Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jenseits des Bösen

Jenseits des Bösen

Titel: Jenseits des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
Vom Netzwerk:
reagieren. Unser Geist ist sehr fein ausba-lanciert. Es ist nicht viel erforderlich, ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen. Ich bin in einer Stadt voller Menschen, die zum Absturz bereit sind. Ich muß hierbleiben.«
    »Und wenn die Kavallerie nicht kommt?« sagte Tesla.
    »Dann ist jemand, der im Pentagon Befehle gibt, ein Ungläubiger - davon gibt es viele -, oder er arbeitet für die Iad.«
    »Sie haben Agenten?«
    »O ja. Nicht viele, aber genug. Es hat immer Menschen 658
    gegeben, die die Iad, selbstverständlich unter anderem Namen, angebetet haben. Für sie ist dies die Zweite Wiederkunft.«
    »Gab es eine erste?«
    »Das ist eine andere Geschichte, aber ja, offensichtlich gab es schon einmal eine.«
    »Wann?«
    »Es gibt keine zuverlässigen Überlieferungen, falls Sie das meinen. Niemand weiß, wie die Iad aussehen. Ich glaube, wir sollten beten, daß sie nicht größer als Mäuse sind.«
    »Ich bete nicht«, sagte Tesla.
    »Sollten Sie aber«, antwortete D'Amour. »Sie wissen jetzt ja, wieviel es außer uns noch da draußen gibt, da wäre es vielleicht sinnvoll. Hören Sie, ich muß weg. Ich wünschte, ich könnte Ihnen mehr helfen.«
    »Das wünschte ich auch.«
    »Aber soweit ich gehört habe, sind Sie ja nicht völlig allein.«
    »Ich habe Hotchkiss und ein paar...«
    »Nein. Ich meine, Norma sagt, es ist ein Erlöser draußen.«
    Tesla behielt ihr Lachen für sich.
    »Ich sehe keinen Erlöser«, antwortete sie. »Wonach sollte ich denn suchen?«
    »Sie ist nicht sicher. Manchmal sagt sie, es ist ein Mann, manchmal eine Frau. Manchmal gar kein Mensch.«
    »Das nenne ich einmal eine exakte Beschreibung.«
    »Wer immer es sein mag - er, sie oder es könnte das Pendel in die andere Richtung ausschlagen lassen.«
    »Und wenn nicht?«
    »Verschwinden Sie aus Kalifornien. Schnell.«
    Jetzt lachte sie, und zwar laut. »Vielen herzlichen Dank«, sagte sie.
    »Bleiben Sie fröhlich«, sagte D'Amour. »Wie mein Vater immer zu sagen pflegte. Sie hätten nicht teilnehmen sollen, wenn Sie keinen Spaß verstehen.«
    »Woran teilnehmen?«
    659
    »Am Rennen«, sagte D'Amour und legte den Hörer auf. Die Leitung summte. Sie lauschte den Geräuschen, in denen ferne Unterhaltungen zu hören waren. Grillo trat in die Tür.
    »Sieht mehr und mehr nach einem Kamikazeunternehmen
    aus«, verkündete er. »Wir haben nicht die entsprechende Ausrüstung und keine Karte von dem Höhlensystem, in das wir vordringen.«
    »Warum nicht?«
    »Es existieren keine. Offenbar ist die ganze Stadt auf Boden erbaut, der sich ständig verändert.«
    »Haben wir Alternativen?« sagte Tesla. »Der Jaff ist der einzige Mensch...« Sie verstummte plötzlich.
    »Was?« sagte Grillo.
    »Er ist eigentlich gar kein Mensch, nicht?« sagte sie.
    »Ich verstehe nicht.«
    »D'Amour sagte, wir hätten einen Erlöser in der Gegend.
    Kein Mensch. Das muß der Jaff sein, richtig? Sonst paßt die Beschreibung auf niemanden.«
    »Ich kann ihn mir nicht als Erlöser vorstellen«, sagte Grillo.
    »Dann müssen wir ihn eben überzeugen«, lautete die Antwort.
    660
    V

    Als Tesla, Witt, Hotchkiss und Grillo das Haus verließen, um ihren Abstieg zu beginnen, war die Polizei im Grove eingetroffen. Oben auf dem Hügel sah man die Blinklichter; Sirenen von Krankenwagen heulten. Trotz des Lärms und der
    Geschäftigkeit war keine Spur von den Einwohnern der Stadt zu sehen, obwohl ein paar offenbar noch hier wohnten. Sie hatten sich entweder mit ihren verfallenden Träumen
    eingesperrt, so wie Ellen Nguyen, oder verbarrikadiert. Der Grove war de facto eine Geisterstadt. Als das Heulen der Sirenen aufhörte, senkte sich ein umfassenderes Schweigen als in jeder Mitternachtsstunde über die vier Ortsteile. Die Sonne schien auf verlassene Gehwege, verlassene Gärten, verlassene Einfahrten. Keine Kinder spielten auf den Schaukeln; kein Fernseher war zu hören, kein Radio, Rasenmäher,
    Küchenmixer oder Klimaanlage. Die Ampeln an den
    Kreuzungen wechselten noch die Farben, aber es war niemand mehr auf den Straßen - abgesehen von Polizeiautos und Krankenwagen, die ohnehin nicht auf sie achteten. Sogar die Hundemeuten, die sie vor Einbruch der Dämmerung sehen konnten, hatten sich Belangen zugewandt, die sie nicht ins offene Gelände führten. Der Anblick der gleißenden Sonne, die auf die verlassene Stadt herabschien, hatte sogar sie das Gruseln gelehrt.
    Hotchkiss hatte eine Liste von Gegenständen zusammengestellt, die sie brauchten, wenn sie den bevorstehenden Abstieg

Weitere Kostenlose Bücher