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Jenseits des Bösen

Jenseits des Bösen

Titel: Jenseits des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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brauchte den Trost des Vertrauten jetzt um so mehr, in einer Welt, in der nichts sicher war, außer der Unsicherheit. Er wurde mit den Empfindungen in seinem Innersten nicht fertig. Was gestern noch einfach zu sein schien, als er hinter dem Haus mit Jo-Beth in der Sonne stand und sie küßte, war heute nicht mehr einfach. Fletcher war vielleicht tot, aber er hatte ein Erbe hier im Grove hinterlassen, ein Erbe von Traumgestalten, die ihn, Howie, irgendwie, als Ersatz für ihren Schöpfer ansahen. Das konnte er nicht sein. Selbst wenn sie Fletchers Meinung über Jo-Beth nicht geteilt hätten, was nach der Konfrontation gestern nacht sicher der Fall war, hätte er ihre Erwartungen nie erfüllen können. Er war als Desperado hierhergekommen und war, wenn auch nur flüchtig, zum
    Liebhaber geworden. Jetzt wollten sie ihn zum General machen, wollten Marschordnungen und Schlachtpläne. Keins von beiden konnte er liefern. Auch Fletcher wäre nicht imstande gewesen, die Rettung aufzuzeigen. Die Armee, die er 465
    geschaffen hatte, mußte sich einen Anführer aus den eigenen Reihen wählen oder untergehen.
    Er hatte seine Argumente mittlerweile so oft geprobt, daß er sie beinahe selbst glaubte; besser gesagt, er hatte sich fast selbst davon überzeugt, daß er kein Feigling war, weil er ihnen glauben wollte. Aber der Trick hatte nicht funktioniert. Er kam immer wieder zur selben unverrückbaren Tatsache zurück: einmal, im Wald, hatte Fletcher ihn gewarnt, eine Wahl zwischen Jo-Beth und seinem Schicksal zu treffen, und er war angesichts dieses Rats geflohen. Die Folge dieses Abwendens, ob direkt oder indirekt, spielte jetzt keine Rolle mehr, war Fletchers öffentliches Ableben gewesen, sein letzter
    verzweifelter Versuch, eine Hoffnung für die Zukunft zu retten.
    Und jetzt war er hier, der verlorene Sohn, der keinerlei Reue empfand, und kehrte den Folgen dieses Opfers absichtlich den Rücken zu.
    Und doch - wenn er sich auf die Seite von Fletchers Armee schlug, dann wurde er damit zu einem Bestandteil des Krieges, mit dem Jo-Beth und er überhaupt nichts zu tun haben wollten.
    Was er mehr als alles auf der Welt wollte, jemals in seinem Leben - mehr als das Schamhaar, das er mit elf Jahren liebend gern zum Wachsen gezwungen hätte; mehr als das Motorrad, das er mit vierzehn gestohlen hatte; mehr, als seine Mutter nur zwei Minuten von den Toten auferstehen zu lassen, damit er ihr sagen konnte, wie leid es ihm tat, daß er sie so oft zum Weinen gebracht hatte; mehr, in diesem Augenblick, als selbst Jo-Beth
    - war Gewißheit. Wenn ihm nur jemand gesagt hätte, welches Vorgehen das richtige war, und wenn er den Trost gehabt hätte, daß es nicht seine Schuld war, wenn sich dieses Vorgehen dann doch als falsch erwies. Aber niemand konnte ihm das sagen. Er mußte sich selbst darüber klar werden. Er mußte in der Sonne sitzen, den Schweiß auf der Haut trocknen lassen und sich selbst darüber klar werden.

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    Das Einkaufszentrum war nicht so überfüllt wie gewöhnlich am Samstagvormittag, aber William traf auf dem Weg zum Supermarkt trotzdem ein halbes Dutzend Leute, die er kannte.
    Darunter auch seine Assistentin Valerie.
    »Alles in Ordnung?« wollte sie wissen. »Ich habe bei Ihnen angerufen. Es nimmt nie jemand ab.«
    »Ich war krank«, sagte er.
    »Ich habe mir gar nicht erst die Mühe gemacht, gestern das Büro zu öffnen. Nicht nach dem Ärger in der Nacht zuvor. Es war ein echtes Chaos. Wissen Sie, daß Roger dort war, als die Sirene losging?«
    »Roger?«
    Sie sah ihn an. »Ja, Roger.«
    »Ach ja«, sagte William, der nicht wußte, ob es sich dabei um Valeries Mann, Bruder oder Hund handelte, was ihm auch vollkommen einerlei war.
    »Er war auch krank«, sagte sie.
    »Ich glaube, Sie sollten sich ein paar Tage frei nehmen«, schlug William vor.
    »Das wäre schön. Jede Menge Leute gehen momentan weg, ist Ihnen das auch aufgefallen? Einfach weg. Wir dürften kaum etwas verlieren.«
    Er machte ein paar höfliche Bemerkungen, wie sie sich wieder auskurieren sollte, und verabschiedete sich von ihr.
    Die Musik im Supermarkt erinnerte ihn daran, was er zu Hause zurückgelassen hatte: Sie hörte sich ganz so an wie die Soundtracks zu einigen seiner frühesten Filme, eine Flut nichtssagender Melodien, die überhaupt nichts mit den Bildern zu tun hatten, welche sie untermalten. Die Erinnerung trieb ihn an, an den Regalen entlangzuhasten und den Einkaufskorb mehr seinem Instinkt als sorgfältiger Planung folgend zu füllen. Er

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