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Jenseits des Bösen

Jenseits des Bösen

Titel: Jenseits des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Häusern verbarrikadiert hatten und einen Argwohn gegenüber der Welt hegten, den sie nicht ans Licht zu bringen wagten. Niemand vermißte sie, weil niemand wußte, wer die Stadt verlassen hatte und wer geblieben war.
    Nach der ersten Nacht im Einkaufszentrum hatten die
    Bewohner des Grove Solidarität gezeigt, aber das war reine Maskerade gewesen. Keine Krisensitzungen der Gemeinde waren anberaumt worden, keine gemeinsamen Ängste wurden ausgesprochen. Je schlimmer die Lage geworden war, desto mehr Familien hatten sich einfach bei Nacht und Nebel fortgeschlichen, häufig ohne den Nachbarn Bescheid zu sagen.
    Die Einsamen, die geblieben waren, wurden unter den
    Trümmern ihrer Dächer begraben, ohne daß jemand wußte, daß sie überhaupt dagewesen waren. Bis den Behörden das wahre 698
    Ausmaß der Schäden klar wurde, waren viele der Straßen unzugängliche Gelände geworden, und die Opfer zu finden, war eine Aufgabe für einen anderen Tag, wenn das
    drängendere Problem, was sich im Haus von Buddy Vance abgespielt hatte - und noch abspielte -, nicht mehr ganz so drängend war.
    Schon den ersten Ermittlern - erfahrenen Streifenbeamten, die glaubten, sie hätten schon alles gesehen - war klar geworden, daß in Coney Eye eine Macht entfesselt worden war, die man nicht so leicht definieren konnte. Eineinhalb Stunden nachdem das erste Auto vor Coney Eye vorgefahren war und die Streifenpolizisten ihren Vorgesetzten den Zustand des Hauses meldeten, waren mehrere FBI-Agenten auf der Bildfläche erschienen, und zwei Professoren - ein Physiker und ein Geologe - waren auf dem Weg von L. A.. Man betrat das Haus und kam zu dem Ergebnis, daß das Phänomen im
    Inneren, das sich nicht so leicht erklären ließ, potentiell tödlich war. Eindeutig - unter zahlreichen Unklarheiten - stand fest: Die Bewohner des Grove hatten irgendwie gemerkt, daß eine nachhaltige Störung in ihrer Mitte stattfand oder kurz bevorstand. Sie hatten ihre Heimatstadt schon Stunden oder Tage vorher verlassen. Warum niemand sich die Mühe
    gemacht hatte, jemanden außerhalb der Grenzen des Grove auf die bevorstehende Gefahr aufmerksam zu machen, das war nur eines von zahllosen Rätseln, die die Unglücksstelle
    präsentierte.

    Hätten die ermittelnden Beamten gewußt, wo sie suchen muß-
    ten, hätten sie ihre Antworten von jedem der Individuen bekommen können, die sich vor dem Terrace Motel aus dem Boden kämpften. Wahrscheinlich hätten sie die Erklärungen als Ausgeburten von Wahnsinnigen abgetan, aber selbst Tesla - die sich so leidenschaftlich dafür eingesetzt hatte, daß Grillo die Geschichte nicht erzählte - hätte sie mittlerweile mit Freuden 699
    geschildert, wenn sie die Kraft dazu gehabt hätte. Die Wärme der Sonne, ja allein ihr Anblick, hatte Tesla etwas
    wiederbelebt; aber sie hatte auch den Schlamm und das Blut auf ihrem Gesicht getrocknet und die große Kälte in ihren Knochen versiegelt. Jaffe war der erste gewesen, der in den Schatten des Motels geflohen war. Sie folgte ihm nach wenigen Minuten. Das Motel war von Gästen und Personal
    gleichermaßen verlassen worden, und das mit gutem Grund.
    Der Riß im Parkplatz war nur einer von vielen, und der größte teilte die Eingangstür und zog sich an der Fassade hinauf wie ein aus der Erde geborener Blitz. Drinnen war deutlich zu sehen, wie hastig die Bewohner aufgebrochen waren, Gepäck und persönliche Habseligkeiten lagen auf den Treppen; die Tü-
    ren, die das Erdbeben nicht zerstört hatte, waren weit aufgerissen. Sie ging an der Reihe der Zimmer entlang, bis sie ein paar vergessene Kleidungsstücke gefunden hatte, drehte eine Dusche auf, das Wasser, so heiß sie es aushalten konnte, zog sich aus und stellte sich darunter. Die Wärme machte sie verträumt, und es kostete sie größte Überwindung, sich von dieser Wonne loszureißen und abzutrocknen.
    Unglücklicherweise waren Spiegel in dem Bad. Ihr
    zerschundener, schmerzender Körper war ein erbarmenswerter Anblick. Sie bedeckte ihn so rasch wie möglich - mit
    Kleidungsstücken, die weder paßten noch zusammenpaßten, was ihr gefiel: Hobo war schon immer ihr bevorzugter Stil gewesen. Beim Anziehen gönnte sie sich einen kalten Kaffee, der in dem Zimmer stehengelassen worden war. Als sie wieder herauskam, war es halb vier; fast sieben Stunden waren verstrichen, seit sie zu viert nach Deerdell gefahren waren, um den Abstieg zu bewerkstelligen.
    Grillo und Hotchkiss waren im Büro. Sie hatten heißen Kaffee gemacht. Sie hatten sich

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