Jenseits Der Schatten
Sie hatte natürlich Männer geküsst, und Dutzende weitere hatten sie geküsst. Wenn es ging, hatte sie es vermieden und gewünscht, ihr Mund könnte ebenso taub sein wie ihr Unterleib, aber es war ein Teil ihrer Arbeit, überzeugend zu küssen. Zu spüren, wie Kylar Elene küsste, war etwas anderes. Es war frisch und unschuldig und voller Jubel. Dann vertiefte sich der Kuss, und Vi spürte Kylars Überraschung angesichts der Wildheit von Elenes Leidenschaft. Er fiel aufs Bett - oder wurde er gestoßen? -, und sie setzte sich auf seine Hüften. Dann küsste er sie abermals und nestelte an den Bändern ihres Kleides.
Vi fluchte verzweifelt, hielt die Augen weit geöffnet und rieb sich die Wolle über den Unterarm. Es half ein wenig, aber Kylars Glück und sein freies Begehren lebten in ihrem Kopf weiter. Elene musste etwas gesagt haben, denn Kylar lachte. Vi konnte es durch die Wand hören, aber während sie es spürte, wusste sie, dass sie Kylar noch nie zuvor so hatte lachen hören. Vielleicht hatte Kylar in seinem ganzen Leben noch nie so gelacht. Es war spielerisch und frei, eine Glückseligkeit, die wild und stark und zufrieden war. Dies war der Kylar, den Elene immer gesehen hatte, und ein Stich durchzuckte Vi, als sie begriff, dass Elene ihn verdiente.
Eine Zärtlichkeit, die so tief war, dass es schmerzte, floss durch das Band, und Vi wurde klar, dass Kylar mit Elene redete - ausgerechnet!
»Setz ihn mit einer nackten Frau in ein Schlafgemach, und er redet ?«, sagte Vi laut, während sie noch immer an ihrer Magie arbeitete. »Kein Wunder, dass er noch Jungfrau ist.« Es war ein Jammer, dass die Zaubergewebe nicht schwieriger waren, denn sie brauchte die Ablenkung. Elene hatte Angst, begriff Vi, und sie war verlegen, weil sie genau wusste, was Vi in diesem Raum tat. So oder so, Kylar besänftigte sie, legte sich neben sie, den linken Arm unter ihrem Kopf, während er sie mit dem rechten umfangen hielt und liebkoste. Er flüsterte sanfte Worte der Beruhigung und weckte langsam ihre Leidenschaft.
Vi hatte so viele Male gefickt, mit so vielen Männer, auf so unterschiedliche Art und Weise, dass sie glaubte, so ziemlich alles über Sex zu wissen. Aber Kylar und Elene erlebten in ihrer beiderseitigen Unwissenheit etwas, das ihr nie widerfahren war. Ihr Liebesspiel passte in ein größeres Muster. Da war keine Verlegenheit, nicht einmal in ihrem Umhertasten, denn es gab keine Furcht vor Verurteilung.
»Oh, fick mich, oh …« Vis Stimme quiekte, und sie verlor den Faden. Was immer Elene tat, sie war entweder ein Naturtalent, oder Kylar war extrem empfindsam. So oder so, die Woge der Wonne durch das Band war überwältigend. Vis Wangen fühlten sich an, als stünden sie in Flammen.
Dann spürte Vi Kylars schelmisches Grinsen - verdammt, es fühlte sich genauso an, wie es aussah -, und seine eigene Lust verblasste in dem Vergnügen, Lust zu bereiten.
»Du Bastard«, sagte Vi. »Ich hasse dich. Ich hasse dich, ich hasse dich, ich hasse dich.« Wenn Vi fickte, setzte sie eine Persönlichkeit wie eine Maske auf, immer. Kylar liebte als ein ganzer Mann. Jeder Aspekt seiner selbst war präsent - und in diesem Moment begriff Vi, dass sie ihn liebte.
Von dem ersten Moment an, als sie in Graf Drakes Haus
dieses verdammte schelmische Grinsen gesehen hatte, hatte Vi einige Dinge an Kylar anziehend gefunden. Sie hatte seinen Versuch bewundert, den Weg der Schatten zu verlassen, hatte die Art bewundert, wie er Elene und Uly behandelte. Sie wusste seine herausragenden Fähigkeiten als Kämpfer zu schätzen. Sie hatte vor langer Zeit einen Hauch von Vernarrtheit verspürt - aber andererseits war sie auch einmal in Jarl vernarrt gewesen, der homosexuell war. Im vergangenen Monat hatte sie gelernt zu akzeptieren, dass sie Kylar begehrte. Aber all diese Dinge waren keine Liebe. Vielleicht hätte sie niemals gewusst, was Liebe war, wenn sie nicht so viel mit Elene geredet hätte und wenn sie die Liebe nicht Tag um Tag in Kylars Gefühlen für Elene gespürt hätte.
Nur wenige Zoll von Vi entfernt krachte etwas gegen die Wand, und Vi schnappte nach Luft. Ihre Augen weiteten sich. Beinahe verlor sie den Zugriff auf die Magie, und einzig ihre Angst vor dem, was möglicherweise geschehen würde, wenn das passierte, half ihr, die Kontrolle zu behalten. Sie rieb sich die Wolle über den Arm - scheiße, sie hasste Wolle! »Tote Babys. Bärtige Frauen. Rückenhaar, so lang, dass man es flechten kann. Mondblut. Der Geruch des
Weitere Kostenlose Bücher