Jenseits des Bösen
Marcella St. John getragen, während sie breitbeinig auf einer ihrer Freundinnen saß. Seine Krawatten waren für einen Wettbewerb mißbraucht 462
worden, bei dem es darum ging, auf welche Erektion man die meisten davon hängen konnte, ein Turnier, das Moses ›Der Schlauch‹ Jasper gewonnen hatte, der ganzen siebzehn Platz bot.
Anstatt den Versuch zu unternehmen, aufzuräumen und
seine Habseligkeiten wiederzubekommen, beschloß William, den Feiernden ihren Willen zu lassen. Er kramte in seiner untersten Schublade und fand T-Shirt und Jeans, die er seit Jahren nicht mehr angehabt hatte, zog sie an und schlenderte zum Einkaufszentrum hinunter.
Etwa zur selben Zeit, als er das tat, wachte Jo-Beth mit dem ersten Kater ihres Lebens auf. Es war der schlimmste, eben weil es der erste war.
Ihre Erinnerungen an die Ereignisse der vergangenen Nacht waren unklar. Sie erinnerte sich natürlich daran, daß sie zu Lois gegangen war, an die Gäste und an Howies Eintreffen; aber sie war nicht mehr sicher, wie alles zu Ende gegangen war. Als sie aufstand, fühlte sie sich schwindlig und übel und ging ins Bad.
Mama hörte sie und kam nach oben; als Jo-Beth aus dem Bad herauskam, wartete sie auf ihre Tochter.
»Alles in Ordnung?« fragte sie.
»Nein«, gab Jo-Beth offen zu. »Mir ist hundeelend.«
»Du hast gestern abend getrunken.«
»Ja«, sagte sie. Es hatte keinen Zweck zu leugnen.
»Wo warst du?«
»Bei Lois.«
»Lois hat keinen Alkohol bei sich zu Hause«, sagte Mama.
»Gestern abend schon. Und noch viel mehr.«
»Lüg mich nicht an, Jo-Beth.«
»Ich lüge nicht.«
»Lois würde dieses Gift niemals in ihrem Haus dulden.«
»Ich glaube, da solltest du sie selbst fragen«, sagte Jo-Beth, die Mamas vorwurfsvollem Blick standhielt. »Ich finde, wir 463
sollten beide zum Laden runtergehen und mit ihr reden.«
»Ich verlasse das Haus nicht«, sagte Mama endgültig.
»Gestern nacht warst du im Garten. Heute kannst du bis zum Auto gehen.«
Sie redete mit Mama, wie sie es noch nie gemacht hatte, mit wütender Stimme, die teilweise daraus resultierte, daß Mama sie eine Lügnerin genannt hatte; teilweise war sie auch auf sich selbst wütend, weil es ihr nicht gelang, durch den Nebel der vergangenen Nacht zu dringen. Was hatte sich zwischen Howie und ihr abgespielt? Hatten sie gestritten? Sie war fast sicher.
Sie hatten sich auf jeden Fall auf der Straße getrennt... aber warum? Auch das war ein Grund, mit Lois zu sprechen.
»Es ist mein völliger Ernst, Mama«, sagte sie. »Wir gehen beide runter ins Einkaufszentrum.«
»Nein, ich kann nicht...«, sagte Mama. »Wirklich nicht. Mir geht es heute so schlecht.«
»Das stimmt doch gar nicht.«
»Doch. Mein Magen...«
»Nein, Mama! Das reicht jetzt! Du kannst nicht dein Leben lang so tun, als wärst du krank, nur weil du Angst hast. Ich habe auch Angst, Mama.«
»Es ist gut, daß du Angst hast.«
»Nein, das ist nicht gut. Genau das will der Jaff. Davon ernährt er sich. Von der Angst im Inneren. Ich weiß es, weil ich selbst gesehen habe, wie es funktioniert, und es ist
schrecklich.«
»Wir können beten. Gebete...«
»... nützen überhaupt nichts mehr. Sie haben dem Pastor auch nicht geholfen. Wieso sollten sie dann uns helfen?« Sie sprach mit lauter Stimme, was ihren Kopf zum Kreisen
brachte, aber sie wußte, sie mußte das alles jetzt sagen, bevor sie wieder völlig nüchtern war und Angst davor hatte, ihre Mutter zu verletzen.
»Du hast immer gesagt, draußen wäre es gefährlich«, fuhr 464
sie fort, obwohl es ihr nicht gefiel, Mama so weh zu tun, wie sie es sicher tun mußte, aber sie konnte den Strom ihrer Gefühle nicht eindämmen. »Nun, es ist gefährlich. Mehr als du gedacht hast. Aber drinnen, Mama...«, sie deutete auf die Brust und meinte ihr Herz, meinte Howie und Tommy-Ray und den Schrecken, weil sie sie beide verloren hatte, »... drinnen ist es noch schlimmer. Viel schlimmer. Wenn man... Träume hat...
nur eine Weile... und sie einem dann weggenommen werden, bevor man sie richtig zu fassen bekommen kann.«
»Du faselst sinnloses Zeug, Jo-Beth«, sagte Mama.
»Lois wird dir alles erklären«, antwortete sie. »Ich bringe dich zu Lois, und dann wirst du mir glauben.«
Howie saß am Fenster und ließ sich von der Sonne den
Schweiß auf der Haut trocknen. Der Geruch war ihm so
vertraut wie der Anblick seines Gesichts im Spiegel, vielleicht noch vertrauter, weil sich sein Gesicht veränderte, aber der Schweißgeruch nicht. Er
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