Jenseits des Bösen
sicher?«
»Selbstverständlich bin ich sicher.«
»Nun, wenn du darauf bestehst...«, sagte er und führte sie an der Gruppe der Herumlungernden vorbei zur nächsten Treppenflucht. Grillo folgte ihnen. Als er an Sagansky vorbeiging, hörte er den Mann Bruchstücke seiner vorherigen Unterhaltung mit Eve murmeln, tote Fische, die im Brackwasser seines Kopfes herumschwanden.
»... unbedingt... wirklich... besonders die oberen Zimmer...«
Eve war bereits ein Stück die zweite Treppe hinaufgegangen; sie schien entschlossen zu sein, Lamar Schritt für Schritt zu folgen.
Grillo rief ihr nach: »Eve. Gehen Sie nicht weiter.«
Sie achtete nicht auf ihn.
»Eve?« sagte er noch einmal.
Diesmal drehte sie sich um.
»Kommen Sie, Grillo?« sagte sie.
Lamar ließ sich nicht anmerken, ob er den Namen ihres Geheimnisses, den sie nun verraten hatte, verstanden hatte. Er führte sie einfach weiter die Treppe hinauf und um eine Ecke herum.
Mehr als einmal in seiner Laufbahn war es Grillo gelungen, einer Schlägerei aus dem Weg zu gehen, indem er auf
Gefahrensignale achtete, wie er sie empfing, seit sie die Treppe heraufgingen. Aber er wollte nicht mit ansehen, wie Eves Eitelkeit ihr zum Verhängnis wurde. Er war seit etwa einer Stunde in die Dame vernarrt. Er verfluchte sich selbst und sie gleichermaßen und folgte dorthin, wohin sie und ihr Verführer gegangen waren.
Draußen kam es zu einem unbedeutenden Aufruhr am Tor.
Alles hatte mit einem Wind angefangen, der aus dem Nichts zu 538
wehen angefangen hatte und durch die Bäume am Hügel sauste wie eine Flutwelle. Er war trocken und staubig und zwang verschiedene Spätankömmlinge wieder in die Limousinen zurück, wo sie das verwüstete Make-up erneuerten.
Aus diesem Tosen kam ein Auto heraus; in dem Auto saß ein schmutziger junger Mann, der beiläufig Zutritt zum Haus verlangte.
Die Wachen ließen sich nicht aus der Ruhe bringen. Sie hatten schon mit zahllosen Störenfrieden wie diesem zu tun gehabt - Bengel, die das Gehirn in den Hoden hatten und auch einmal das Highlife sehen wollten.
»Keine Einladung, Sohn«, sagte einer zu dem Jungen.
Der Störenfried stieg aus dem Auto aus. Er hatte Blut an sich; nicht sein eigenes. Und einen tollwütigen Ausdruck in den Augen, bei dem die Wachen verstohlen nach den Waffen unter den Jacketts griffen.
»Ich muß meinen Vater sprechen«, sagte der Junge.
»Ist er ein Gast?« wollte der Wachmann wissen. Es war nicht auszuschließen, daß dies ein reicher Bengel aus Bel-Air war, der sich den Kopf mit Drogen zugedröhnt hatte und Papa suchen gegangen war.
»Ja, er ist Gast«, sagte Tommy-Ray.
»Wie heißt er?« fragte der Wachmann. »Gib mir die Liste, Clark.«
»Er steht nicht auf Ihrer Liste«, sagte Tommy-Ray. »Er wohnt da.«
»Dann hast du das falsche Haus, Sohn«, sagte Clark, der über das Tosen des Windes in den Bäumen hinwegbrüllen mußte, der mit unverminderter Heftigkeit weiter wehte. »Dies ist das Haus von Buddy Vance. Es sei denn, du bist einer seiner Unehelichen!« Er grinste einem dritten Mann zu, der das Lächeln nicht erwiderte. Er sah zu den Bäumen selbst und zum Wind, der sie zerzauste. Er kniff die Augen zusammen, als könnte er etwas am staubgeschwängerten Himmel erkennen.
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»Das wirst du bereuen, Nigger«, sagte der Junge zum ersten Wachmann. »Ich komme wieder, und ich kann dir sagen... du bist der erste, der dran glauben wird.« Er deutete mit dem Finger auf Clark. »Hast du verstanden? Er ist der erste. Und du kommst gleich danach.«
Er stieg ins Auto ein, wendete und fuhr den Hügel wieder hinunter. Der Wind schien mit ihm nach Palomo Grove
zurückzugehen.
»Verdammt seltsam«, sagte der Himmelsbeobachter, als die Bäume wieder zur Ruhe gekommen waren.
»Geh zum Haus«, sagte der erste Wachmann zu Clark. »Sieh nach, ob da oben alles o. k. ist...«
»Warum nicht?«
»Geh einfach, verdammt noch mal«, antwortete der Mann, der immer noch den Hügel hinabsah, dem Jungen und dem Wind hinterher.
»Reg dich wieder ab«, antwortete Clark und gehorchte.
Nachdem der Wind sich gelegt hatte, fiel den beiden wartenden Wachen auf, wie still es war. Kein Laut aus der Stadt unten. Kein Laut aus dem Haus oben. Und sie allein in der stillen Allee.
»Schon mal unter Feuer gewesen, Rab?« fragte der
Himmelsbeobachter.
»Nee. Du?«
»Klar«, lautete die Antwort. Er schneuzte Staub in das Taschentuch, das seine Frau Marci für die Brusttasche des Fracks gebügelt hatte. Dann sah er schnüffelnd
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