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Jenseits des Bösen

Jenseits des Bösen

Titel: Jenseits des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Ich will so sein. Das wollte ich schon immer...« Sie verstummte. »Du weißt, was ich schon immer wollte.«
    »Bis heute nicht.«
    »Nun, jetzt weißt du es.«
    »Du siehst nicht sehr glücklich aus.«
    »Ich habe die Wiederauferstehungsszene hinter mir. Das ist eines, das Schamanen durchmachen müssen. Sterben und wie-derauferstehen. Aber ich denke... es ist noch nicht vorbei. Ich muß noch mehr beweisen.«
    »Glaubst du, du mußt noch einmal sterben?«
    »Ich hoffe nicht. Einmal war genug.«
    »Das ist meistens so«, sagte Grillo.
    Seine Bemerkung brachte sie, ohne es zu wollen, zum Lä-
    cheln.
    »Was ist so komisch?« fragte er.
    »Das. Du. Ich. Noch seltsamer kann es doch unmöglich werden, oder?«
    »Schwer zu sagen.«
    »Wie spät ist es?«
    »Sechs.«
    »Bald geht die Sonne auf. Ich denke, ich sollte mich auf die Suche nach dem Jaff machen, bevor ihn das Licht in ein Versteck treibt.«
    »Wenn er den Grove nicht schon verlassen hat.«
    »Ich glaube nicht, daß er dazu imstande ist«, sagte sie. »Der Kreis schließt sich. Er wird enger und enger. Coney Eye ist plötzlich der Mittelpunkt des bekannten Universums.«
    »Und des unbekannten.«
    »Ich weiß nicht, ob es so unbekannt ist«, sagte Tesla. »Ich glaube, die Essenz ist mehr unser Zuhause als wir denken.«

    Als sie das Hotel verließen, kündigte sich der Tag bereits an, und die Nacht wich einem unbehaglichen Niemandsland
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    zwischen Monduntergang und Sonnenaufgang. Als sie über den Parkplatz des Hotels gingen, trat ein abgerissenes, schmutziges Individuum mit aschfahlem Gesicht aus der Düsternis.
    »Ich muß mit Ihnen sprechen«, sagte der Mann. »Sie sind Grillo, nicht?«
    »Ja. Und Sie?«
    »Mein Name ist Wirt. Ich habe ein Büro im
    Einkaufszentrum. Und Freunde hier im Hotel. Sie haben mir von Ihnen erzählt.«
    »Was wollen Sie?« sagte Tesla.
    »Ich war oben in Coney Eye«, sagte er. »Als Sie
    herausgekommen sind. Ich wollte da schon mit Ihnen sprechen, aber ich hatte mich versteckt... ich konnte mich nicht bewegen.« Er sah an der Vorderseite seiner Hose hinunter, die feucht war.
    »Was ist hier los?«
    »Ich rate Ihnen, verschwinden Sie, so schnell Sie können, aus dem Grove«, riet Tesla. »Es kommt noch schlimmer.«
    »Es gibt keinen Grove mehr, den man verlassen könnte«, antwortete Witt. »Der Grove ist dahin. Am Ende. Die Leute sind in Urlaub gefahren, und ich glaube nicht, daß sie noch einmal zurückkommen. Aber ich gehe nicht. Ich kann nirgends hin. Außerdem...« Er sah aus, als wäre er den Tränen nahe, während er sprach, »... ist dies meine Stadt. Wenn sie irgendwie verschluckt wird, will ich dabei sein, wenn es passiert. Auch wenn der Jaff...«
    »Moment mal!« sagte Tesla. »Was wissen Sie über den
    Jaff?«
    »Ich... ich bin ihm begegnet. Tommy-Ray McGuire ist sein Sohn, haben Sie das gewußt?« Tesla nickte. »Nun, McGuire hat mich dem Jaff vorgestellt.«
    »Hier im Grove?«
    »Sicher.«
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    »Wo?«
    »Wild Cherry Glade.«
    »Dann fangen wir dort an«, sagte Tesla. »Können Sie uns hinbringen?«
    »Natürlich.«
    »Glaubst du, er ist wieder dorthin zurückgekehrt, einfach so?« sagte Grillo.
    »Du hast gesehen, in welcher Verfassung er war«, antwortete Tesla. »Ich glaube, er sucht nach einer Umgebung, die er kennt.
    Wo er sich hinreichend sicher fühlt.«
    »Klingt logisch«, sagte Grillo.
    »Wenn«, sagte Witt, »dann ist es heute nacht das erste, das logisch ist.«

    Die Dämmerung zeigte ihnen, was William Witt bereits beschrieben hatte: eine praktisch verlassene Stadt, deren Bewohner geflohen waren. Eine Meute Hunde streifte durch die Stadt; sie waren entweder davongelaufen oder von
    Einwohnern freigelassen worden, die nur panische Flucht im Kopf hatten. Sie waren innerhalb von einem oder zwei Tagen zu einem wilden Rudel geworden. Witt erkannte die Hunde.
    Mrs. Duffins Pudel gehörten zu der Meute; ebenso zwei Dackel, die Blaze Hebbard gehörten, Ur-Ur-Ur-Ur-Enkel von Hunden, die einem Bewohner des Grove gehört hatten, der gestorben war, als William noch ein Junge war, ein gewisser Edgar Lott. Er war gestorben und hatte verfügt, daß sein Geld dazu verwendet wurde, dem Bund der Jungfrauen ein Denkmal zu setzen.
    Außer den Hunden waren andere, möglicherweise beunruhi-gendere Spuren überhasteten Aufbrechens zu sehen. Garagen-tore waren offengelassen worden; Spielzeuge waren auf Gehwege oder Einfahrten gefallen, wenn verschlafene Kinder mitten in der Nacht ins Auto gesetzt wurden.
    »Alle haben es gewußt«,

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