Jenseits des Bösen
war. Dies war der Mörder von Elizando. Er wich davor zurück und beschwor den Namen des Erlösers, von dem er sich schon vor langer Zeit losgesagt hatte:
»Jesus Christus.«
Das Wort löste Gelächter irgendwo im hinteren Teil des Ladens aus. Er drehte sich um. Die Tür von Eds Büro stand weit offen. Das angrenzende Zimmer hatte zwar keine Fenster, und das Licht war nicht eingeschaltet, aber er konnte die Gestalt eines Mannes sehen, der mit überkreuzten Beinen auf dem Boden stand. Er konnte sogar erraten, um wen es sich handelte: die ungeschlachten Gesichtszüge von Tesla Bombecks Freund Raul waren selbst in der Dunkelheit nicht zu übersehen. Er war nackt. Diese Tatsache - seine Nacktheit und damit
Verwundbarkeit - verführten Hotchkiss, einen Schritt auf die offene Tür zuzugehen. Vor die Wahl gestellt, die Schlange oder ihren Beschwörer zu bekämpfen - sie steckten ganz sicher unter einer Decke -, entschied er sich für den Beschwörer. Ein kauernder nackter Mann war keine fürchterliche Bedrohung.
»Scheiße, was ist denn hier los?« wollte Hotchkiss wissen, während er näher kam.
Der Mann grinste in der Dunkelheit. Sein Lächeln war feucht und breit.
»Ich mache Lix«, antwortete er.
»Lix?«
»Hinter Ihnen.«
Hotchkiss mußte sich nicht umdrehen, um zu wissen, daß sein Fluchtweg immer noch versperrt war. Er hatte keine andere Wahl, als stehenzubleiben, obwohl ihn der Anblick vor sich in zunehmendem Maße abstieß. Der Mann war nicht nur 725
nackt, auf seinem Körper wimmelte es auch von der Brust bis zu den Oberschenkeln vor Insekten - die gesamten Vorräte an Fisch- und Echsenfutter des Ladens, die hier einem anderen Appetit dienlich waren. Ihre Bewegungen hatten das Glied des Mannes steif gemacht, und der gekrümmte Pimmel war das Zentrum ihrer Aufmerksamkeit. Aber auf dem Boden vor ihm war ein Anblick, der ebenso ekelerregend, wenn nicht noch schlimmer war: ein kleiner Haufen Tierexkremente aus den Käfigen, in dessen Mitte eine Kreatur nistete. Nein, nicht nistete, sondern geboren wurde; sie schwoll vor Hotchkiss an und entrollte sich. Sie hob den Kopf aus der Scheiße, und er sah, daß es sich wieder um ein Exemplar der Gattung handelte, die ihr Erzeuger Lix genannt hatte. Es war bei weitem nicht die einzige. Glänzende Leiber wanden sich in allen Ecken des Zimmers, allesamt schlängelnde Muskeln, deren zuckende Bewegungen das Böse zum Ausdruck brachten. Zwei tauchten hinter ihrem Schöpfer auf. Eine weitere kroch an der Theke rechts von Hotchkiss hinauf und schlängelte sich auf ihn zu.
Um ihr auszuweichen, wich er einen Schritt zurück und bemerkte zu spät, daß diese Bewegung ihn in Reichweite einer anderen Bestie gebracht hatte. Diese war in zwei Herzschlägen an seinen Füßen und wand sich beim drittenmal an den Beinen hinauf. Er ließ Armageddon zum zweiten Mal fallen und bückte sich, um nach der Kreatur zu schlagen, aber der klaffende Mund biß zuerst zu; beide Bewegungen zusammen brachten Hotchkiss aus dem Gleichgewicht. Er taumelte gegen eine Reihe von Käfigen zurück und riß mit den rudernden Armen ein paar davon herunter. Sein zweiter Griff, diesesmal nach dem Regal selbst, war ebenso wirkungslos. Da es nur für Kätzchen und deren Käfige gedacht war, hielt es nicht stand; er fiel auf den Boden, und das Regal hinterher. Wären die Käfige nicht gewesen, wäre er vielleicht auf der Stelle getötet worden; aber sie hielten die Lix auf, die von allen Seiten auf ihn losstürmten. Zehn Sekunden wurden ihm gegönnt, während sie 726
versuchten, sich zwischen den Käfigen durchzuschlängeln, und in dieser Zeitspanne gelang es ihm, sich umzudrehen und Anstalten zu treffen, auf die Beine zu kommen, aber die Kreatur, die sich in seinem Bein festgebissen hatte, machte diesen Hoffnungen ein Ende, indem sie losließ und ihn in die Hüfte biß. Die Schmerzen machten ihn einen Augenblick blind, und als er wieder sehen konnte, waren auch die anderen Bestien zu ihm vorgedrungen. Er spürte eine im Nacken; eine weitere wickelte sich um seinen Oberkörper. Er wollte um Hilfe rufen, aber die Luft wurde ihm aus den Lungen
gequetscht.
»Außer mir ist keiner hier«, lautete die Antwort.
Er sah zu dem Mann namens Raul auf, der nicht mehr im Schneidersitz kauerte, sondern aufgestanden war - immer noch steif, immer noch von Insekten übersät - und eine Lix um den Hals geschlungen hatte. Er hatte die beiden ersten Finger der Hand in ihrem Maul und streichelte ihr den Rachen.
»Sie sind nicht
Weitere Kostenlose Bücher