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Jemand Anders

Jemand Anders

Titel: Jemand Anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kabelka
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Wunder bei einem gestressten Typen mit Herzkreislaufbeschwerden. Vielleicht hat er sich ja auch mit seiner hübschen jungen Freundin übernommen …“
    Sie packt den vollen Wäschekorb. An der Tür dreht sie sich noch einmal um.
    „Außerdem: Er hatte nachweislich keine ungewöhnlichen Substanzen im Blut. Alles klar?“
    Sie schließt die Tür hinter sich. Ich höre ihr heiseres Lachen auf dem Gang.
    Nochmals spule ich das Band im Bildsuchlauf zurück: Reicherts verzerrte Visage ... seine ruckartigen Bewegungen ... das Glas, das sich immer mehr füllt ... Reginas Rücken ... die Dose auf dem Tresen ... die Hand, die sie entführt ...
    Schade, dass sich das Videobild nicht vergrößern lässt wie ein Foto. Aber vermutlich würde das auch nicht viel helfen. In Blow-Up , dem Kultfilm von Antonioni, wurde es einem vor Augen geführt: Irgendwann löst das künstlich Aufgeblasene sich auf in unzusammenhängende Punkte, zersetzt die Körnigkeit des Films jede Kontur. Die einer Hand zum Beispiel; ob männlich oder weiblich, ist dann nicht mehr auszumachen. Und selbst mit modernster Videotechnik ließe sich Reginas Rücken nicht wegradieren; nicht ohne auch das zu löschen, was sich dahinter abspielt.
    Was gedenkt denn der große Detektiv herauszufinden?
    Ja, was bringt mich überhaupt dazu, Fragen zu stellen wie ein Kriminalbeamter? Mich in andere hineinzudenken, anstatt mich um mein eigenes ramponiertes Hirn zu kümmern? Er hatte nachweislich keine ungewöhnlichen Substanzen im Blut. Aber muss man unbedingt eine ungewöhnliche Substanz im Blut finden, um Verdacht zu schöpfen? Braucht es wirklich Gift, um ermordet zu werden? So eine Kapsel lässt sich doch ohne weiteres öffnen und mit allem Möglichen füllen.
    Was, wenn nicht etwas hinzugefügt, sondern weggelassen wurde?
    Wenn das Präparat, das du schluckst, keinen Wirkstoff enthält und trotzdem hilft, spricht man vom Placebo-Effekt. Aber was, wenn dadurch Schaden entsteht? Weil das Blut nicht verdünnt, der erhöhte Blutdruck nicht gesenkt wird ...
    Wirres Zeug! Wer in aller Welt sollte auf solch abstruse Art morden wollen? Wer hätte überhaupt die Möglichkeit, dem Opfer zur richtigen Zeit die falschen Kapseln unterzujubeln, das heißt genau dann, wenn der Patient am dringendsten auf die Wirkung der echten Medikamente angewiesen ist? Und das in aller Öffentlichkeit, an der Theke eines Fitnessstudios bei laufender Videoüberwachung? Wer nimmt ein solches Risiko in Kauf, wenn nicht einmal garantiert ist, dass es dadurch zum Exitus kommt? Außerdem müsste so ein Austausch öfters passiert sein. Du stirbst nicht, bloß weil du einmal keine Medizin bekommst …
    Andererseits: Jemand hat im Firmencomputer nach Betablockern gegoogelt, so viel steht fest. Und um den Wirkstoff zu ersetzen, bräuchte es null Fachkenntnisse: Dafür würde schon ein bisschen Staubzucker reichen.
    Was es allerdings bräuchte, wenn all das überhaupt Sinn machen sollte: ein Motiv.

6. April 2010
    Um die Kranzl hast du dich aber vor deinem Unfall sehr intensiv gekümmert ...
    Ich bin nicht sicher, was Furat mir damit sagen will. Er übertreibt ja ständig, doch dieses Mal klingt es eindeutig zweideutig.
    Jedenfalls hat er mich auf eine Idee gebracht. Ich suche Iris Kranzls Nummer heraus und rufe sie an. Bitte sie um eine Unterredung, ich hätte da ein paar Fragen bezüglich ihres verstorbenen Freundes, die nur sie mir beantworten könne. Sie zögert kurz, dann willigt sie ein.
    Wir treffen uns im Café Kornblume in Arndorf, wie sie es vorgeschlagen hat, fünfzehn Kilometer entfernt von Treibern.
    „Grüß dich“, sage ich und beiße mir im selben Moment auf die Lippen. Schnelles Fraternisieren ist sonst nicht meine Art. „Schön, dass Sie kommen konnten!“
    „Was jetzt – du oder Sie?“ Sie verzieht spöttisch den Mund. „Darf ich dich darauf aufmerksam machen, dass wir schon eine ganze Weile per du sind!“
    Okay, soll mir auch recht sein. Mittlerweile bringen mich solche Fehlleistungen nicht mehr aus der Ruhe. Ihr Parfum schon eher. Welch ein Duft! Woher kenne ich ihn nur? Reginas Duftwässerchen haben allesamt eine herbere Note.
    Die Kellnerin mustert mich wortlos. Ich bestelle Kaffee, Iris nimmt Tee mit Zitrone. Wir sind alleine in der Stube.
    „Entschuldige, dass ich so darauf gedrängt habe“, sage ich. „Aber es ist ... na ja, ich glaube, es könnte wichtig sein für mich.“
    „Wichtig!“, wiederholt sie. Es hört sich schnippisch an. „Ich habe deinen Anruf viel früher

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