Jenseits Der Schatten
hasserfüllten Gesichter betrachtete, nahm er an, sich glücklich schätzen zu können, dass die Stadt gehungert hatte - es gab keine faulen Lebensmittel, die die Menschen hätten werfen können.
Etwa sieben Meter von der Barkasse entfernt klatschte etwas ins Wasser.
»Schilde hoch!«, blaffte ein Offizier.
Die Männer gingen in die Hocke und hoben ihre Schilde über den Kopf. Angekettet an den Mast in der Mitte, konnte Kylar sich nicht bewegen. Steine prallten von Schilden ab und fielen spritzend ins Wasser, dann beobachtete Kylar, wie einer von ihnen einen perfekten Bogen beschrieb. Er drehte den Kopf. Der Stein meißelte eine Furche in seine Kopfhaut, und er taumelte an dem Pfosten. Blut lief ihm übers Ohr. Ein weiterer Stein prallte von seiner Schulter ab, und ein dritter traf ihn im Schritt. Die Menge jubelte, als er zusammensackte.
Er stand wieder auf, obwohl vor seinen Augen Punkte tanzten und ihn blind machten. Als sie näher kamen, wurde der Hagel dichter. Die meisten Würfe verfehlten ihr Ziel, aber einige Steine trafen ihn an der Seite oder an den Beinen. Ein Stein, der eine Handspanne maß, landete auf seinem Fuß und zersplitterte Knochen. Er schrie auf.
Der Zeitpunkt war schlecht gewählt. Ein Stein traf ihn am Mund, brach Zähne ab und trieb andere durch seine Lippe. Wieder brandete Jubel auf.
Endlich stieß die Barkasse gegen die Bühne in der Flussmitte. »Genug!«, rief eine Frau. Kylar hob den Kopf und sah eine junge Frau in voller Rüstung mit erhobenen Händen in der Mitte der Plattform stehen, wo sie versuchte, die Menge zum Schweigen zu bringen. Dann traf ihn ein Stein am Auge.
»Genug!« , rief die Frau abermals, doch Kylar verlor ihre Stimme unter der kreischenden Stimme des Schmerzes. Sein Gesicht war heiß, und er konnte die gefesselten Hände nicht heben, um sich zu schützen. Soldaten stießen und schleiften ihn vorwärts, wobei sie ihn halb tragen mussten.
Kylar öffnete die Augen, konnte aber nur mit dem rechten etwas sehen. Das erste Bild, das sich ihm zeigte, war sein nackter Fuß, blutend, ruiniert. Der Anblick machte ihn benommen. Blinzelnd schaute er auf, doch das Blinzeln sandte Lichtblitze durch sein linkes Auge. Blut von den durchstoßenen Lippen füllte seinen Mund. Er wusste nicht, ob er die Zähne verschluckt oder ausgespuckt hatte, aber scharfkantige Ränder waren alles, was zurückgeblieben war.
Als Kylar endlich begann, Einzelheiten auszumachen, sah er, dass sich auf der Bühne Logans Gefolge drängte, darunter mindestens hundert von Logans Leibwache. Zahlreiche andere Soldaten standen in der Menge verteilt, unter anderem entlang aller drei Brücken, und sie hielten eine Gasse frei. Auf der gegenüberliegenden Seite der Bühne, der Burg zugewandt, war das Rad. Auf einer Seite saß Logan auf einem vergoldeten Stuhl.
Sie schleiften Kylar vor ihn, und ein Herold verlas die Anklagen. Kylar achtete nicht darauf, er sah nur Logan an. Logans Blick wanderte über Kylars Wunden, und er schluckte, aber er wandte den Blick nicht ab. Er sah Kylar an, und Kylar sah ein Leiden, das so groß war wie sein eigenes, aber kein Schwanken.
Der Herold beendete die Anklagen mit einer Frage. »Ja«, sagte
Kylar laut. »Ich habe Terah Graesin getötet, und ich würde es wieder tun.«
Logan stand auf, und das Raunen, das begonnen hatte, brach auf der Stelle ab. »Kagé, Schatten, den ich als Kylar Stern kannte, ich verdanke Euch mein Leben. Ihr seid ein Held, und ich nenne Euch meinen Freund, aber Ihr habt dieses Land verraten und seine Königin ermordet. Ich werde kein König sein, der seinen Freunden eine besondere Art von Gerechtigkeit zuteilwerden lässt. Kylar, mein Freund, ich verurteile dich dazu, auf dem Rad zu hängen, bis du tot bist.«
Kylar sagte nichts. Er verneigte sich lediglich vor Logan. Logan saß da und unternahm keinen Versuch, die Menge zum Schweigen zu bringen, die jetzt angesichts der Bestätigung der Gerüchte, die die Menschen gehört hatten, in Aufruhr geriet.
Die Soldaten schleiften Kylar zum Rad. Es war eine Spur höher als ein Mann und offen, mit nur vier Speichen, die von der Achse ausgingen, die hinter Kylars Rücken sein würde, damit die Menge ihn von Angesicht sah. Am Rad waren Blöcke für seine Füße angebracht, die man um die Knöchel einstellen konnte, damit seine Füße nicht herausrutschten; ferner gab es einen dicken Ledergürtel für seine Taille und zwei messerscharfe Stangen als Handgriffe. Der Rest des Rades war besetzt mit ungezählten
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