Jeier, Thomas
Souveräne anvertraut hat.« Von Gott und der Regierung abgesegnet sei ihr Recht, die Eingeborenen zu vertreiben oder auszurotten, und selbst inhumane Methoden wurden als legitimes Mittel geduldet, diese göttliche Vorsehung zu erfüllen. Ein Massaker, das sinnlose Abschlachten von meist unbewaffneten Männern, vor allem aber Frauen und Kindern, wurde in den Verlautbarungen der Weißen zu einem gerechten Vergeltungsakt an heidnischen Wilden, die sich der Besiedlung der Neuen Welt in den Weg stellten und gottesfürchtige Menschen daran hinderten, ihre Bestimmung zu suchen. Unaufhaltsam drangen die europäischen Einwanderer von der Atlantikküste ins Ohio Valley vor, rotteten ganze Stämme wie die legendären Mohikaner aus und vertrieben Splittergruppen anderer Stämme wie der Delawaren nach Westen, wo sie sich anderen Stämmen anschlossen und ihre Identität verloren.
Der Krieg gegen die Indianer, von Regierung und Kirche gleichermaßen vorangetrieben, wurde zu einem Genozid gigantischen Ausmaßes, der durch grausame Massaker und Massentötungen gekennzeichnet war. Die Angaben der zwischen 1492 und 1900 getöteten Indianer schwanken zwischen zwei und zehn Millionen Menschen. Die Ermordung von unbewaffneten und hilflosen Männern, Frauen und Kindern und die systematische Ausrottung ganzer Dörfer durch heimtückische Überfälle und der Ausbruch ansteckender Krankheiten gehörten zum Alltag der 300 Jahre dauernden Indianerkriege. Hätte es damals schon eine Genfer Konvention gegeben, wären die Kolonialmächte und später auch die Vereinigten Staaten wegen zahlreicher Verstöße gegen das Völkerrecht geächtet worden. Allein eine Aufzählung der Massaker würde mehrere Seiten füllen.
Doch die Massaker wurden nicht allein von Weißen begangen. Auch die Indianer unterjochten ihre Feinde und suchten die weißen Eindringlinge zu vertreiben. Vor allem gegen die Bewohner einsam gelegener Ranches und Farmen gingen die Krieger mit großer Grausamkeit vor, und wer den kriegerischen Irokesen oder Apachen in die Hände fiel, hatte einen qualvollen Tod am Marterpfahl oder auf einem Ameisenhaufen in der erbarmungslosen Wüstensonne vor sich. Im offenen Kampf und in der Schlacht spielten für die Indianer jedoch Begriffe wie Ehre und Mut eine wesentlich größere Rolle als bei den Europäern, und es kam sogar vor, dass die Krieger darauf verzichteten, einen Feind, der sich durch besondere Tapferkeit ausgezeichnet hatte, zu skalpieren oder zu massakrieren, so geschehen mit Lieutenant Colonel George Armstrang Custer, dessen Leichnam während der legendären Schlacht am Little Bighorn nicht wie die anderen Toten verstümmelt wurde.
Größere Massaker seitens der Indianer, also brutales Abschlachten von Unschuldigen im großen Stil, kamen fast ausschließlich während der Kolonialkriege im 17. und 18. Jahrhundert vor, als sich Engländer und Franzosen mit einzelnen Indianerstämmen verbündeten, um gemeinsam gegen andere Stämme vorzugehen. Am 26. Mai 1637 überfielen die Engländer unter Captain John Underhill und die verbündeten Mohegan und Narragansett ein großes Dorf der Pequot im heutigen Connecticut, verbrannten die Bewohner bei lebendigem Leibe und töteten die Überlebenden, insgesamt etwa 600 Männer, Frauen und Kinder. Am 5. August 1689 griffen 1500 mit den Engländern verbündete Irokesen die kleine Siedlung Lachine an und ermordeten ein Viertel der fast 400 Bewohner. Am 8. Februar 1690 zerstörten Franzosen und Algonkin ein Dorf in New York und töteten 60 weiße Siedler, darunter zahlreiche Frauen und Kinder. Nach der Schlacht bei Fort William Henry am 5. August 1757, die auch von James Fenimore Cooper in Der letzte Mohikaner beschrieben wird, töteten Franzosen und Algonkin über 100 gefangene Engländer.
Massaker am Conestoga River
Als »Conestoga Massacre« wird eines der ersten Massaker von Weißen an Indianern in den Geschichtsbüchern geführt. »Solange die Sonne scheint oder Wasser in die Flüsse fließt« hatte William Penn, der Gründer des Staates Pennsylvania, den letzten Susquehannock seinen Schutz versprochen. Von den ursprünglich über 2000 Susquehannock lebten nur noch 23, die anderen waren bereits an den von europäischen Siedlern eingeschleppten Krankheiten gestorben. Weil sich die Überlebenden in eine Siedlung am Conestoga River zurückgezogen hatten, nannte man sie »Conestoga-Indianer«. Dank ihres freundlichen Umgangs waren sie bei den meisten Weißen beliebt.
Zu Beginn des 18.
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