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Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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verleiten, überhaupt nicht auf sie zu hören.“ Ian verneigte sich vor Frau Treynstern. „Es tut mir unendlich leid, gnädige Frau. Doch ein Gentleman muss immer wissen, wo er steht.“
    „Wie ungemein ernüchternd. Doch ich hatte mit Ihrem Beistand auch nicht gerechnet.“ Sie lächelte.
    Sie schwiegen.
    „Habe ich bei etwas Wichtigem gestört?“, fragte McMullen nach einer Weile. „Ich kann noch mal spazieren gehen. Es ist ein schöner Abend.“
    „Es wird bald dunkel, und ich habe noch eine Verabredung“, sagte Thorolf. „Es tut mir sehr leid, Mama, aber wir müssen unser Gespräch verschieben.“
    Sophie Treynstern wandte sich ernst ihrem Sohn zu.
    „Aber wir müssen miteinander reden. Es ist wichtig. Bitte entzieh dich dem nicht, nur weil du keine Lust hast, dich von meinen … Geschichten langweilen zu lassen.“
    „Ich entziehe mich nicht. Aber ich habe für heute schon Pläne, und ich gehe mal davon aus, dass du noch ein paar Tage in München sein wirst. Oder nicht? Heute ist ein Treffen des Künstlervereins, das ist ein Verein, der die Münchener Künstler in verschiedenen Dingen vertritt. Im Moment plant man eine große Ausstellung, und es ist eine große Ehre, dass man mich gebeten hat, dem Planungskomitee zu helfen. Vermutlich bin ich allerdings nicht zu der Ehre gekommen, weil ich so ein guter Künstler bin, sondern weil ich Jurist bin. Wie auch immer, ich habe angefangen, für das Komitee zu arbeiten, und ich darf sie nicht enttäuschen. Die berühmtesten Maler des Landes sind da versammelt, und von denen akzeptiert zu werden kann mir nur helfen.“
    Sie lächelte sanft.
    „Natürlich musst du hin, wenn du das versprochen hast. Ich freue mich, dass dein Juraabschluss für etwas gut ist. Es freut mich auch, dass du deine Karriere so sorgfältig und entschlossen planst, sorgfältiger und entschlossener, würde ich meinen, als dein Jurastudium. Wie steht’s mit morgen?“
    „Morgen habe ich Unterricht an der Akademie. Ich bin noch nicht so lange dabei, und deshalb will ich nicht fehlen. Morgen Abend bin ich wieder bei Professor Lybratte eingeladen. Das ist auch eine große Ehre, und ich weiß nicht, wie ich dazu komme, außer dass Herr von Schwind mich unbedingt wieder mitnehmen will. Die Lybrattes halten Salon für Denker, Wissenschaftler und Künstler. Nur die Crème de la Crème wird eingeladen – und ich. Ich habe Herrn von Orven dort getroffen.“
    „Ich weiß. Charlotte hat es mir erzählt. Er würde so einen Abend auch auf keinen Fall verpassen. Also, wie steht es mit übermorgen? Ich könnte dich hier wieder besuchen.“
    „Wir sollten essen gehen. Dieses Quartier ist nicht dazu angetan, dich stilgerecht zu versorgen.“
    „Danach vielleicht. Zunächst brauchen wir Zeit und Ruhe. Ungestört.“
    „Himmel! Denkst du, wenn du damit fertig bist, mich zu schelten, wird mir der Appetit vergangen sein?“
    „Ich werde dich gar nicht schelten, Thorolf, sofern du nicht in der Zwischenzeit etwas unendlich Dummes anstellst. Was ...“ Sie lächelte liebevoll. „ ... mich allerdings auch nicht verwundern würde.“
    Sie wandte sich an Ian.
    „Mr. McMullen, ich werde mich jetzt verabschieden. Wir werden uns sicher noch einmal sehen, solange ich in München bin. Ich hoffe, es geht Ihnen gut und Sie kommen mit Ihren Studien voran?“
    Er verbeugte sich.
    „Danke, Frau Treynstern. Das Leben ist interessant, wenn auch zurzeit etwas anstrengend.“
    Ihre Blicke trafen sich, und Thorolf vermeinte, ein stilles Flehen in den Augen seiner Mutter wahrzunehmen. Fast sah sie ängstlich aus.
    „Geben Sie gut aufeinander acht“, sagte sie. „Obgleich es natürlich wahrscheinlicher ist, dass zwei junge Herren sich gegenseitig in Schwierigkeiten bringen, als einander davon abzuhalten.“
    Ian lächelte.
    „Ich versuche, nicht in Schwierigkeiten zu geraten. Mein Beruf erfordert Integrität und Nüchternheit. Außerdem Geheimhaltung und Diskretion.“ Er machte eine kleine Pause. „Etwas anderes tolerieren meine Meister nicht.“
    „Gut“, sagte Sophie und klang seltsamerweise ein wenig erleichtert, obgleich sich Thorolf nicht im Entferntesten vorstellen konnte, warum. Sie konnte nicht wirklich glauben, dass McMullen ihn davon abhalten würde, sich in schlechte Gesellschaft zu begeben, wenn er dazu Lust verspüren sollte. Ein Verdacht beschlich ihn, dass sein Wohnungsgenosse eventuell mehr über seine Mutter wusste, als er selbst. Der Gedanke gefiel ihm nicht. Er fühlte sich ausgegrenzt, als

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