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Jenseits des Bösen

Jenseits des Bösen

Titel: Jenseits des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Mäuler noch riesiger wurden, und dann waren die verschwommenen Gesichter über ihnen beiden.
    Er konnte nicht sehen, was als nächstes passierte. Der Staub drang ihm in die Augen, ehe er sie zumachen konnte. Aber er spürte, wie der Barkeeper ihn losließ, und im nächsten Augenblick folgte eine Woge feuchter Hitze. Das Heulen im Wind schwoll unverzüglich zu einem gellenden Kreischen an, vor dem er die Ohren verschließen wollte; aber er hörte es trotzdem und schraubte sich wie hundert Bohrer in seinen
    Schädelknochen.
    Als er die Augen wieder aufmachte, war er rot. Brust, Arme, Beine, Hände: alles rot. Der Barkeeper, Ursprung der Farbe, war auf die Bühne gezerrt worden, wo Tommy in der Nacht zuvor die Frau und den Hund gesehen hatte. Sein Kopf lag verkehrt herum in einer Ecke; die Arme - die Hände ringend 457
    ineinander verkrampft - in einer anderen; der Rest von ihm lag in der Bühnenmitte, und der Hals pulsierte noch.
    Tommy-Ray bemühte sich, keine Übelkeit zu empfinden -
    immerhin war er der Todesjunge -, aber das war einfach zuviel.
    Und doch, sagte er sich, was hatte er erwartet, als er sie über die Schwelle gebeten hatte? Er hatte hier keinen Zirkus im Schlepptau. Es war geistig nicht gesund; es war nicht zivilisiert.
    Zitternd, von Übelkeit erfüllt und ernüchtert stand er auf und schleppte sich in die Bar zurück. Das Wirken seiner Legion war hier so katastrophal wie in dem Nebenzimmer, dem er den Rücken gekehrt hatte. Alle drei Anwesenden in der Bar waren brutal abgeschlachtet worden. Er schenkte der Szene nur ganz am Rande seine Aufmerksamkeit, während er durch die
    Trümmer zur Tür schritt.
    Die Geschehnisse in der Bar hatten unweigerlich ein
    Publikum draußen angezogen, obwohl es noch so früh war.
    Aber die Geschwindigkeit des Windes - in dem sich seine Geisterarmee wieder aufgelöst hatte - hinderte alle bis auf die Abenteuerlustigsten - Jugendliche und Kinder - daran, sich dem Schauplatz zu nähern; und selbst sie waren überzeugt davon, daß die Luft, die um sie herum heulte, nicht ganz leer war.
    Sie sahen, wie der blonde, blutbefleckte Junge aus der Bar kam und zum Auto ging, machten aber keinen Versuch, ihn aufzuhalten. Unter ihren prüfenden Blicken wurde sich auch Tommy-Ray seines Gangs bewußt. Er schlurfte nicht mehr so, sondern ging aufrechter. Wenn sie sich an den Todesjungen erinnern, dachte er sich, sollen sie sich an jemand
    Schrecklichen erinnern.

    Als er weiterfuhr, glaubte er allmählich, daß er die Legion zu-rückgelassen hatte; daß sie das Mord-Spiel aufregender fand, als einem Führer zu folgen, und dortgeblieben war, um auch 458
    die restlichen Stadtbewohner abzuschlachten. Es bekümmerte ihn nicht besonders, daß sie ihn verlassen hatte; er war sogar teilweise dankbar dafür. Die Offenbarungen, die in der vergangenen Nacht so erstrebenswert schienen, hatten einiges von ihrem Glanz verloren.
    Er war klebrig und stank nach dem Blut eines anderen Mannes; er hatte blaue Flecken von der Behandlung, die er durch den Barkeeper erfahren hatte. Naiv, wie er war, hatte er geglaubt, daß ihn die Berührung des Nuncio unsterblich gemacht hatte. Welchen Sinn hatte es schließlich, der Todesjunge zu sein, wenn einen der Tod immer noch meistern konnte? Er hatte den Irrtum seiner Denkweise eingesehen und war dabei dem Tode nähergekommen, als ihm lieb war, und er wollte gar nicht weiter darüber nachdenken. Und was seine Retter anbelangte, seine Legion - er war gleichermaßen naiv gewesen zu glauben, er könnte sie beherrschen.
    Sie waren nicht die schlurfenden, kriecherischen Flüchtlinge, für die er sie in der vergangenen Nacht gehalten hatte. Falls sie es gewesen waren, hatte ihr Zusammensein ihre Natur
    verändert. Jetzt waren sie tödlich, und früher oder später hätte er wahrscheinlich sowieso die Macht über sie verloren. Ohne sie war er besser dran.
    Bevor er die Grenze überquerte, machte er Rast, um sich das Blut vom Gesicht zu wischen, krempelte das Hemd um, Innerstes nach außen, um die schlimmsten Flecken zu verbergen, dann fuhr er weiter. Als er die Grenze selbst erreichte, sah er die Staubwolke im Spiegel und wußte: Seine Freude darüber, daß er die Legion verloren hatte, war verfrüht gewesen.
    Welches Gemetzel sie auch immer aufgehalten haben mochte, jetzt waren sie damit fertig. Er trat das Gaspedal durch und hoffte, daß er sie abhängen könnte; aber sie hatten seine Witterung aufgenommen, folgten ihm wie eine Meute loyaler, aber tödlicher Hunde und

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