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Jenseits Der Schatten

Titel: Jenseits Der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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kostete.
    Die Strömungen der Prophezeiung schwollen an unter dem Druck von siebzigtausend Zukünften, die Wahnhoff in Händen hielt. Aufgrund seiner Entscheidungen würden Zehntausende leben und sterben. Er betrachtete die Armee ihm gegenüber und sah zehntausend Raben über ihnen kreisen, Raben, die darauf warteten zu fressen. Er blinzelte, und die Raben waren fort, dann blinzelte er abermals, und sie waren wieder da. Aber es waren keine Raben. Und sie kreisten auch nicht nur über den Wilden.
    Mit weit aufgerissenen Augen drehte Dorian sich um. Schemenhafte, dunkle Gestalten schwärmten über seiner ganzen Armee, verklumpten die Luft über seinen Männern, schossen bald in diese, bald in jene Richtung. Hier hockten sechs auf einem einzigen Mann und bohrten die Krallen tief in sein Fleisch. Dort wirbelte eine einzige dunkle Gestalt um einen anderen Krieger herum, stach ihm eine Klinge in den einen Körperteil und dann in den nächsten, als prüfe er seine Verteidigung. Aber dies waren Ausnahmen. Auf beinahe jeden Mann in Dorians Armee kam mindestens eine Gestalt, die sich an ihn klammerte. Und es gab eine Rangordnung unter ihnen; einige waren weitaus schrecklicher als andere. Dorian schaute General Naga an, der in der Nähe stand. Ein Trio von Ungeheuern klammerte sich an den Mann;
zwei hockten auf seinen Schultern, eins leckte dem General Blut von den Fingern.
    Aus dieser Nähe konnte Dorian ihre Gesichtszüge sehen. Eins der Ungeheuer hatte einen Tumor, der grotesk über einem Auge anschwoll. Offene, eiternde Geschwüre sprenkelten ihre goldhäutigen Gesichter und ließen schwarzes Blut auf Roben tropfen, die so schwarz waren von diesem Blut, dass Dorian kaum erkennen konnte, dass sie einst weiß gewesen waren. Diese zerfetzten Roben waren es, die ihnen allen das Aussehen von Raben verliehen. Die Gestalt mit der Krebsgeschwulst bohrte die Krallen in General Nagas Schädel, zog sie wieder heraus und leckte sie gierig ab. Aber es waren keine Krallen, es waren Fingerknochen, ihres goldenen Fleisches entkleidet. Die Kreatur wandte ihr unversehrtes Auge Dorian zu. »Was schaut er sich an?«, fragte sie.
    Eine der anderen legte den Kopf schräg und fing Dorians Blick auf. »Uns«, zischte sie staunend.
    »Odniar, ruy’eo getnirf hign em. Dirlom?« Dorian hörte die Stimme. Es war Jenine, aber er verstand nicht, was sie sagte. Warum konnte er sie nicht verstehen, während er diese Kreaturen sehr wohl verstand? Was waren sie überhaupt?
    Er blickte wieder zu der Armee auf der anderen Seite der Ebene hinüber. Er sah die Krul, doch diesmal konnte er durch ihr Fleisch hindurchschauen. In jedem einzelnen Krul befand sich eine dieser Kreaturen. Mein Gott, dies sind die Fremden. Dorian sah sie, und er verstand. Die Fremden trugen die Hölle mit sich, wo immer sie hingingen. Sie labten sich an menschlichem Leiden, nicht weil es sie nährte, sondern weil es eine Ablenkung von ihrem eigenen Leiden bot; es war eine Unterhaltung für sie.
    »Odniar!« Die Stimme war in seinem Ohr. Dorian drehte sich um, und einen Moment lang konnte er wieder mit seiner natürlichen Sicht sehen. Jeder einzelne seiner Männer starrte ihn
angstvoll an. Dann spaltete sich seine Sicht, und er konnte Angst wie einen Duft von seinen Männern aufsteigen sehen - zum Entzücken der kreisenden Fremden. Er spürte die Finger auf seinen Schultern, knochige Finger, aber bevor er sich zu dem umwenden konnte, von dem er wusste, dass es sich an ihn klammern würde, spürte er, wie natürliche Finger seinen Bizeps packten und fest zudrückten.
    Jenines Züge wurden langsam sichtbar; ihr Bild war wieder natürlich, dann teilte es sich. Sie war schwanger, genau in diesem Moment, aber nicht mit Zwillingen. Ein Fremder drehte enge Kreise um sie, hatte jedoch noch keinen Platz gefunden, um sich niederzulassen. Der Fremde wollte - beim Gott, er wollte ihr Baby!
    Dorian schrie auf und sah eine frische Welle der Furcht von seinen Männern aufsteigen. Eine ganze Horde von Fremden, die jetzt wussten, dass er von ihnen wusste, hatte sich um ihn versammelt. Sie umzingelten ihn.
    »ODNIAR! Rodnia! Adimmt! Dornia. Dorian!« Jenine flüsterte ihm wild ins Ohr, wobei sie ihren Körper an seinen drückte und ihn von seinen Männern abwandte. Er blinzelte und sah nur Erde und Soldaten und Krul und seine Frau. Sie hatte ihn aus dem Wahnsinn zurückgerufen und vielleicht das benutzt, was ihn am besten in der Realität verankerte: seinen eigenen Namen.
    »Ich bin wieder da«, sagte

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