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Jene Nacht im Fruehling

Titel: Jene Nacht im Fruehling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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erblickten sie ein hübsches kleines Mädchen, das nicht älter als acht sein konnte. Seine goldbraunen Locken waren tadellos frisiert und es trug ein wunderhübsches weißes Kleid, das vorn mit kleinen Rosen bestickt war und weiße Strümpfe und Schuhe.
    »Hallo, Miss Lisa«, sagte Mike. »Bist du nicht ein bißchen zu fein angezogen für ein Picknick? Wo hast du denn das schöne Kleid her?«
    »Von Bergdorfs natürlich«, erwiderte das Mädchen selbstgefällig, »der einzige Laden, in dem man in New York einkaufen kann.«
    »Na, na — du wirst mir doch kein Snob werden!« sagte Mike.
    Dieser Vorwurf schien das Mädchen jedoch nicht zu erschüttern. Es sah seinen Onkel kokett an, streckte ihm ein Bein hin und sagte: »Aber die Schuhe habe ich bei Lamstons gekauft«, ihm den Namen eines beliebten New Yorker Kaufhauses für preiswerte Massenartikel nennend.
    Lachend hob Mike da das Kind vom Boden auf, vergrub das Gesicht an dessen Hals und machte dort geradezu ordinäre Geräusche. Das schien ein Angriffssignal für alle hier zum Picknick versammelten Kinder zu sein, denn sie kamen nun hinter Felsblöcken und Bäumen und aus den entferntesten Winkeln des Parks herbei, um alle auf einmal über Mike herzufallen. Ein kräftiger kleiner Junge eroberte sein linkes Bein und setzte sich auf seinen Fuß, während sich zwei offensichtlich eineiige Zwillinge seines rechten Beines bemächtigten. Mike hielt Lisa mit einem Arm fest, während sie immer wieder triumphierend rief: »Ich habe ihn zuerst entdeckt!« und die anderen Kinder daran zu hindern suchte, auf Mikes Schultern, Rücken und Kopf zu klettern. Innerhalb kürzester Zeit hing eine dicke Traube von Kindern an ihm wie die Bienen an ihrer Königin.
    Lachend schaute Samantha ihm nach, wie er, beladen mit johlenden und jauchzenden Kindern, zu den Picknicktischen ging.
    Als noch vier Kinder herbeigelaufen kamen und enttäuschte Gesichter machten, weil sie nicht einen Quadratzentimeter an Mike entdecken konnten, der nicht bereits belegt war, sagte Mike: »Holt euch Sam.«
    Samantha wurde es nun angst und bang, als die Kinder, grinsend wie kleine Kobolde, auf sie zurannten. Sie drückte das Baby an ihre Brust, hielt die Hände schützend über seinen Kopf und wich vor den Kindern zurück, als sähe sie sich einem Rudel Wölfe gegenüber.
    Als sie sich dann alle vier an sie hängten, war sie dieser Last nicht gewachsen und ging zu Boden. Doch im nächsten Moment wurde sie von einem Paar kräftigen Armen wieder hochgehoben. Nachdem sie ihren Schrecken überwunden hatte, drehte sie den Kopf zur Seite, um ihrem Retter in die Augen zu schauen - in Augen, die Mike hätten gehören können, wenn da nicht etliche Fältchen gewesen wären.
    »Ian Taggert«, stellte sich ihr Retter vor, als stünde er ihr in einem Ballsaal gegenüber, statt sie auf seinen Armen über eine Wiese zu tragen. »Mikes Dad«, setzte er überflüssigerweise hinzu. »Und wen halten Sie da im Arm?«
    »Keine Ahnung«, antwortete sie, auf das Baby hinunterblickend.
    »Und Sie wollen das Kind nicht mehr hergeben?«
    Samantha wurde feuerrot, als ihr bewußt wurde, daß sie das Baby immer noch so fest an sich drückte, als müßte sie es mit ihrem Leben gegen ein gefährliches Raubtier verteidigen. Sie ahnte es zwar nicht, aber mit dieser Geste eroberte sie sich für immer einen Platz im Herzen von Mikes Vater. Ian hatte bisher keine von Mikes Freundinnen leiden können, weil sie immer so um ihre Kleider besorgt waren und fürchteten, sich schmutzig zu machen. Aber diese da gefiel ihm.
    »Du mußt dir schon dein eigenes Mädchen suchen«, sagte Mike in diesem Moment und nahm seinem Vater die Last ab.
    »Du wirst mich jetzt sofort loslassen, hörst du?« zischte sie Mike ins Ohr, als er sie nun zu einem Picknicktisch trug, wo sich bereits seine unzähligen Verwandten versammelt hatten, um Samantha in Augenschein zu nehmen.
    Nach den ersten zwanzig Minuten bemühte Samantha sich nicht mehr, sie alle im Kopf zu behalten, sondern war froh, in dieser Menge wenigstens ein paar ihr vertraute Gesichter zu sehen: Raine, Blair und Vicky, die es schaffte, sogar noch in Jeans elegant auszusehen. Und natürlich waren für sie auch Mikes Mutter - eine ungewöhnlich hübsche Frau, wie Sam feststellte -, Mikes Schwester Jeanne, die ihre Wohnung neu eingerichtet hatte, und Mikes ältester Bruder Frank keine gänzlich Unbekannten mehr. Frank sah wie alle Männer der Taggert-Familie aus, war jedoch ein Beispiel dafür, wie die Mimik

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