Jene Nacht im Fruehling
und verschwand in seinem Wohnzimmer.
Zitternd von dem Gerangel mit ihm, zitternd von dem allen, was sie gehört hatte, stieg Samantha langsam die Treppe wieder hinauf.
5
Als Samantha das Apartment ihres Vaters betrat, war ihr erster Impuls, einen Koffer zu packen, aber sie tat es nicht. Sie fühlte sich so schrecklich müde. Sie schloß die Tür hinter sich, klemmte einen Stuhl unter deren Klinke, nahm ihn wieder fort und ging zu Bett.
Doch sie konnte nicht schlafen, obwohl sie sich nach Kräften bemühte, nicht an ihren Vater und dessen Testament zu denken. Es nützte alles nichts.
Um drei Uhr morgens stand sie auf und begann nach dem Testament ihres Vaters zu suchen. Sie hatte es absichtlich nicht gelesen, weil sie nicht die Einzelheiten seiner post-mortem-Bedingungen erfahren und nicht wissen wollte, wie sie seiner Meinung nach ihr Leben nach seinem Tod einrichten sollte.
Sie fand das Testament unter anderen Papieren und setzte sich an den Schreibtisch, um es zu lesen. Der Anwalt ihres Vaters hatte ihr alles gesagt, was in dem Testament stand, und ihr lediglich die Klausel unterschlagen, daß sie ihre Ermittlungsergebnisse einem gewissen Michael Taggert vorlegen müsse, und wenn dieser besagte Taggert bestätigte, daß sie die ihr aufgetragene Aufgabe, Nachforschungen anzustellen, gewissenhaft erfüllt habe, ihr Erbe in Besitz nehmen könne - das Geld, das sie eigentlich ohne einschränkende Bedingungen hätte bekommen müssen.
Samantha war zunächst versucht, das Dokument in tausend Stücke zu zerreißen, doch sie wußte sich zu beherrschen, strich das Papier glatt und legte es zu den anderen Dokumenten. Ihr Vater war tot. Sie war zu seinen Lebzeiten nie wütend auf ihn gewesen, und sie hatte nicht die Absicht, ihm jetzt, wo er verstorben war, zu zürnen. Sein Wunsch, daß sich jemand nach seinem Tod um sie kümmern sollte, war doch ein Beweis dafür, daß er sie geliebt hatte. Was spielte es da für eine Rolle, daß Samantha den Mann, dem diese Aufgabe übertragen wurde, gar nicht kannte: Es genügte doch, daß ihr Vater diesen Michael Taggert gekannt und für gut befunden hatte. Genauso wie er damals Richard Sims begutachtet hatte und ihn als ihren Mann gebilligt hatte.
Samantha ging ins Badezimmer hinüber, nahm ein langes, heißes Duschbad und wusch sich das Haar. Als sie ins Schlafzimmer zurückkam, fühlte sie sich schon besser. Sie zog eine graue Baumwollhose und einen langen, weiten pinkfarbenen Pullover an, kämmte das Haar straff nach hinten, band es im Nacken zusammen und legte sogar ein bißchen Make-up auf. Draußen war es noch dunkel, aber die Morgendämmerung mußte jeden Augenblick hereinbrechen, und in der Erwartung des ersten Tageslichts trat Samantha hinaus auf den Balkon und atmete den Duft der Rosen ein, der vom Garten heraufkam.
Als sie ein Geräusch hörte, das sie nicht zu identifizieren vermochte, blieb sie einen Moment regungslos stehen und lauschte. Es war das Klappern einer Schreibmaschine, auf der jemand mit zwei Fingern tippte. Als sie das Geräusch erkannte, mußte sie lächeln. Sie hatte schon seit Jahren keine mechanische Schreibmaschine mehr klappern hören.
Sie wußte, daß sie eigentlich in ihren vier Wänden bleiben und ihre Koffer packen sollte, tat es aber nicht. Statt dessen ging sie zur Wohnzimmertür, öffnete sie und stieg die Treppe hinunter.
Es war nicht schwer, das Geräusch der Schreibmaschine zu seiner Quelle zurückzuverfolgen. Michael saß in der Bibliothek, in der es bis auf eine Lampe auf dem Schreibtisch dunkel war, und er hämmerte auf eine alte Schreibmaschine ein - ein Modell, auf dem schon die Frontberichterstatter im Zweiten Weltkrieg geschrieben haben mußten. Er benutzte seine beiden Zeigefinger zum Tippen und bearbeitete die Tasten mit einem Kraftaufwand, der vermuten ließ, daß er sich über irgend etwas ärgerte.
Da verließ Samantha der Mut, und sie schickte sich an, den Raum wieder zu verlassen.
»Wenn Sie etwas zu sagen haben, dann sagen Sie es«, erklärte Mike, ohne sich umzudrehen.
»Mein Großvater Cal war der Vater meines Vaters«, sprudelte Samantha heraus. »Er war ein wunderbarer Mann, und ich kann nicht glauben, daß er es nicht war.«
Als Mike sich nun nach ihr umdrehte, nahm sie betroffen zur Kenntnis, wie müde er aussah. Offenbar hatte er in dieser Nacht genauso wenig geschlafen wie sie.
»Glauben Sie, was Sie wollen«, sagte er, kehrte ihr wieder den Rücken zu und spannte ein neues Blatt in die Maschine ein.
»Warum
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