Jenny heftig in Noeten
Mauer, auf der Lauer‹ sangen. Als Kanon. Im Morgengrauen!«
Scott und ich sahen fasziniert zu, wie Steve den Zeigefinger auf Trina richtete. Ich muss zugeben, er war echt gut. Sein Adamsapfel hüpfte wie wild auf und ab.
»Und warum?«, fragte er niemand Bestimmte, möglicherweise aber auch uns alle. »Weil meine Exfreundin mich angebettelt hat. Mich angebettelt hat, in ihren bescheuerten Scheißchor einzutreten. Also bin ich eingetreten. Und dann muss ich feststellen – natürlich zu spät, weil ich schon in diesem beschissenen Bus sitze –, dass meine Exfreundin gar nicht mitfährt. Ich muss also drei Stunden in diesem Bus hocken, mich anschließend in meinem dämlichen Leihsmoking auf eine Bühne stellen und der bescheuerten Miss Kentucky – die uns übrigens scheiße fand – etwas vorsingen. Weißt du was, Trina? Ich steige aus.«
Und um seine Entscheidung zu unterstreichen, warf Steve den Kleidersack mit seinem Smoking auf den Boden und trampelte darauf herum.
»Ich mach nicht mehr mit!«, brüllte er. Die übrigen Troubadours, die aus dem Bus stiegen und das Gebrüll hörten, starrten Steve und Trina genauso verblüfft an wie wir. Ich sah Kwang mit seinem PalmPilot und Jake Mancini mit seiner Tuba und Karen Sue Walters, die ziemlich sprachlos aussah und ihr rotes, schlaff am Bügel hängendes Paillettenkleid in der Hand hielt.
Mr Hall war inzwischen auch ausgestiegen und sah mit einem Ausdruck blanken Entsetzens zu, wie sein bester Bariton auf seinem Leihsmoking von Deluxe Tux rumtrampelte.
»Ich steige aus«, brüllte Steve. »Mit Theater-AG und Musicalchor ist jetzt Schluss, Trina. Es ist aus. Ich hab es satt, in AGs einzutreten, bloß um dich bei Laune zu halten. Ab jetzt mach ich, was ich will.« Er hörte auf, auf dem Smoking herumzutrampeln, und starrte sie wütend an. Seine Brust hob und senkte sich, so schwer atmete er. »Nächstes Jahr spiele ich Baseball.«
Alle Augen waren auf Trina gerichtet, um zu sehen, wie sie darauf reagierte. Meine inbegriffen.
Trinas Darbietung enttäuschte uns nicht. Sie hatte nicht umsonst neben Steve sämtliche weiblichen Hauptrollen gespielt. Sie schleuderte ihre langen, seidigen Haare nach hinten und streckte die Arme aus.
»Alles, was du willst, mein Liebster«, sagte sie. »Ich liebe dich.«
Steve stieß einen Schrei voller Verzweiflung und tief empfundener Liebe aus, rannte auf sie zu, riss sie in die Arme und presste seine Lippen auf ihre… zur großen Befriedigung des Publikums.
Vielleicht mit Ausnahme von Mr Hall. Der wandte sich ab und stürmte zu seinem Wagen, ohne sich von irgendwem zu verabschieden.
Es war ziemlich klar, dass Trina nun doch nicht mit Scott und mir nach Hause fahren würde. Ich hatte nichts dagegen. Das Schauspiel entfesselter Leidenschaften, das sie uns gerade geboten hatten, hatte mich etwas verstört. So ein heftiges Rumgezüngel hatte ich nicht gesehen, seit… nein, eigentlich hatte ich so etwas noch nie gesehen.
Scott war anscheinend weniger geschockt. Na ja, wenn ich an die ganzen Herzchen ins Geris Taschenkalender dachte… Jedenfalls war er noch in der Lage, zu sprechen.
»Was ich dich fragen wollte, Jen«, sagte er, als wir in unsere Straße einbogen. »Wegen dir und Luke…«
»Wir sind nur Freunde.« Das brachte ich gerade noch über die Lippen, ohne zu stottern. Darin hatte ich Übung.
»Ja«, sagte Scott. »Ich weiß. Ich meine, ich weiß, dass du das allen Reportern sagst. Aber jetzt frage ich dich.«
»Wir sind nur Freunde«, wiederholte ich noch einmal. Diesmal sagte ich es allerdings anders. Ich drehte Scott den Kopf zu und sah ihn an. Und ich erkannte, dass es keine beiläufige Frage gewesen war. Scott wollte es wirklich wissen.
»Ich weiß «, sagte Scott. Er sah, keine Ahnung, einen Moment lang dachte ich, er sah aus, als wäre er… wütend.
Aber warum war er wütend auf mich? Was hatte ich ihm denn getan?
»Aber es ist wahr«, sagte ich, weil ich nicht wusste, was ich sonst hätte sagen sollen.
Da waren wir auch schon vor unserem Haus angekommen, wo sich sofort die übliche Reportermeute auf Scotts Auto stürzte und Mikrofone durch das Fenster auf der Beifahrerseite steckte – das Fenster, an dem ich saß.
»Miss Greenley? Miss Greenley, stimmt es, dass Sie in Luke Strikers nächstem Film die weibliche Hauptrolle spielen?«
»Scott?« Ich sah ihn besorgt an. Was hatte er bloß?
Vielleicht hatte ich mir seine schlechte Laune auch bloß eingebildet, denn im nächsten Moment lächelte er mich an
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