Jenseits Der Schatten
»Da ich ihm gesagt habe, dass dieser Rat sich erst in einer halben Stunde treffen wird.«
Einige der Anwesenden lachten leise, aber Feir konnte leichter atmen. Ein lae’knaughtischer Oberlord würde wahrscheinlich alle möglichen Magie dämpfende Utensilien haben, die eine tadellose Illusion verderben würden.
Die wenigen Gespräche im Raum erstarben bald, als von draußen das Geräusch Tausender marschierender Füße laut wurde, die sich dem Zelt näherten. Alle zwanzigtausend Sa’ceurai waren auf dem Weg.
Das konnte hässlich werden.
Die Zeltlasche wurde geöffnet, und ein halbwüchsiger Knabe und ein Mann in mittleren Jahren mit einem Kreis kastanienbraunen Haares, der einen geölten kahlen Schädel umrahmte, traten ein. Der Mann hatte vier Haarlocken in sein Haar gebunden, allesamt ceuranischen Ursprungs, allesamt alt. Er trat beiseite, um dem Knaben Platz zu machen, der nicht älter als fünfzehn sein konnte. Der Junge hatte feurig orangefarbenes, kurz geschorenes Haar und eine einzige, sehr lange Locke in seinem Haar. Außerdem trug er kunstvoll bestickte, blaue Seidenroben und ein mit Rubinen übersätes Schwert.
Feir hatte den irrsinnigen Gedanken, den größten Rubin abzubrechen und ihn für seinen Betrug zu verwenden.
»Schwestern, Lords, Prätor, Euer Majestät«, sagte der ältere Ceuraner, »darf ich Euch Sa’sa’ceurai Hideo Mitsurugi vorstellen, den sechsten Regenten der Hideo, Fürst des Berges Tenji, Protektor der Heiligen Ehre, Hüter des Hohen Sitzes, Lordgeneral der vereinten Armeen Ceuras.«
Die Menschen am Tisch begrüßten den Jungen. Logan stand auf und fasste seinen Unterarm. Der Junge war ein wenig überwältigt, aber selbst während er nach bestem Vermögen das Protokoll verfolgte, konnte er kaum den Blick von Lantano Garuwashi abwenden. Er war offensichtlich der Held des Jungen, dachte Feir. Natürlich war Lantano Garuwashi der Held eines jeden jungen Sa’ceurai.
Garuwashi schenkte dem Mann in mittleren Jahren mehr Aufmerksamkeit als dem Jungen. War er die wahre Macht? Der Junge eine Galionsfigur? Während der Junge und sein Minister näher kamen und ihre Plätze einnahmen, sanken Feirs Schultern mutlos herab. Der Mann war irgendeine Art von Hofmagier, und seine magische Stärke war ehrfurchtgebietend. Garuwashi fing Feirs Blick auf und schüttelte schwach den Kopf. Es war das Signal, um von dem Betrug abzulassen.
Es war vorüber. Nur der Tod konnte noch folgen.
Hideo Mitsurugi räusperte sich. »Ich schätze, ähm, wir können geradeso gut tun, wozu wir hierhergekommen sind, ja?« Sein Blick flackerte nach oben, als versuche er, sich an seinen Text zu erinnern. »Es wurde uns zu Gehör gebracht, dass Ihr oder Eure Anhänger, Lantano Garuwashi Do’en, Forderungen vorgebracht habt. Soweit wir verstehen, macht Ihr geltend, die Klinge des Himmels zu führen, Ceur’caelestos.«
»Das habe ich geltend gemacht, Hideo Do’en«, erwiderte Garuwashi. In Garuwashis Zügen war etwas beinahe Fröhliches. Er hatte etwas falsch gemacht, das ihm nicht gefallen hatte, und jetzt war es zu Ende.
»Nach uraltem Gesetz und Prophezeiung soll der Bewahrer von Ceur’caelestos Ceuras König sein, ein Mann, der der Wiederkehr des Hochkönigs den Weg bereitet, dessen Herrschaft die Geburt des Kämpfers des Lichtes ankündigt.« Mitsurugi hielt
inne. Er hatte seinen Text vergessen. Ein panischer Ausdruck trat in seine blauen Augen.
Der mittelalte Magier flüsterte ihm etwas ins Ohr. Es schien Hideo so peinlich zu sein, dass er den Tränen nahe war. »Fordert Ihr den Hohen Sitz von Ceura, Lantano Garuwashi?«
»Das tue ich.«
Was tat er da? Feir warf einen Blick auf Garuwashis Schwert. Der Drache des Griffes grinste leer wie ein Knabe, der beide Schneidezähne verloren hatte.
»Haltet ein«, sagte Lordgeneral Agon. »Soweit ich weiß, ist Hideo Watanabe Do’en Ceuras Regent. Woher wissen wir überhaupt, dass - ich bitte um Verzeihung - dieser Junge die Autorität hat, Lantano Garuwashi zu prüfen?«
»Wie könnt Ihr es wagen!«, sagte der Sa’ceurai, der den Jungen begleitete, und legte eine Hand auf sein Schwert.
»Ja, ich wage es«, erklärte Agon. »Und wenn Ihr dieses Schwert zieht, werde ich es wagen, Euch damit zu durchbohren.«
»Ha. Ihr seid ein alter Krüppel.«
»Was Euren Tod nur umso peinlicher machen wird«, entgegnete Agon.
»Aufhören!«, sagte Mitsurugi. »Hideo Watanabe ist mein Vater.« Er senkte den Blick. »War mein Vater. Er hat diese Armee zusammengestellt. Aber
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