Jenseits Der Schatten
Königen nicht schmähen sollte.«
Totenstille machte sich im Raum breit. Niemand sprach so zu Lantano Garuwashi.
Solon fuhr fort: »Ihr habt nicht Euresgleichen, wenn es darum geht, Blut zu vergießen, Lantano Garuwashi. Wenn Ihr heute sterben würdet, wäre Euer einziges Vermächtnis Blut. Wäre es Euch nicht lieber, es wäre Euer Vermächtnis, ein Mann zu sein, der Blut vergoss, um die Feuer des Krieges zu löschen? Können Schlächterhände nicht Zimmermannshände werden? Als ein Bruderkönig frage ich Euch noch einmal und nur ein einziges Mal, werdet Ihr die Hand der Freundschaft ergreifen?« Solon stand mit ausgestreckter Hand da.
Es war eine seltsame Frage an einen zum Tode Verurteilten. Feir erwartete, dass Garuwashi Solon ins Gesicht spuckte. Aber Garuwashi erhob sich. »Lasst Frieden zwischen uns sein«, sagte er und ergriff Solons Hand.
Da er am nächsten stand - und seine massige Gestalt für die anderen verbarg, was vorging -, bemerkte Feir die plötzliche Verwirrung in Lantano Garuwashis Augen. Er entzog Solon die Hand, wobei er einen Finger noch immer gegen deren Innenfläche drückte und etwas verbarg. Dann legte er diese Hand auf Ceur’caelestos’ Knauf. Mit einem winzigen Geräusch klickte etwas, und Feir verstand. Götter! »Der größte Rote gibt des Drachen
Herz und Haupt.« Feir hatte gedacht, damit sei der größte rote Rubin gemeint, und so war es auch, aber es bedeutete gleichzeitig auch der größte rote Magier: Solon.
Garuwashi zog das Schwert aus der Scheide und ließ es auf den Tisch krachen.
Ein perfekter Rubin, röter als rubinrot, brannte in dem Knauf, und in ihm schwamm tiefe Magie, obwohl Feir ihn mit keinerlei Zaubergewebe belegt hatte. Die Mistarilleklinge hatte Muster wie eine Klinge aus gefältetem Stahl, aber ihre Muster glitzerten wie Diamanten; bald funkelnd und dann durchscheinend, ließen sie einen Mann durch die Klinge hindurch in das Herz ihrer Magie schauen. Vor ihren Augen verblasste jede diamantene Welle zu einer reineren Durchsichtigkeit - wie eine langsam über die ganze Länge der Klinge laufende Stoßwelle -, während der Drache Feuer spie. Das Feuer erblühte in breiter Front vom Heft bis zur Spitze des Schwertes. Seine Hitze erwärmte Feirs Gesicht.
Feir hatte etwas geschaffen, das größer war als er selbst. Er war ein großartiger Schmied, aber so gut war er auch nicht. Voller Ehrfurcht wandte Feir sich Solon zu. Der neue König Tofusin grinste ihn an.
»Nennt mich Betrüger oder nennt mich König«, sagte Lantano Garuwashi, und wenn ein Zittern des Staunens in seiner Stimme lag, bemerkte es keiner der Anwesenden, deren Staunen ebenso groß war.
Hideo Mitsurugi starrte das Schwert an. »Lantano Garuwashi, ich erkläre Euch -«
»Euer Hoheit!«, unterbrach ihn der Hofmagier.
Mitsurugi fügte sich. »Meine Ahnen haben diesem Tag jahrhundertelang entgegengesehen. Wir haben ihn gewollt und ihn gefürchtet. Vielleicht die Regenten mehr als alle anderen. Betrug wurde versucht, so dass es für das Schwert des Regenten eine
Prüfung gibt. Ich bitte Euch um Vergebung, Lantano Do’en, aber es ist meine Pflicht.« Er zog seine mit Rubinen übersäte Klinge und drehte deren Griff mit einem Ruck. Es klirrte, und er konnte einen Teil des Griffs abziehen. Darin befand sich eine winzige Schriftrolle, in die Erhaltungsmagie eingewoben war. Mitsurugi las sie, und seine Lippen bewegten sich, während er sich mit der alten Sprache abmühte.
»Lantano Garuwashi, verbannt die Feuer aus der Klinge.«
Lantano ergriff die Klinge, und die Feuer erstarben. Woher wusste er, was er zu tun hatte?
»Ich brauche eine Kerze«, sagte Mitsurugi, und jemand schob ihm eine über den Tisch hinweg zu. Er griff danach und hielt sie an die Klinge.
Feir stockte vor Entsetzen der Atem. Mitsurugi hielt die Kerze an genau die Stelle, an der Feir in seiner Eitelkeit sein eigenes Schmiedezeichen verborgen hatte. Die gekreuzten Kriegshämmer sprangen förmlich aus dem Metall.
Mitsurugi seufzte.
Feir blieb das Herz stehen.
Mitsurugi sagte: »Es ist alles da, sogar Oren Razins gekreuzte Kriegshämmer. Diese Klinge ist Ceur’caelestos. Lantano Garuwashi, Ihr seid der verlorene König von Ceura. Die Sa’ceurai erwarten Euren Befehl.«
Echt. Keine Fälschung. Eben die Dinge, die es von Curoch unterschieden, waren es, die den Regenten davon überzeugt hatten, dass Feirs Klinge echt war. Feirs Gliedmaßen wurden schwach. Er hatte einen einzigen Moment Zeit, um zu denken: Wie peinlich, ich
Weitere Kostenlose Bücher