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Jenseits der Alpen - Kriminalroman

Jenseits der Alpen - Kriminalroman

Titel: Jenseits der Alpen - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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mitgenommen hat.« Er hob die Zeichnung über den Kopf. Details waren deutlich zu erkennen. »Dieses Gesicht könnte ihren Mörder zeigen. Die Zeugin sagt aus, dass er Norddeutscher ist.«
    »Volltreffer!«, rief Werzmirzowsky aus, nachdem er vor die Tür gegangen war und mit seiner Dienststelle telefoniert hatte.
    Ottakring hatte ihn noch nie so aufgeschlossen erlebt. Werz strahlte über das ganze Gesicht.
    »Mein LKA bestätigt die Übereinstimmung der DNA auf der Handtasche mit der der Leiche.«
    Ottakring hatte es erhofft, ja sogar erwartet. Dies war endlich ein Durchbruch! Die Bestätigung untermauerte die Aussage von Selmas Freundin, die Waller von seiner Dienstreise in Italien durchgegeben hatte. Klassischer konnte eine Beweisführung nicht verlaufen.
    Doch die eigentliche Sensation hatte Werz vorerst zurückgehalten. »Da ist noch etwas«, fügte er mit versteinerter Miene hinzu. »Eine weitere Übereinstimmung.«
    Er hielt ein Fax mit der einen Hand empor. Mit den Knöcheln der anderen klopfte er auf eine bestimmte Stelle. »Eine zweite, fremde DNA auf der Tasche passt zu Werten, die an Selmas Leiche gefunden wurden.« Er wedelte mit dem Papier in der Luft herum. »Ihnen ist klar, was das bedeuten kann, Herr Ottakring?«
    Ohne etwas zu sagen, nickte Ottakring demütig und legte dem anderen die Hand schwer auf die Schulter. »Auch wenn es nicht Ihr Verdienst ist, danke ich Ihnen. Wenn in der Antike ein Bote eine schlechte Botschaft überbracht hat, wurde er geköpft. Was ihm bei einer guten Botschaft widerfahren ist, ist mir leider nicht bekannt.«
    Die Sonderkommission hatte neue Nahrung erhalten.
    »Serienmörder töten«, dozierte Joe Ottakring, »um entweder ein vorangegangenes Verbrechen zu verdecken oder weil ihnen die Tötung selbst Befriedigung verschafft. Eine Vergewaltigung ist nur ein Zuckerl für sie. Sie suchen die Macht über andere Menschen, um Minderwertigkeits- oder Ohnmachtsgefühle aus ihrem normalen bürgerlichen Leben zu kompensieren.«
    »Ja«, meldete sich Jenny, die Anwärterin. »Nach einem Mord geht es diesen Bestien besser. Ihre Tat bahnt ihnen einen Weg aus ihren eigenen persönlichen Problemen, und das Töten wird zu einer Sucht. Nach einer Zeit klingelt eine Art Uhr in ihnen, dann müssen sie wieder töten.«
    »Exakt«, kommentierte Ottakring und nickte dabei. »Vollkommen richtig erkannt. Deswegen werden in aller Regel die Abstände zwischen ihren Taten immer kürzer. Weil sie immer rascher den schnellen Kick brauchen. Das ist aber auch die Gefahr, in die sie sich begeben, denn dadurch können wir sie am ehesten fassen. Wenn wir also mit unserer Theorie richtigliegen, müssen wir uns beeilen, bevor er wieder zuschlägt. Wir müssen uns sogar sehr beeilen, ohne hektisch zu werden.«
    Draußen schien den ganzen Tag schon die Sonne. Das ließ selbst einen Raum wie das Sitzungszimmer einer Polizeidirektion freundlicher erscheinen. Die zur Stirnseite hin offene U-Form der Tische, das Clipboard, der Tisch an der Wand mit der Kaffeemaschine und den umgestülpten Tassen, der nostalgische Kühlschrank – alles wirkte viel sympathischer als bei düsterem Licht. Selbst die Mienen der Anwesenden – Mayr und Jenny, Tom, Matthes und Ina – strahlten Hingabe und Offenheit aus. Eberl und Werzmirzowsky fehlten.
    »Matthes, wie sieht’s mit dem Wettergutachten aus?«, fragte Ottakring.
    Die Rosenheimer waren es offenbar gewohnt, aufzustehen, wenn sie von einem Vorgesetzten gefragt wurden. Matthes stand also auf. Er war ein schlaksiger Kerl mit Fünftagebart im Kleine-Jungen-Gesicht. Er wirkte verlegen.
    »Äh, das Wettergutachten. Die Typen haben ganz schön lang dafür gebraucht. Aber das liegt vielleicht daran, dass ich das Wetter von Ramersdorf und das Alpenwetter und das Wetter in Wörgl wissen wollte. Es geht um die Zeit von Silvester bis 2.   Januar, als die Leiche gefunden wurde. Äh …«
    Ottakring saß vorn. Matthes musste zur Kenntnis nehmen, dass der Chef mit den Fingern nervös auf der Tischplatte herumtrommelte. Auch in seinem Gesicht spielte sich einiges ab.
    »Also, hier bei uns hat’s ja noch geschneit an diesen Tagen«, fuhr Matthes etwas zügiger fort. »Aber in Wörgl, oder besser gesagt in Angath, wo die Handtasche gefunden wurde, ist die letzte Schneeflocke etwa zum Jahreswechsel gefallen. Kurz nach Mitternacht hat’s aufgehört zu schneien, und bis 3.   Januar gab’s keinen Schnee mehr.« Matthes machte eine kurze Pause, um seine Worte wirken zu lassen. Doch

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