkommen mit dem Staat Nebraska der Stammespolizei, auch in Whiteclay einzugreifen.
Die Gründe für die Alkoholsucht sind vielschichtig. Angeführt werden genetisch-biologische Merkmale bei Indianern, die eine größere Wirkung von Alkohol hervorrufen, die fatale wirtschaftliche Lage in den Reservaten und die mangelnde Perspektive und grenzenlose Hoffnungslosigkeit in vielen Familien. Neun von zehn Notrufen in Pine Ridge haben mit Alkohol zu tun. Die ebenfalls viel zu häufig gemeldete häusliche Gewalt ist eine direkte Folge des Alkoholmissbrauchs. »Driving under the influence« (DUI), das Autofahren unter dem Einfluss von Alkohol, gehört zu den häufigsten Vergehen von Jugendlichen. Anti-Sucht-Programme schaffen keine wirkliche Abhilfe, nur eine bessere Ausbildung, mehr Stellenangebote und staatliche Hilfe könnten auf Dauer wirklich helfen. »Aber es ist nicht damit getan, dass sich Präsident Bush eine Federhaube aufsetzt und mit unseren Häuptlingen posiert«, bringt es Jenny Parker, eine Cheyenne-Indianerin, auf den Punkt. »Es müssen Hilfsprogramme her, die wirklich greifen! Leider hat sich auch in dieser Hinsicht kaum etwas geändert. Indianer gehen selten zur Wahl. Deshalb will von uns niemand etwas wissen.«
Rückbesinnung auf die Tradition
Einen Ausweg aus der eher bedrückenden Gegenwart bietet die Rückbesinnung auf alte Traditionen. Bei den Pow-wows, den indianischen Tanzfesten, und in der Kunst blicken selbst progressive Schriftsteller, Musiker, und bildende Künstler in die Vergangenheit. In einem Vorort von Rapid City treffe ich Sonja Holy Eagle, eine der bekanntesten Künstlerinnen der Lakota. Sie empfängt mich in ihrem Atelier, einer umgebauten Lagerhalle in einem Industrieviertel. Hier bemalt sie indianische Trommeln und Büffelhäute mit traditionellen und folkloristisch
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